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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 7 Antworten
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nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.989

26.03.2015 13:07
Kampf gegen Armut Antworten

Hier ein Artikel in der FAZ, der meines Ermessens die ganze Malaise des geschlossenen Mikrokosmos des gutmeinenden Intellektuellen auf den Punkt bringt. Aber nicht etwa weil er ihn erkennt, sondern weil er ihn durchexerziert und für große Erkenntnis hält.

Da braucht es also intellektuell besonders befähigte Wissenschaftler, um wesentliche Aspekte, der Armutsbekämpfung herauszuarbeiten. Also zum Beispiel so etwas:

Zitat von FAZ
Eines der Ziele, das in der Liste der Forscher ganz oben steht, ist […] Sicherzustellen, dass junge Menschen genug zu essen haben.

Uiuiui. Da möchte ich gar nicht wissen, wie viel Arbeit und intellektuelle Anstrengung in Untersuchungen liegt, die so etwas zu Tage fördern können. Oder so etwas:

Zitat von FAZ
Bis 2030 sollen die Häufigkeit von Malaria-Infektionen halbiert werden, die Todesursache Tuberkulose soll um 90 Prozent verringert werden. 1,1 Millionen HIV-Infektionen sollen vermieden werden, die Kindersterblichkeit um weitere 70 Prozent reduziert werden.



Also das ganz normale „wünsch dir was Konzert“, des Idealisten, welcher Utopia weltweit ausrollen mag, sich aber eher nur zweitrangig damit auseinander setzt, wie das praktisch geschehen soll.

Vorstellbare Pläne zur Umsetzung könnten vielleicht sein (hier bin ich auf Mutmaßung angewiesen), dass man plant die Biolandwirtschaft in der dritten Welt zu etablieren, Fahradwege anzulegen (um über mehr Bewegung die Gesundheit zu fördern), den deutschen TÜV oder das deutsche Gesundheitsamt mit weltweiten Befugnissen auszustatten oder auch einfach nur Bakterien und Viren gut zu zuzureden, um sie davon zu überzeugen nicht mehr ganz so destruktiven Beschäftigungen, wie gewohnt, nachzugehen.

So etwas, wie Gentechnik, Chemie, allgemein Freiheit und Innovation von Forschung und Markt wird für die Lösung eher nicht in Frage kommen, denn nebenbei muß natürlich auch die Welt gerettet werden und wie dies zu geschehen hat, ist natürlich jedem „anständig gebildeten“ oder jedem „gebildeten Anständigen“ (gibt es da einen Unterschied?) ohnehin klar:

Zitat von FAZ
Zum Schutz des Planeten soll auf Subventionen für fossile Energien wie Kohle verzichtet werden. Momentan fördern etliche Länder diese umweltschädlichen Energieträger Jahr für Jahr mit Milliardenbeträgen.


Nein. Es gibt natürlich keinen Zusammenhang zwischen billigem Zugang zu Energie, Bildung, Wohlstand, Gesundheit, freier Marktwirtschaft, individueller Freiheit und Umweltschutz. Und wenn, besteht er nur darin, dass unsere eigene Kultur die Welt zerstört. Dass die Subvention von Kohlekraftwerken in der dritten Welt die angeprangerten Porbleme lösen könnte, ist per Definitionem des "Guten und Wahren" umöglich.


Ich weiß ganz ehrlich nicht, ob ich bei dieser zur Schau getragenen, kindlichen Naivität von erwachsenen Menschen lachen oder weinen soll. Das schwarz weiß denken der Kindheit, gerettet in die Erwachsenen Welt und verkauft als intellektuelle und moralische Leistung. In meinen Augen ist dieses Denken, welches zwischen Wünschen und Handeln nur eine lineare Verbindung zu sehen und keine nicht linearen Wechselwirkung zu begreifen imstande ist, ein geistiges Armutszeugnis unserer "intellektuellen Weltenrettungselite".

Bei solchen Artikeln könnte ich einfach nur laut los schreien, um die Dummheit zu übertönen, dir mir aus ihnen entgegen brüllt.

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

26.03.2015 22:00
#2 RE: Kampf gegen Armut Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #1
Bei solchen Artikeln könnte ich einfach nur laut los schreien, um die Dummheit zu übertönen, dir mir aus ihnen entgegen brüllt.

Der entscheidende Hinweis ist wohl folgendes:

Zitat
Die Wissenschaftler, darunter die Wirtschaftsnobelpreisträger Tom Schelling und Finn Kydland, ...


Nobelpreisträger stehen ja oft vor dem Problem, daß sie in ihrer Wissenschaft erreicht haben, was sie erreichen können, und sich deshalb dazu gedrängt sehen, sich fortan mit anderen, allgemeineren Fragestellungen zu beschäftigen. Peinlicherweise stehen sie dabei auch noch im Lichte der öffentlichen Aufmerksamkeit, zwar nicht wie ein Popstar oder Schauspieler, aber doch sichtbar genug, daß sie hin und wieder ein Statement absondern müssen, das dann wegen ihrer Autorität als Nobelpreisträger in die Presse kommt. Das läuft dann eben in der Not auf Platitüden hinaus:

Zitat
„Sicherzustellen, dass junge Menschen genug zu essen haben, verbessert nicht nur ihr Wohlbefinden und ihr Wachstum, es hat auch lebenslange Auswirkungen für ihre Gesundheit, die Intelligenz und ihren Wohlstand“, sagte Nobelpreisträger Kydland (University of California).


Diesen Spruch finde ich hingegen gar nicht so schlecht:

Zitat
„169 Prioritäten zu haben bedeutet etwa dasselbe, wie gar keine zu haben“, sagte Björn Lomborg, Präsident des Kopenhagener Konsenses.

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

26.03.2015 23:58
#3 RE: Kampf gegen Armut Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #1
Bei solchen Artikeln könnte ich einfach nur laut los schreien, um die Dummheit zu übertönen, dir mir aus ihnen entgegen brüllt.
Ich glaube, du verrennst dich da ein wenig. Die Ziele der Wissenschaftler sind ja nicht aus heiterem Himmel entstanden, sondern explizit als Gegenentwurf zum Vorhaben der Vereinten Nationen. Ich empfehle an dieser Stelle, Copenhagen Consensus und Björn Lomberg zu googeln, das dürfte so manche Vermutung dieser Art

Zitat
Vorstellbare Pläne zur Umsetzung könnten vielleicht sein (hier bin ich auf Mutmaßung angewiesen), dass man plant die Biolandwirtschaft in der dritten Welt zu etablieren, Fahradwege anzulegen (um über mehr Bewegung die Gesundheit zu fördern), den deutschen TÜV oder das deutsche Gesundheitsamt mit weltweiten Befugnissen auszustatten oder auch einfach nur Bakterien und Viren gut zu zuzureden, um sie davon zu überzeugen nicht mehr ganz so destruktiven Beschäftigungen, wie gewohnt, nachzugehen.


schnell erledigen
Man lese nur, was in Wikipedia zur Kritik am Copenhagen Consensus gesagt wird:

Zitat von Wikipedia
Weiterhin wurde kritisiert, dass die Diskussionsteilnehmer ausschließlich professionelle Ökonomen waren. Auch die Verbindung des Projekts mit Bjørn Lomborg, der kontroverse Positionen in Umweltfragen einnimmt, provozierte Skepsis. Auch die anderen Ökonomen, von Lomborg ausgewählt, standen in dem Verdacht, zu stark den Ideen des Freien Marktes verpflichtet zu sein und damit wenig Sympathie für einen Staatsinterventionalismus in Umweltfragen zu haben. Deshalb organisierte der Konsens parallel ein Forum von Nicht-Experten, das eine eigene Liste von Empfehlungen ausarbeitete (diese entsprachen im Wesentlichen denen der Experten).

Die tatsächlichen Vorschläge provozierten allerdings weniger Widerspruch, da ihre Prioritäten Nummer 1 und 2 (AIDS und Unterernährung) allgemein als höchst wichtig angesehen werden. Kritisiert wurde jedoch der Vorschlag zu den Handelsliberalisierungen in Punkt 3 (der für Globalisierungskritiker inakzeptabel wäre) und die niedrige Platzierung der Empfehlung zum Klimawandel.


Dass da mitunter recht simpel erscheinende Maßnahmen und Ziele propagiert werden, hat auch damit zu tun, dass diese ansonsten in der Politik gerne übersehen werden, weil sie z.B. nicht in Mode sind oder keine Lobbys davon profitieren. Und der entscheidende Punkt ist nicht die Nennung der Maßnahme selbst, sondern ihre Einordnung nach ökonomischen Kosten-Nutzen-Kriterien. Wenn wir mal überprüfen, wovor de facto das Geld ausgegeben wird, das zur Armutsbekämpfung dienen soll, kommen wir dann schnell zu anscheinend rational kaum zu erklärenden Differenzen (erst Kenntnis der Motivation der handelnden Personen im Sinn von Public Choice erklärt dann die Ratio).

Nehmen wir ruhig beispielhaft den Punkt mit den Energiesubventionen. Erstens ist es natürlich absurd, einerseits CO2-Verbrauch zu subventionieren, ihn dann aber an anderer Stelle durch Abgaben und andere Subventionen wieder verringern zu wollen. Aber genau das ist ja der Status Quo. Und zweitens: Klar hilft billige Energie den Armen. Aber Geld bzw. Ressourcen kann man immer nur einmal ausgeben bzw. aufwenden. An anderer Stelle würde, so jedenfalls die Überzeugung der Ökonomen, dieses Geld einen höheren Nutzen erbringen. Und das dann sogar ohne die schädlichen Fehlallokationseffekte, die bei Subventionen immer auftreten.

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Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau,
verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau.
(Reinhard Mey)

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.989

27.03.2015 10:00
#4 RE: Kampf gegen Armut Antworten

Lieber Werwohlf,

ganz sicher hast du Recht, dass meine geschilderte Emotionslage die Situation nicht richtig erfasst. Ich bin mir allerdings darüber bewußt, dass Emotionen das niemals tun (Sachlagen richtig zu erfassen). – Trotzdem habe ich sie natürlich ab und an...

Dein Aspekt, dass man Dinge in den bestehenden Rahmen vereinfachen muß, um wesentliche Punkte erreichen zu können und nicht die perfekte Welt am Reisbrett neu erfinden kann, ist so wesentlich wie auch richtig.

Was mich beim Lesen dieses Artikels in der FAZ wirklich bewegte und sich dann in einen „unkontrollierten Gefühlsausbruch“ entlud war letztendlich Verzweiflung über den Punkt den du auch explizit ansprichst. Die Energiesubventionen.

Die Klimafrage mit all ihren Auswüchsen, ist in meinen Augen der Ausfluß eines in höchstem Maße verbohrten Kulturpessimismus, der unser aller Leben auf diesem Planeten in nicht wenigen Fragen nachhaltig determiniert. Wissenschaftlich gesehen werden die Zweifel an den alarmistischen Modellen zur menschengemachten Klimaerwärmung immer größer. Ganz davon abgesehen, dass die Bedeutung einer Erwärmung noch niemals wirklich sinnvoll untersucht wurde. Ob sie wirklich negativ oder gar positiv ist. Dazu passt, dass man vor ein paar Jahrzenten noch Angst vor einer neuen Eiszeit hatte. Es ist einfach nur Kulturpessimismus, der sich seine Ängste sucht, um mit ihnen seinen Wesenskern zu pflegen. Nicht mehr. Um noch einen Schritt weiter zu fassen:
Ob Überfremdung, Umweltängste, kulturelle Ängste oder was auch sonst für Ängste im Vordergrund stehen, eines ist allen gemein, von Pegida über Klimahysteriker bis hin zur Antifa: Angst als Mittel zur Rechtfertigung, die Gesellschaft nach eigenem Gusto zu gestalten, den eigenen heiligen Status Quo zu schützen.

Und wenn ich sehe (lese), dass solcher Kulturpessimus den Kampf gegen Armut determinieren soll, ruft das in der Tat ein kleinen Anflug von Verzweifelung bei mir hervor. (Ich versuche natürlich optimistisch zu bleiben. Kampf dem Kulturpessimismus !)

Ich habe mal eine recht gut begründete Betrachtung dazu gelesen in welch engem Zusammenhang der gesicherte Zugang zu billiger Energie zu gesellschaftlicher Entwicklung steht. Billige Energie erweist sich auch empirisch gesehen als Voraussetzung für Wohlstand, Gesundheit, Freiheit (politisch, wie individuell), Bildung und in der Folge auch für Dinge wie Rechtsstaatlichkeit, Naturschutz und natürlich Frieden.
In sofern ist der Bau von Kohlekraftwerken einer der sinnvollsten Ansätze in der Armutsbekämpfung, wird aber durch unseren Kulturpessimismus kategorische ausgeschlossen. Stattdessen lese ich die Ziele (weniger Krankheit und Hunger) auf die sich alle ganz sicher einigen können, bei gleichzeitigem Ausschluß der (womöglich einzigen) effektiven Mittel dagegen, als Kern der Armutsbekämpfung.

Selbst wenn man an die menschengemachte Klimakatastrophe glaubt, müßte man erkennen, dass Kohlekraftwerke nur eine Anfangsinvestition wären, die sich in einer wohlhabender werdenden Gesellschaft tausendfach zurückzahlen, weil sie grundlegende Startbedingung für eine Gesellschaft wie die unsere sind. Einer Gesellschaft in der sich die Bevölkerung stabilisiert, nicht weiter explodiert, in der Krankheiten und Armut aussterben, damit schonender mit Ressourcen und Umwelt umgegangen wird und die sich im Zweifel dann auch am Ende des Tages CO2 freie Energie als teures Spielzeug wird leisten können.

Es ist dieses „Status Quo“ denken. Dieses außer Stande sein an die Kraft der Innovation und die Zukunft zu glauben. Mit einem Wort, es ist dieser Kulturpessimismus, der nicht nur unserer Land prägt, sondern sogar internationale Entwicklungshilfe, der mich manchmal wütend macht. Dieser Kulturpessimismus über den anscheinend niemand mehr reflektieren kann und will. Der gesetzt ist als Wahrheit.

Heute werden keine Hexen mehr verbrannt. Heute wird der Bau von Kohlekraftwerken verboten, im Namen der geglaubten Wahrheit. Die Wirkungen sind zwar (ganz direkt betrachtet) jeweils andere. Leid im Namen eine Wahrhaftigkeit verursacht beides, einmal direkt, das andere mal indirekt.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

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Werwohlf Offline




Beiträge: 997

28.03.2015 21:34
#5 RE: Kampf gegen Armut Antworten

Lieber n_s_n,

Du kannst versichert sein, dass ich die Klimaschutz-Religion ähnlich skeptisch betrachte wie Du. Nur geht dieser Vorwurf ins Leere, wenn er sich gegen den Copenhagen Consensus richtet.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #4
Und wenn ich sehe (lese), dass solcher Kulturpessimus den Kampf gegen Armut determinieren soll, ruft das in der Tat ein kleinen Anflug von Verzweifelung bei mir hervor.
Das soll er laut Aussagen der zitierten Wissenschaftler ja nicht. Alles, was sie in Sachen Energiepolitik fordern, ist ein Abbau der Subventionen für Kohlekraftwerke. Das kommt aber selbstverständlich keinesfalls einem Verbot dieser Energieform gleich. Und es wendet sich ja gerade gegen die Gestaltungs- und Lenkungshybris, auch wenn sie es noch zusätzlich damit begründen, dass damit dem Klimaschutz gedient sei. Was im Grunde auch nicht umstritten ist - die Diskussion geht ja vor allem um die Höhe der Auswirkungen.

Es geht hier ganz simpel darum, wo staatliche Mittel am besten eingesetzt werden. Und wenn sie in anderen Verwendungen einen höheren Nutzen erzielen, dann gehören sie dahin umgelenkt. Das ist die Grundidee des Copenhagen Consensus, und ich kann daran nichts finden, was meine Empörung wert wäre. Sicher kann man Nutzenbewertungen immer kritisieren, aber da ich annehme, dass die Wissenschaftler ihre Methode transparent machen, können sie auch sachlich kritisiert werden.

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(Reinhard Mey)

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.989

05.05.2015 15:15
#6 RE: Kampf gegen Armut Antworten

Heute stolperte ich über einen länglichen, aber sehr interessanten Artikel im Zusammenhang: Klima - Kohle - Armutsbekämpfung.

Der Artikel greift auch viele Punkte auf, die ich in dieser Disskussion schon einmal bemüht habe. Unter anderem die Aussage des Weltklimarates, dass die Vorhersage des Klimas grundsätzlich nicht möglich ist.

Zitat von Werwohlf im Beitrag #5
Alles, was sie in Sachen Energiepolitik fordern, ist ein Abbau der Subventionen für Kohlekraftwerke. Das kommt aber selbstverständlich keinesfalls einem Verbot dieser Energieform gleich.
Es mag sein, dass du hier Recht hast. Ich bin mir da allerdings alles andere als sicher. Der neue, von mir verlinkte Artikel, führt meine Gedanken dazu sehr dezidiert aus: Es geht nicht um Subventionsabbau, es geht um die Hybris eines festen Glaubens als Maxime des Handelns. Diese Hybris bringt mich so sehr auf die Palme. Ich glaube deswegen, weil (so meine Wahrnehmung) selbst intelligente und vernüftige Menschen, faktenfreien Glauben als Grundlage für Sachargumente gelten lassen. Ich empfinde das als Verrat an der Aufklärung durch die "Vernunft" (Wissenschaft) selbst.

Ich kenne zugegebener Maßen den Copenhagen Consensus nicht im Detail. Und es sei durchaus zugestanden, dass ich die grundsätzliche Idee, sich vorm Handeln wichtige Fragen zu stellen, goutiere. Mich befremdet aber, dass die Klimafrage eine wichtige Frage bei der Armutsbekämpfung sein soll. Und mich persönlich befremdet, dass die in meinen Augen faktenfreie Verteufelung der Kohle, als Argument gilt.
Es mag sein, dass ich damit falsch liege. Überzeugt hat mich bisher davon noch niemand. Meiner Meinung nach wird der menschengemachte Klimawandel in der Wahrnehmung verschwinden, wie das Waldsterben - weil er wie dieses ein Hirngespinst ist. (Ich kann irren und setze mich gerne mit Argumenten auseinander, die diese Annahme widerlegen.) Aber dieses Hirngespinst scheint (ohne Hinterfragung) Handlungsmaxime zu sein, selbst für die Vernunftbegabten. Was mich manchmal wütend macht, mich manchmal resignieren lässt.

Dieses Zitat aus verlinktem Artikel verdeutlicht den Kontext, in dem meine scharfe Kritik an dem FAZ Artikel entstand:

Zitat von Energiedebatte: Kohle versus Klima
„Heute macht die Weltbank Klimapolitik“

Einst war die Bank angetreten, um die Armut in der Welt zu beseitigen. Heute macht sie Klimapolitik und streitet gegen Kohle – trotz deren Schlüsselrolle im Kampf gegen Armut. Das zeichnete sich bereits 2010 ab. Da ging es um einen Kredit von fast vier Milliarden US-Dollar für ein neues großes Kohlekraftwerk in Medupi, Südafrika, mit sechs Blöcken à 800 Megawatt. Weltweit opponierten die Klimaaktivisten. Die Vertreter der USA, Großbritanniens, der Niederlande, Italiens und Norwegens versagten dem Projekt die Unterstützung; alle Vertreter der sich entwickelnden Länder stimmten dafür und machten so den Kredit möglich.

Ende 2012 veröffentlichte die Weltbank den Klimabericht „Turn down the Heat“. Darin wird vor einer „noch in diesem Jahrhundert dramatisch wärmeren Welt“ gewarnt – mit den üblichen „verheerenden Folgen“: Überschwemmte Küstenstädte, nie gekannte Hitzewellen, Wassermangel, Ernteausfälle, trockene Gebiete werden trockener, nasse Gebiete werden nässer, Stürme werden stürmischer. Ein Katastrophenszenario, das, so hoffte Jim Yong Kim, der damals neu gewählte Präsident der Weltbank [12], „schockiert und zum Handeln zwingt“.

[...]

Auf der Website heißt es, dass die Weltbank all ihre Geschäfte immer stärker durch die Klimabrille betrachten und nur noch in „seltenen Fällen“ neue Kohlekraftwerke finanzieren werde. Immer mehr Geld wird in die „grüne“ Energie investiert. 2012 waren es bereits 44 Prozent der für Energieprojekte vorgesehenen Kredite.

Letzten Endes ist es also kein Subventionsabbau, sondern Umverteilung im klassischen Stil, bzw klassische, ideologisierte Klimapolitik, die auch vom Copenhagen Consensus (so verstehe ich es zumindest) mitgetragen wird.

Fälschlicher Weise, wie ich finde.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.527

05.05.2015 15:49
#7 RE: Kampf gegen Armut Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #1
FAZ "]Bis 2030 sollen die Häufigkeit von Malaria-Infektionen halbiert werden, die Todesursache Tuberkulose soll um 90 Prozent verringert werden. 1,1 Millionen HIV-Infektionen sollen vermieden werden, die Kindersterblichkeit um weitere 70 Prozent reduziert werden.


Wobei das nicht 1x Wunschkonzert sein muss (solche Produktionssollzahlen machen es dann freilich dazu), sondern realistische Abschätzungen, die sich an der Entwicklung der letzten 6 Jahrzehnte orientieren. Da von der UN seit 2006 auch wieder der Einsatz von DDT zur Malariaprävention propagiert wird, kann man hoffen, daß der erste "Erfolg" des Ökologismus, im Gefolge von Rachel Carsons Stummem Frühling, bald neutralisiert ist. All diese Ziele sind ja keine High-Tech-Innovationen, sondern eine Frage der Einstellung, des Lernens; & was daran HT ist (Netzzugang, Keimfreiheit, Kühlung von Lebensmitteln & Medikamenten) ist, auf den Einzelnen umgerechnet, Pfennigkram & kann en bloc importiert werden.

Im Bereich der TBC-Prävention gibt's übrigens tatsäclihen, genau anzugebenden Handlungsbedarf:

Zitat
Der BCG-Impfstoff ist besonders in den Tropen und in den Subtropen von sehr schlechter Wirksamkeit. Tiermodelle wie auch Impfstudien mit Menschen zeigten, dass die schlechte Wirksamkeit von bereits existierenden Immunantworten auf boden- und (trink-)wasserbewohnende, nichtpathogene Mycobacterium-Arten herrührt. Viele der Mykobakterien besitzen kreuz-reaktive Antigene, so dass eine Infektion mit dem einen Mykobakterium einen gewissen Schutz gegen die Infektion mit dem anderen verleiht. Dies hat Folgen für den Impfschutz: Einerseits bestehen Antikörper gegen den BCG-Lebendimpfstoff – der Impfstoff wird vom Körper vernichtet, bevor er selbst das Immunsystem stimulieren kann. Und zweitens besteht durch die im täglichen Leben aufgenommenen Mykobakterien ein immerhin so guter Schutz gegen das Tuberkulose-Bakterium, dass die Impfung keinen nennenswerten zusätzlichen Schutz bringt. Man vermutet, dass durch die bessere Hygiene und Trinkwasseraufbereitung in Industrieländern dieser natürliche „Impfschutz“ fehlt und dadurch die BCG-Impfung bislang effektiv war.[53] In den 1970er Jahren wurde in Indien eine Tuberkulose-Impfstoff-Studie an 260.000 Menschen durchgeführt. Diese ergab, dass mehr Fälle von Tuberkulose bei den Geimpften als bei den Ungeimpften auftraten.[54]

Eine Phase-I-Studie mit einem neuen Impfstoff „VPM1002“[55] wurde in den Jahren 2009 und 2010 in Neuss mit 80 Probanden getestet und mit guter Verträglichkeit bewertet. Der Impfstoff VPM1002, der in gleicher Applikation wie BCG geimpft wird, wurde ohne relevante, schwere Nebenwirkungen getestet. Eine Marktzulassung ist bis zum Jahr 2017 zu erwarten.

Der bisher vielversprechende Impfstoff MVA85A zeigte 2013 in der Phase-II-Studie Schwächen auf. Es gibt bei geimpften gesunden und HIV-negativen Säuglingen keine Verbesserung zum bisherigen Impfstoff. Jedoch ist abzuwarten, ob der Impfstoff bei Erwachsenen oder HIV-Positiven (die den Lebendimpfstoff nicht erhalten dürfen) einen Vorteil bringt.[56] Neben diesem sind derzeit 12 weitere Tuberkulose-Impfstoffe in der klinischen Phase, AERAS-402/Crucell Ad35 und GSK M72 werden aktuell an Erwachsenen und Kindern in Südafrika getestet.[57]

Im Mausmodell konnte Ende 2010 gezeigt werden, dass intranasale Impfung mit mRNA (Hsp-65) von M. leprae effektiv und sicher vor Infektion mit M. tuberculosis schützt.[58]


http://de.wikipedia.org/wiki/Tuberkulose#Pr.C3.A4vention

Da spielt die Musik der Anreize & konkreten Maßnahmen, nicht in den Wolkenschiebereien von Powerpointbeauftragt_innen. Was die noch nicht im Ansatz begriffen haben, ist das Tempo der IT-Revolution. De facto ist heute jedes Dorf ans Mobilfunknetz, mithin ans Weltnetz angeschlossen. Wer in Nepal verschhütt geht, wird so schnell vermisst wie im hieigen Wald. Wo diese Grundvoraussetzungen für den Anschluss an das 21. Jahrhundert nicht gegeben sind, liegt es an der Verhinderung durch Ignoranz oder durch mörderische Ideologien (wie im Fall der Taliban, die 2014 in Pakistan Impfteams der UNICEF ermordeten & zu einem Abbruch der Pocken- & Masernimpfakampgagen führten).



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Paul Offline




Beiträge: 1.285

06.05.2015 00:32
#8 RE: Kampf gegen Armut Antworten

Einen Aspekt möchte ich herausgreifen: Die Kindersterblichkeit.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #1

Zitat von FAZ
die Kindersterblichkeit um weitere 70 Prozent reduziert werden.



Eine der Ursachen der Bevölkerungsexplosion in den Entwicklungsländern ist die Tatsache, dass die Kindersterblichkeit schneller zurückgegangen ist als die Geburtenrate. Die Beeinflussung der Geburtenrate gestaltet sich schwierig. Die Beeinflussung der Kindersterblichkeit ist einfacher.
http://de.wikipedia.org/wiki/Entwicklung...hische_Merkmale

Allerdings wird es schwierig sein die überlebenden Kinder mit Wasser und Nahrung zu versorgen. Zunehmende Wanderungsbewegung von Afrika nach Europa ist zu erwarten.

Das passiert, wenn der Mensch versucht etwas zu steuern. Es entgleist.

LG, Paul

___________________________
JE SUIS JUIF

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