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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.989

27.04.2015 20:16
#51 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat von Werwohlf im Beitrag #46
Mit einer politischen Union wäre es "liberaler"?

Glaube ich nicht. Habe ich auch nicht gesagt. Ob eine politische Union innnerhalb Europa überhaupt sinnvoll möglich wäre, glaube ich persönlich nicht. Aber ich kann und will meine eigene Meinung nicht als Maß der Dinge hernehmen und wenn ich für ergebnisoffene Diskussionen plädiere, gilt dies auch für mich.

Mein Punkt war:
Wenn ich mir eine gemeinsame Währung überhaupt ohne "liberale Brüche" vorstellen kann, dann innerhalb einer politischen Union. Ob ich das für Europa als sinnvoll erachte oder nur für möglich halte, steht auf einem ganz anderen Blatt.

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Florian Offline



Beiträge: 3.135

27.04.2015 20:34
#52 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #51

Mein Punkt war:
Wenn ich mir eine gemeinsame Währung überhaupt ohne "liberale Brüche" vorstellen kann, dann innerhalb einer politischen Union. Ob ich das für Europa als sinnvoll erachte oder nur für möglich halte, steht auf einem ganz anderen Blatt.



Oh doch, vorstellbar ist eine gemeinsame Währung auch ohne politische Union.
Zum Beispiel gab es vor dem 1. Weltkrieg jahrzehntelang eine faktische weltweite gemeinsame Währung: den Goldstandard. Und zugleich war das das goldene Zeitalter einer liberalen Wirtschaftsordnung.

schattenparker Offline



Beiträge: 150

28.04.2015 00:09
#53 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Lieber Florian,

ein fixer Goldstandard hätte (und hat) wirtschaftliches Wachstum stark gebremst, da die Geldmenge nicht ausgedehnt werden kann, was den (internationalen) Handel einschränkt- selbst ein flexibler Goldstandard à la Bretton Woods ist aus gutem Grund (Wachstumsbremse) aufgegeben worden.

Ich kann auch nicht erkennen, daß die Zeit vor 1944 ein goldenes Zeitalter in irgendeiner Hinsicht gewesen wäre, und eigentlich ging es mit dem starken exponentiellen Wachstum erst nach dem Ende von Bretton Woods (1973) los.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

28.04.2015 09:44
#54 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat von Werwohlf im Beitrag #45
Nimm noch diverse Verzerrungen dazu, also z.B. wer üblicherweise so in diesen Foren kommentiert, und nicht zuletzt auch die selektive Löschpolitik der jeweiligen Betreiber, die auch hier schon thematisiert wurde, dann lässt sich daraus rein gar nichts ableiten.

Nichts irgendwie repräsentatives - da sind wir uns schon einig.
Man kann aber sehen, daß manche Parteien (nicht nur die AfD) eine besondere Attraktivität für Spinner haben. Von denen sich zu distanzieren bzw. die auch im realen Leben auszusortieren dann eine spezielle Aufgabe ist, die andere Parteien nichthaben.

Zitat
Dass inhaltliche Statements der AfD nicht von den Medien verbreitet werden, heißt nicht, dass es keine gibt.


Richtig. Deswegen habe ich geschrieben: "... zu dem die FDP Stellung nehmen müßte". Wo nichts verbreitet wird, muß man auch nicht öffentlich Stellung beziehen. Das war also keine Kritik an der AfD-Kommunikationspolitik sondern nur eine Erklärung, warum FDP-Stellungnahmen zur AfD ziemlich selten geworden sind.

Zitat
Ich bin aber der Meinung, dass es einer parlamentarischen Demokratie gut tut, wenn das ganze Spektrum politischer Überzeugungen in der Politik vertreten ist.


Volle Zustimmung. Die Lücke im konservativen Bereich ist da, und die wird auch gefüllt werden. Wenn nicht von der AfD, dann von jemand anders. Auf jeden Fall waren die Erwartungen realitätsfremd, die AfD würde die sehr kleine und bereits (wenn auch mit Mängeln) besetzte liberale Lücke ansteuern, wenn doch am rechten Ende des demokratischen Spektrums so viel Platz frei ist.

Zitat
Aber die Aussage, die AfD wolle sich als liberal verkaufen, kann entweder nicht zutreffen ...


Richtig. Sie hat das m. W. nie wirklich versucht (einige Funktionäre haben es, aber die waren immer marginal). Es gab nur eine in die AfD projezierte Erwartungshaltung von enttäuschten Liberalen. Aber diese Gruppe ist - im bundesdeutschen Maßstab - winzig klein. Nur hier im Forum sehr stark vertreten.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

28.04.2015 09:48
#55 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat von schattenparker im Beitrag #53
ein fixer Goldstandard hätte (und hat) wirtschaftliches Wachstum stark gebremst

Richtig.
Es hat ja auch keiner behauptet, der Goldstandard hätte keine Nachteile oder er wäre für die heutige Situation zu empfehlen. Aber er ist von Florian zu Recht als ein Beispiel gebracht worden dafür, daß eine Währungsunion ohne politische Union nicht nur funktionieren kann, sondern auch sehr kompatibel zu liberalen Vorstellungen wäre.

Zitat
Ich kann auch nicht erkennen, daß die Zeit vor 1944 ein goldenes Zeitalter in irgendeiner Hinsicht gewesen wäre


Es war ja auch von der Zeit vor 1914 die Rede.
Für ein "goldenes Zeitalter" braucht es halt mehr als nur eine Währungsunion. Da sind insbesondere Frieden, Freihandel und eine freie Marktwirtschaft nützlich. Das war vor 1914 weitgehend gegeben, zwischen 1914 und 1944 nur sehr beschränkt.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

28.04.2015 10:20
#56 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #55
Es hat ja auch keiner behauptet, der Goldstandard hätte keine Nachteile oder er wäre für die heutige Situation zu empfehlen. Aber er ist von Florian zu Recht als ein Beispiel gebracht worden dafür, daß eine Währungsunion ohne politische Union nicht nur funktionieren kann, sondern auch sehr kompatibel zu liberalen Vorstellungen wäre.

Genauer gesagt ist er ein Beispiel dafür, daß eine Währungsunion, bei der die politischen Institutionen die Geldmenge nicht nach Belieben vergrößern können, ohne politische Union funktionieren kann und liberalen Vorstellungen entspricht.
Der ursprünglich den Deutschen angedrehte Euro ging zumindest ansatzweise in diese Richtung, mit den strengen Schuldenregeln und einer "europäischen Bundesbank". Aber seit die Regeln in den Kamin gewandert sind und die EZB zur Monopolygeldpresse der Politik verkommen ist, fehlt einem Vergleich dieser Währungsunion mit dem Goldstandard jede Grundlage.



A free society is a society where it is safe to be unpopular. - Adlai Stevenson

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.527

28.04.2015 23:49
#57 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #3
Der einzige Trost wäre, daß ich, nicht immer, aber immer öfter, den Eindruck habe, mit dem Jahresanfang sei auch die Regierung so verdunstet wie die Opposition. Oder hat jemand seitdem etwas bemerkt, daß mit viel gutem Willem mit "Regierungshandeln" etikettiert werden kann? Mal ab vom Wildern in den Zuständigkeiten unserer Praeceptores germaniae: bedröppelt dreinschauen & Gardinenpredigten halten. Aber das ist jetzt auch nicht gerade 1 Trost.


Wohl nicht erst mit dem Jahresanfang... Nikolaus Fest am 1. 1. 2015:

Zitat
Ob und wann sich die Situation in Syrien und im Nordirak so entspannt, dass man dort wieder leben kann, weiß niemand – und damit auch nicht, wie lange die Kriegsflüchtlinge hier bleiben. Doch weder diese Frage wird von der Regierung offen erörtert noch wie viele Flüchtlinge insgesamt aufgenommen werden sollen – und ob auch die Wirtschaftsflüchtlinge aus Afrika weiterhin unbegrenzt ins Land kommen dürfen. Doch zu allem schweigen Union wie SPD, wie auch zu NSA, dem rechtswidrigen Ankauf von Staatsanleihen durch Herrn Draghi oder der jüngsten politischen Entwicklung in Griechenland. Die wahre Verachtung der Wähler zeigt sich weniger in gebrochenen Wahlversprechen als in der Verweigerung jeder wichtigen politischen Debatte. Der Wähler als Kleinkind. So beschädigt man das Vertrauen in den Parlamentarismus.

HR ( gelöscht )
Beiträge:

01.05.2015 01:57
#58 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zu Beitrag Nr. 22 von adder:

Liberale Positionen zu

EU/Euro: Zentralismus oder Subsidiarität? Einheitswährung (staatl.monopolistisch) oder Währungswettbewerb?

Zuwanderung: Ganz frei? Es kann kommen wer will und kann? Wer es bis hierhin geschafft hat, der bleibt? Ganz sicher und unbedingt?
Auf diese Weise kann man als überzeugter Liberaler den Sozialstaat natürlich auch abschaffen.

Islam: Religionsfreiheit bis zur Kapitulation unserer FDG wie in bsp. Neukölln oder Duisburg-Marxloh? Das ist heute Wirklichkeit! Realität!
Die sich schwanzbeißende liberale Katze?

Bei der Verteidigung hart errungener Liberalität muß man sich als Verteidiger dieser auch mal als Konservativer mischpoken lassen.

Rapsack Offline



Beiträge: 169

01.05.2015 03:17
#59 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Sehr geehrter Schattenparker,

ich halte die Annahme, dass der Goldstandart sich wachstumsbremsend aus gewirkt hat, für nicht bewiesen. Die Politik hat den Goldstandart nur aufgegeben, da sie sich eingeengt sah. Sie wollte auch mit der Währung Politik machen. Dadurch konnte sie wie jetzt in Europa durch Gelddrucken ihre schlechte Wirtschaftspolitik bzw. die Kosten für die Kriege kaschieren. Und es kam ja auch zu enormen Inflationsefekten die sich nicht wirtschaftsfördernd auswirkten. Aber mit der Entbindung des Geldes vom Gold konnte man wenigstens vorgeben etwas zu tun.

Gruß

Rapsack

adder Offline




Beiträge: 1.073

01.05.2015 08:22
#60 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat von HR im Beitrag #58
Zu Beitrag Nr. 22 von adder:

Liberale Positionen zu

EU/Euro: Zentralismus oder Subsidiarität? Einheitswährung (staatl.monopolistisch) oder Währungswettbewerb?


Das ist eine Grundsatzfrage, die nichts mit dem Euro zu tun hat. Geld, welches von einer Zentralbank herausgegeben wird, ist immer staatl. monopolitisch. Selbst wenn es nur für eine Stadt gelten würde und Vollgeld wäre. Eine Einheitswährung hat zweifellos auch aus liberaler Sicht Vorteile, wenn sie vertragssicher und belastbar ist. Wenn alle Länder nur noch mit "adders Hansemark" bezahlen würden, und "adder" sicherstellen würde, dass der Geldwert stabil (soweit möglich) und vor allem frei von politischer Einflussnahme bleibt (sondern z.B. durch irgendwas mit intrinsischem Wert abgesichert wäre - heute wohl nicht mehr Gold, eher Öl oder was anderes), und nur geringe Gebühren nehmen würde (die auch kein Konkurrent unterbieten könnte), gäbe es kaum einen Grund für Wettbewerb. Aber selbst wenn nur die Hälfte mit "adders Hansemark" und die andere Hälfte mit "HRs Deutschgulden" bezahlen würde und der Rest stimmen würde, wäre es kein Ding.

Zitat
Zuwanderung: Ganz frei? Es kann kommen wer will und kann? Wer es bis hierhin geschafft hat, der bleibt? Ganz sicher und unbedingt?
Auf diese Weise kann man als überzeugter Liberaler den Sozialstaat natürlich auch abschaffen.



Cave: obwohl ich durchaus für freie Migration bin, halte ich dennoch ein Anpassen an die Aufnahmegesellschaft (in Bezug auf liberale Freiheiten und Menschenrechte z.B.) und die Verpflichtung zur Eigenverantwortung für notwendig. Auch ein Zurückschicken von Straftätern ist nicht zwingend illiberal.

Zitat
Islam: Religionsfreiheit bis zur Kapitulation unserer FDG wie in bsp. Neukölln oder Duisburg-Marxloh? Das ist heute Wirklichkeit! Realität!



Haben Sie es nicht gelesen? Oder ging bei "Religionsfreiheit" gleich die Assoziationskette los? Ich schrieb, dass sowohl positive als auch negative Religionsfreiheit wichtig sind. D.h. auch, dass Religion nicht die Grundfreiheiten außer Kraft setzen kann und darf, und dass Religion Privatsache ist, solange man nicht andere (und damit ist erst einmal jeder andere gemeint) damit traktiert. Die Vorgänge in den genannten Stadtvierteln (oder auch in Stammheim in Köln) sind aber nicht auf Liberalismus und Religionsfreiheit zurückzuführen, sondern ganz im Gegenteil auf Kollektivismus, Konservatismus und vollkommen falsch verstandene Religionsbindung.

Zitat
Bei der Verteidigung hart errungener Liberalität muß man sich als Verteidiger dieser auch mal als Konservativer mischpoken lassen.



1. Nein, muss man sich nicht. Konservatismus bleibt Staatsinterventionalismus und Staatsgläubigkeit. Das ist etwas, das man als Liberaler schön bleiben lassen sollte. Mehr Staat und Interventionen sind nicht dadurch besser, dass sie von Konservativen kommen. Auch bei der Verteidigung errungener Freiheit sollte man Liberaler bleiben.
2. Ich habe durchaus etwas gegen das zweitletzte Wort Ihres Beitrages einzuwenden, da es im Deutschen allgemein eher abwertend benutzt wird. Und insbesondere im konservativen Bereich auch gewisse antisemitische Aufladung erfahren hat.

FAB. Offline



Beiträge: 523

01.05.2015 13:23
#61 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Habe nun während zweier Jahre durch einigermaßen intensive eigene Beteiligung auf allerlei Ebenen einen Einblick in das Innenleben der AfD gewinnen können, und möchte die hier angeführte Außenperspektive durch eine prononcierte Innenperspektive zumindest ergänzen. Und von innen sieht etliches doch deutlich anders aus.

These: was sich in der AfD gerade abspielt, ist weniger ein 'Richtungsstreit' zwischen 'Rechten' und 'Liberalen', als vielmehr ein Kulturkampf zwischen Altparteilern und Politneulingen, in dem eine Personifizierung von angeblichen inhaltlichen 'Strömungen' als Kampfmittel eingesetzt wird.

HO Henkel ist mittlerweile bei relativ vielen ausgesprochen unbeliebt. Aber bei den meisten nicht als Vertreter liberaler Inhalte, sondern als Person, die aufgrund ihres Verhaltens als anmaßend und nicht teamfähig bewertet wird. Ähnliches gilt für die Person Lucke, deren Charakter zunehmend kritisch, nämlich als autoritär und demokratiefern, gesehen wird.

Das Stärke der AfD war im Jahr 2013 die spontane Motivation graswurzelbewegter Bürger, die in großer Mehrheit keine Altparteienerfahrung hatten und auch niemals in eine der existierenden Parteien eingetreten wären. Angezogen wurden sie durch die Verheißung, eine völlig neue Struktur mit aufzubauen, die eine echte Alternative zur dumpfen Maulkorbkultur und der geistigen Selbstkastration der Altparteien sein würde.

Nun wird sofort der Einwand kommen, das sei von Anfang an eine dumme Illusion gewesen, aus ebender Unerfahrenheit geboren, ein Wolkenkuckucksheim. Mag sein. Nichtsdestotrotz war es die Motivation, die den initialen Erfolg ermöglicht hat. Nun verbreitet sich der Eindruck, daß eine relativ dünne Schicht von Altparteilern in der AfD daran arbeitet, genau die Strukturen und Verhältnisse zu reproduzieren, die die Parteien, aus denen sie kommen, zu einem Greuel gemacht haben.

Vorbehalte gegen die Lucke-Administration speisen sich meiner Einschätzung nach nur zu einem kleinen Teil aus dem Wunsch nach einer 'Rechtsverschiebung', zum größten Teil dagegen aus einem zunehmenden Unbehagen angesichts der eben genannten Tendenzen. (Auch zB die im Artikel genannte Frau Metzger wird in der AfD nicht als Vertreterin liberaler Inhalte, sondern als Teil einer machttaktisch agierenden Altparteiler-Kabale identifiziert.)

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

01.05.2015 13:42
#62 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat von FAB. im Beitrag #61
Das Stärke der AfD war im Jahr 2013 die spontane Motivation graswurzelbewegter Bürger, die in großer Mehrheit keine Altparteienerfahrung hatten und auch niemals in eine der existierenden Parteien eingetreten wären. Angezogen wurden sie durch die Verheißung, eine völlig neue Struktur mit aufzubauen, die eine echte Alternative zur dumpfen Maulkorbkultur und der geistigen Selbstkastration der Altparteien sein würde.

Nun wird sofort der Einwand kommen, das sei von Anfang an eine dumme Illusion gewesen, aus ebender Unerfahrenheit geboren, ein Wolkenkuckucksheim. Mag sein. Nichtsdestotrotz war es die Motivation, die den initialen Erfolg ermöglicht hat. Nun verbreitet sich der Eindruck, daß eine relativ dünne Schicht von Altparteilern in der AfD daran arbeitet, genau die Strukturen und Verhältnisse zu reproduzieren, die die Parteien, aus denen sie kommen, zu einem Greuel gemacht haben.

Das ist in der Tat der nicht nur naheliegende, sondern soweit ich sehe auch vollkommen berechtigte Einwand. Eine Partei ist ja nicht Selbstzweck und auch nicht nur ein Verein, in dem die Mitglieder ihre politischen Utopien ventilieren können, sondern muß, um politisch wirksam zu werden, sich in das durch gewisse Randbedingungen wie Listenwahlsystem, Finanzierungsregeln etc. pp. definierte parteipolitische System der Bundesrepublik einfügen.
Wenn es der AfD gelingt, die "dumpfe Maulkorbkultur und geistige Selbstkastration" dauerhaft zu vermeiden, dann wird sie ebenso im Abseits und der Bedeutungslosigkeit enden wie z.B. die Piraten und weiland der Fundiflügel der Grünen.



A free society is a society where it is safe to be unpopular. - Adlai Stevenson

Emulgator Offline



Beiträge: 2.827

01.05.2015 13:54
#63 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat von FAB. im Beitrag #61
Das Stärke der AfD war im Jahr 2013 die spontane Motivation graswurzelbewegter Bürger, die in großer Mehrheit keine Altparteienerfahrung hatten und auch niemals in eine der existierenden Parteien eingetreten wären. Angezogen wurden sie durch die Verheißung, eine völlig neue Struktur mit aufzubauen, die eine echte Alternative zur dumpfen Maulkorbkultur und der geistigen Selbstkastration der Altparteien sein würde.
Das hätte die AfD mit diversen anderen Parteineugründungen (z.B. Piraten, STATT-Partei, Grüne) gemein. Prinzipiell ist es nicht unmöglich diesen Anspruch durchzuhalten, aber dann nur, wenn der Konsens bleibt, aus liberalen Gründen ganz viele Sachen gar nicht entscheiden zu müssen, sondern der Freiheit der Bürger zu überlassen. Wenn man aber anfängt, sich in kleinteilige Regelungen zu verlieren (was ist genau unser Programm zu Thema X?), dann zwingt das zusammen mit dem Parteiengesetz, eine Altparteienordnung zu leben.

FAB. Offline



Beiträge: 523

01.05.2015 14:16
#64 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #62
Eine Partei ist ja nicht Selbstzweck und auch nicht nur ein Verein, in dem die Mitglieder ihre politischen Utopien ventilieren können, sondern muß, um politisch wirksam zu werden, sich in das durch gewisse Randbedingungen wie Listenwahlsystem, Finanzierungsregeln etc. pp. definierte parteipolitische System der Bundesrepublik einfügen.

Es geht nicht um Organisationsstrukturen an sich. Natürlich braucht eine auf Dauer angelegte Partei welche. Ich arbeite ja selber an deren Schaffung mit.
Zitat von Fluminist im Beitrag #62
Wenn es der AfD gelingt, die "dumpfe Maulkorbkultur und geistige Selbstkastration" dauerhaft zu vermeiden, dann wird sie ebenso im Abseits und der Bedeutungslosigkeit enden wie z.B. die Piraten und weiland der Fundiflügel der Grünen.

Ist das zynisch gemeint? Also eine Partei muß notwendigerweise ein offenes Gesprächsklima und eine geistig anregende Atmosphäre wie in der Merkelpartei oder bei den Grünlingen haben? Bei der AfD halt mit 'Onkel Bernd' an Stelle von 'Mutti Merkel'? Schaun wir mal.

Carlo M Dimhofen Offline



Beiträge: 182

01.05.2015 23:06
#65 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat von FAB. im Beitrag #61
Habe nun während zweier Jahre durch einigermaßen intensive eigene Beteiligung auf allerlei Ebenen einen Einblick in das Innenleben der AfD gewinnen können, und möchte die hier angeführte Außenperspektive durch eine prononcierte Innenperspektive zumindest ergänzen. Und von innen sieht etliches doch deutlich anders aus.


Nun ja: wie es von innen aussieht, hängt ganz davon ab, in welchem Zimmer des ziemlich verwinkelten Gebäudes namens AfD man sich befindet. Da kann die Perspektive mal ganz schnell eine andere sein.

Zitat von FAB. im Beitrag #61
These: was sich in der AfD gerade abspielt, ist weniger ein 'Richtungsstreit' zwischen 'Rechten' und 'Liberalen', als vielmehr ein Kulturkampf zwischen Altparteilern und Politneulingen, in dem eine Personifizierung von angeblichen inhaltlichen 'Strömungen' als Kampfmittel eingesetzt wird.



Dieser These neige ich massiv zu widersprechen - im Vergleich zum ehemaligen hessischen Staatssekretär Alexander Gauland muss eher Bernd Lucke als Politneuling gelten. Ehemalige Mitglieder von Altparteien gibt es auf beiden Seiten der Auseinandersetzung; ich habe sogar den Eindruck, dass in Altparteien gehärtete Klüngelbrüder eher in der innerparteilichen Opposition zu finden sind.

Zitat von FAB. im Beitrag #61
HO Henkel ist mittlerweile bei relativ vielen ausgesprochen unbeliebt. Aber bei den meisten nicht als Vertreter liberaler Inhalte, sondern als Person, die aufgrund ihres Verhaltens als anmaßend und nicht teamfähig bewertet wird. Ähnliches gilt für die Person Lucke, deren Charakter zunehmend kritisch, nämlich als autoritär und demokratiefern, gesehen wird.



Dass Lucke nicht der teamfähigste Parteichef der Geschichte ist, wird auch von vielen Liberalen in der AfD so gesehen. Wobei ich ihm allerdings zugestehe, dass es nicht die leichteste Aufgabe ist, einen so buntscheckigen Haufen wie uns anzuführen.

Zitat von FAB. im Beitrag #61
Das Stärke der AfD war im Jahr 2013 die spontane Motivation graswurzelbewegter Bürger, die in großer Mehrheit keine Altparteienerfahrung hatten und auch niemals in eine der existierenden Parteien eingetreten wären. Angezogen wurden sie durch die Verheißung, eine völlig neue Struktur mit aufzubauen, die eine echte Alternative zur dumpfen Maulkorbkultur und der geistigen Selbstkastration der Altparteien sein würde.


Was 2013 und in der ersten Jahreshälfte 2014 die Stärke der AfD war, entpuppt sich m.E. seither auch als ihre Schwäche. Zu Beginn sind wir wohl alle zuvörderst aufgrund der Eurorettungspolitik in diese Partei gekommen. Allein in meinem Kreisverband haben wir ehemalige Mitglieder von CDU und FDP, mindestens einen ehemaligen Sozialdemokraten, ein ehemaliges Mitglied der Linken, frühere Sympathisanten der Grünen, und in der Tat auch viele Mitglieder, die sich vorher im Traum nicht hätten vorstellen können, mal politisch aktiv zu werden. Und gut ein Jahr lang ging das, nicht zuletzt aufgrund der zu führenden Wahlkämpfe, erstaunlich gut.

Wobei: schon damals kam es vor, zumindest bei Bezirks- oder Landesparteitagen, dass ich bei manchen Redebeiträgen dachte: "Was zum Teufel machst du hier?" Immerhin: einige dieser Redner sind dann irgendwann in der Versenkung verschwunden, und auch auf Kreisebene haben uns einige eher dubiose Zeitgenossen verlassen. Gleichzeitig gingen aber auch manche Mitglieder, deren Verlust schmerzhaft für uns ist - gerade auch manche der von meinem Vorredner gescholtenen "Altparteiler".

Zitat von FAB. im Beitrag #61
Nun wird sofort der Einwand kommen, das sei von Anfang an eine dumme Illusion gewesen, aus ebender Unerfahrenheit geboren, ein Wolkenkuckucksheim. Mag sein. Nichtsdestotrotz war es die Motivation, die den initialen Erfolg ermöglicht hat. Nun verbreitet sich der Eindruck, daß eine relativ dünne Schicht von Altparteilern in der AfD daran arbeitet, genau die Strukturen und Verhältnisse zu reproduzieren, die die Parteien, aus denen sie kommen, zu einem Greuel gemacht haben.


Um es noch mal zu betonen: auch ein Alexander Gauland oder ein Konrad Adam haben mal das Parteibuch einer Altpartei besessen, und sogar der aktuelle Landessprecher in NRW war mehrere Jahre lang Mitglied der FDP - zugegeben nicht ganz so lang wie der Verfasser dieser Zeilen. Es geht eben nicht um "Basisdemokraten gegen Altparteiler", auch nicht alleine um "Rechts gegen" - gegen was eigentlich? Nennen wir es mal "moderat".

Es muss letztlich darum gehen, was für eine AfD wir eigentlich wollen. Und mir scheint, da gibt es fast so viele Entwürfe wie Mitglieder, denn die Motivation, bei uns mitzumachen, speist sich m.E. aus ganz vielen verschiedenen Quellen.

Für mich selber kann ich es eindeutig festmachen: ich wünsche mir eine AfD, die ganz klar den rechten Flügel des demokratischen Spektrums abdeckt; eine Partei, die sowohl konservative als auch (rechts-) liberale Positionen einnehmen kann. Eine Partei, die sich - man verzeihe mir die verbale Anleihe bei den Linken - als klassenbewusste Avantgarde der Mittelschichten aufstellt. Eine Partei, die schon allein durch ihre Existenz die Möglichkeit hat, Union und FDP (sofern diese überlebt) wieder auf Linie zu bringen. Eine Partei, die somit dafür sorgen kann, dass dieses Land wieder bürgerlich wird.

Eine AfD dagegen, die in schlechtester pseudodemokratischer Manier allen Knallchargen ein Plätzchen bietet, solange sie hinreichend laut dagegen sind - gegen "das System", gegen "die da oben", gegen "das Establishment", "Wall Street", "die Bilderberger" oder gegen was auch immer - nun, eine solche AfD müsste dann mit Sicherheit auf mein Mitwirken verzichten.

Zitat von FAB. im Beitrag #61
Vorbehalte gegen die Lucke-Administration speisen sich meiner Einschätzung nach nur zu einem kleinen Teil aus dem Wunsch nach einer 'Rechtsverschiebung', zum größten Teil dagegen aus einem zunehmenden Unbehagen angesichts der eben genannten Tendenzen. (Auch zB die im Artikel genannte Frau Metzger wird in der AfD nicht als Vertreterin liberaler Inhalte, sondern als Teil einer machttaktisch agierenden Altparteiler-Kabale identifiziert.)



Frau Metzger hat, soweit ich dies beurteilen kann, manches Mal unglücklich agiert. Machttaktisch aber agieren in der AfD ganz andere Kreise; und ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass gerade diejenigen, die am lautesten über die vermeintlich diktatorischen Züge von Bernd Lucke lamentieren, am fleissigsten ihr eigenes machttaktisches Süppchen kochen...

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

02.05.2015 12:57
#66 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat
Das liegt nicht daran, dass ich die Beiträge nicht weiterhin mit Interesse lesen würde- sondern schlicht daran, dass ich (ich gebe es zu) ein "Kulturpessimist" bin, wie es hier klassifiziert wurde.


Lieber Frank2000,

ich klassifiziere Sie übrigens gar nicht als Kulturpessimisten. Vielleicht liegt es daran, dass ich den Begriff etwas anders verstehe als andere hier (was kein Vorwurf an andere ist). Ich verstehe unter einem Kulturpessimisten jemand, der in Veränderung von Traditionen und Kultur eine Gefahr sieht (rechte Kulturpessimisten) oder in jedem Abweichen von ihrem Idealbild eine Gefahr erachtet (erweiteter Begriff, der auch Linke erfasst), da ihm bestimmte Aspekte um ihrer selbst willen wichtig sind, obwohl sie rational nicht begründen lässt, warum die pessimistisch betrachteten Aspekte der Kultur(veränderung) die Stabilität der Rechtsordnung und des friedlichen Zusammenlebens gefährden sollen.

Das bezieht sich aber natürlich nicht auf Aspekte, die logischer Weiße tatsächlich relevant sind, wie zum Beispiel die politische Kultur und eine Kultur/Tradition der Rechtstreue oder den Umgang der Kultur mit Gewalt. Nur wenn jemand meint der Verkauf von Spekulatius außerhalb der Vorweihnachtszeit sei ein Übel und schädlich, eine sexuelle Orientierung die über 90% der Bevölkerung teilen dürfe nicht als Normalfall (also: normal) bezeichnet werden, da sich sonst andere ausgegrenzt fühlen und dies zu Diskriminierung führt oder das eine Komödie im abgeschlossenen Theatersaal am Karfreitag einen Verfall an Anstand darstellen würde, vergleichbar damit sich in einem religiösen Gebäude respektlos zu verhalten, dann ist das Kulturpessimismus.

Wann Spekulatius verkauft werden, gefährdet offensichtlich nix und niemanden. Das man den Normalfall als normal bezeichnet, sagt rein gar nichts über den Umgang mit Normabweichungen und der Toleranz dafür aus, auch wenn gender studies Anhänger das anders sehen. Kaum jemand ist in Punkten normal, jeder weicht irgendwo von der Norm ab. Normabweichungen sind die Norm. Es gibt für sie heutzutage einer historisch einmalige Toleranz, aber der Grund ist nicht, dass die Abweichung vom Durchschnitt nicht mehr als solche bezeichnet werden dürfe. Und einen Präzedenzfall für die Zensur von Theater, Kino und Rundfunk ist kein Standpfeiler der kulturellen Grundlagen des stabilen, modernen liberalen Verfassungsstaates, sondern kretscht ihnen im Gegenteil rein.

Im übrigen darf natürlich jeder für sich selber etwas mögen oder nicht mögen. Ob und wann jemand Spekulatius kauft, ob man selber den Begriff normal oder unnormal verwendet oder ob man am Karfreitag in eine Komödie, statt in ein Drama geht, was man hier für angemessen und unangemessen hält, kann jeder für sich selber bestimmen und entsprechend handeln. Problematisch und "Kulturpessimismus" wird es, sobald man den Staat los schickt, da man gesellschaftliche Zerfall oder Unterdrückung befürchtet.

______________________________________________________________________________
http://tapferimnirgendwo.com/2015/04/03/alle-jahre-wieder-3/
“Being right too soon is socially unacceptable.
― Robert A. Heinlein

Llarian Offline



Beiträge: 6.905

02.05.2015 16:17
#67 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat von adder im Beitrag #60
1. Nein, muss man sich nicht. Konservatismus bleibt Staatsinterventionalismus und Staatsgläubigkeit.

Das ist aber eine steile These, lieber adder. Die ich für sowohl für bequem als auch falsch halte. Konservativ bedeutet ja in seiner Bedeutung erst einmal "bewahrend", da steht nichts von Staatsgläubigkeit oder Interventionalismus, zumindest so lange, wie die hergebrachte Gesellschaft keine ist, die genau darauf aufgebaut ist. Man kann auch eine liberale Staatsordnung bewahren, d.h. es ist durch und durch konservativ den liberalen Rechtsstaat als solchen bewahren zu wollen, genauso wie es ausgesprochen progressiv (als Gegenstück zum Konservatismus) sein kann, genau diesen zu beerdigen. Ich habe beispielsweise mit den ausgesprochen konservativen Position von Professor Lucke zur europäischen Wirtschaftsordnung nicht das geringste Problem, mit dem Gegenteil davon schon viel eher.

Zitat
Auch ein Zurückschicken von Straftätern ist nicht zwingend illiberal.


Aber selbstverständlich ist es das. Und genau das ist auch eins der zentralen Probleme des durch und durch liberalen Staates. Wer für maximale Freizügigkeit eintritt, muss diese ebenso für Straftäter (potentielle wie schon verurteilte) einräumen, alles andere ist Selektion, denn der Straftäter in dem Sinne hat seine Strafe ja auch schon abgebüsst. Wenn man aber Selektion hinnimmt, dann bleibt nur noch eine Frage des Maßes und da ist jede Position zwischen "Abschieben nur von Kettensägenmördern" bis zu "Grenzen dicht" gleich willkürlich, so lange man nicht über die Verhältnismäßigkeit argumentiert (was gerade keine maximal liberale Position ist).
Das Problem des liberalen, um nicht zu sagen libertären, Staatsverständnisses ist, dass ein solcher Staat vollkommen wehrlos gegen bestimmte Lebensentwürfe und Verhaltensweisen ist, denn er setzt vorraus, dass alle Menschen vernünftig sind und die selben Ziele verfolgen. Das ist genauso wie Vulgärpazifisten auch nur so lange ihre Position ausleben können, wie andere sie verteidigen. Ein reicher Staat wie Deutschland, wird, bei voller Reisefreiheit, in wenigen Monaten total überrannt. Bis im wahrsten Sinne des Wortes nichts mehr übrig ist. Deswegen ist die liberale Position sowas zu fordern genau so lange wunderbar, bis jemand das ganze umsetzt. Ich kann jedem nur emfehlen mal ein paar Jahre in Stadtvierteln zu verbringen, die bereits gut eingerannt wurden. Danach hat man es mit der Freizügkeit schnell hinter sich.
Und da nützt auch der Hinweis auf das Sozialsystem wenig, es ist bedeutend attraktiver in Deutschland auf der Strasse zu betteln als im Tschad zu verhungern.

Zitat
Die Vorgänge in den genannten Stadtvierteln (oder auch in Stammheim in Köln) sind aber nicht auf Liberalismus und Religionsfreiheit zurückzuführen, sondern ganz im Gegenteil auf Kollektivismus, Konservatismus und vollkommen falsch verstandene Religionsbindung.


Das dürfen Sie dann denen erklären, die ihre falsch verstandene Religionsbindung dann an Ihnen auslassen.

Zitat
2. Ich habe durchaus etwas gegen das zweitletzte Wort Ihres Beitrages einzuwenden, da es im Deutschen allgemein eher abwertend benutzt wird.


Und ich habe was gegen political correctness und kann ganz und gar nix dramatisches an dem Wort Mischpoke finden. Weder sehe ich in HRs Beitrag (und erst recht nicht in seiner Person) auch nur den Ansatz etwas anderes zu vermuten, noch meine ich, dass man sich die Sprache verhunzen sollte, weil es eben auch Antisemiten gibt. Ich benutz das Wort des öfteren und lasse mir meine Schnauze auch nicht verbieten.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

02.05.2015 17:06
#68 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat

Aber selbstverständlich ist es das. Und genau das ist auch eins der zentralen Probleme des durch und durch liberalen Staates. Wer für maximale Freizügigkeit eintritt, muss diese ebenso für Straftäter (potentielle wie schon verurteilte) einräumen, alles andere ist Selektion, denn der Straftäter in dem Sinne hat seine Strafe ja auch schon abgebüsst.



Was formal als Strafe bezeichnet wird ja, allerdings sind weitere Rechtsfolgen neben der Freiheits- oder Geldstrafe nicht illeberal, solange sie nicht Rückwirken erlassen wurden, der Täter also zum Tatzeitpunkt die Konsequenzen erahnen konnte.

Zitat

Wenn man aber Selektion hinnimmt, dann bleibt nur noch eine Frage des Maßes und da ist jede Position zwischen "Abschieben nur von Kettensägenmördern" bis zu "Grenzen dicht" gleich willkürlich, so lange man nicht über die Verhältnismäßigkeit argumentiert (was gerade keine maximal liberale Position ist).



Eben nicht, siehe oben.

Zitat


Das Problem des liberalen, um nicht zu sagen libertären, Staatsverständnisses ist, dass ein solcher Staat vollkommen wehrlos gegen bestimmte Lebensentwürfe und Verhaltensweisen ist, denn er setzt vorraus, dass alle Menschen vernünftig sind und die selben Ziele verfolgen.



Nein, ganz sicher nicht. Falls Sie das glauben, so haben Sie ein vollkommen falsches Verständnis von Liberalismus, welches vermutlich von anarchokapitalistischen Libertären geprägt ist. Was vieles erklären könnte. Libertär hätten Sie daher im Kontext der Bewertung des klassischen Liberalismus tatsächlich nicht in Feld führen sollen. Ich benutze den Begriff zwar auch manchmal zur Selbstbezeichnung, aber nur als Notlösung, da der Liberalismusbegriff vom Links"liberalismus" teilweise umgedeutet wird (in den USA ist dieser Prozess schon abgeschlossen) und "klassischer Liberalismus" länger ist als "Libertär".

Würde der Liberalismus von jedem vernünftiges Verhalten voraussetzen, müsste er wohl Naiv auf jeder Rechtsordnung und Strafe verzichten zu können glauben. Die Lebensentwürfe und Verhaltensweisen, gegen die der Liberalismus "wehrlos" sei, sind (nahezu) nur diejenigen, die einen auch nicht zu interessieren brauchen. Was Interessiert es mich, was andere Erwachsene in abgeschlossenen Räumen ohne Nötigung und Zwang machen.

Den einzigen delikaten Grenzfall, den ich mir vorstellen kann, ist die Frage der Tötung auf Verlangen, auch unabhängig von faktischen Beweisproblemen. Hier könnte man unter bestimmten Umständen zum Beispiel durchaus damit argumentieren, dass es sich in bestimmten Fällen um einen zu starken Zivilisationsbruch handelt (zum Beispiel Kanibalismus).

Wer sich allerdings durch ein Rundfunkprogramm oder einem Theaterstück gestört fühlt, da es die "Atmosphäre des Tages" zerstört, obwohl er das Rundfunkprogramm nicht sehen muss (und es dutzende Alternativen gibt), hat keine wirklichen Probleme und möchte sich ohne Not an Dingen stören (Aktiv-Konstruktion), obwohl er nicht gestört wird(Passiv-Konstruktion).

Es macht eben einen Unterschied, ob jemand einen stört, ich also nur passiv, ohne etwas nennenswertes beizutragen belästigt werde, oder ob ich mich gezielt, durch eine aktive Handlung meinerseits, mir antue Wahrzunehmen, was andere so machen, was meinem Geschmack und meiner Stimmung gerade zuwider läuft, nur um mich dann daran zu stören (womit die Initiative und die aktive Handlung bei mir liegt).

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Emulgator Offline



Beiträge: 2.827

02.05.2015 17:08
#69 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #67
Und da nützt auch der Hinweis auf das Sozialsystem wenig, es ist bedeutend attraktiver in Deutschland auf der Strasse zu betteln als im Tschad zu verhungern.
Nur weil die Einschränkung der Freizügigkeit die schon anwesenden Bettler vor "Wettbewerb" schützt. Wenn mehr Bettler kommen können, sinken die Einnahmen pro Kopf.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

02.05.2015 17:51
#70 Frage der Möglichkeiten Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #69
Zitat von Llarian im Beitrag #67
Und da nützt auch der Hinweis auf das Sozialsystem wenig, es ist bedeutend attraktiver in Deutschland auf der Strasse zu betteln als im Tschad zu verhungern.
Nur weil die Einschränkung der Freizügigkeit die schon anwesenden Bettler vor "Wettbewerb" schützt. Wenn mehr Bettler kommen können, sinken die Einnahmen pro Kopf.


Nun möchte ich aber auch nicht mehr Bettler hier haben. Und ich denke die Vorstellung noch häufiger in die Richtung belästigt zu werden, wird einem nicht gerade hohe Zustimmungswerte einbringen.

Letztendlich ist die Frage der Zuwanderung keine Frage von Konservativ oder Liberal, sondern der Praktikabilität (manchen Radikalliberalen wird dies aus prinzipiellen Gründen egal sein, aber nur Linke werden es mit persönlichen Angriffen beantworten diesen Aspekt zu erwähnen und das Argument für ein unterdrückerisches Konstrukt verkappter Rassisten halten).

Fakt ist, wir haben über 7 Milliarden Menschen auf diesem Planeten.

Davon lebt 1 Milliarde in der "größten Demokratie der Welt", dem leider von Korruption, Bürokratie, Vetternwirtschaft, linker, sozialistischer (und zum Teil anti-modern-grüner) Zentralverwaltung geprägten Agrarlandes Indien (noch 2012 arbeiteten 47,2% in der Landwirtschaft) in Kombination mit der zwangsläufigen Bürgerferne eines so großen Konstruktes. Ein auch nicht gerade konsequent liberaler Staat (wenn auch von britischem Parlamentarismus und rechtsstaatlichen Grundsätzen geprägt, die auch dort die als Ideal anerkannten Werte bilden, nicht zuletzt bestimmt auch, weil Gandhi ausgebildeter Jurist des britischen commen law war).

Daher werde ich Indien wegen seines Entwicklungslandstatus nicht den westlich geprägten Industrieländern zurechnen, auch wenn ich es von seinem politischen System her würde.

In den USA Leben um die 300 Milionen Menschen, in Europa um die 750 Millionen, in Kanada 40 Millionen und in Australien, Neuseeland und Co zusammen unter 40 Millionen. Kommen noch 50 Millionen Südkoreaner und 130 Millionen Japaner dazu. Das ergibt zusammen ungefähr 1,3 Millarden Menschen, die in den wirtschaftlich entwickelten, westlichen politischen Idealen folgenden Ländern leben. Dem gegenüber stehen 5,7 Milliarden Menschen, die im Vergleich zum Westen größtenteils in Armut leben (westliche Armutsgrenzen angewandt).

Nun bedenke man noch, das auch die allermeisten dieser westlichen Länder nur liberale Demokratien im weitesten Sinne sind, nicht im Sinne eines konsequenten, klassischen Liberalismus. Und selbst wenn sie es ansonsten wären, ihre Grenzen würden nur die aller wenigsten konsequent öffnen. Es ginge nämlich schief, weder kann der Staat das bürokratisch händeln (auch eine Minimaljustiz kostet Geld, insbesondere wenn sie mit viel Armutskriminalität konfrontiert wird und rechtsstaatlich bleiben soll, was öffentlich bezahlte Pflichtverteidiger einschließt), noch wird eine Mehrheit mit dem Anblick konfrontiert werden wollen.

Es ist kein Zufall, dass die klassischen Einwanderungsländer heutzutage nicht für jeden zur Einwanderung offen stehen. Das war mal anders, zu Beginn der USA ging das unbürokratische und für Europäer sogar bis weit ins 19. Jahrhundert hinein. Heute geht das nicht mehr, die USA haben es im 20. Jahrhundert nicht aus plumpen Rassismus geändert. Es ging mal, aber nicht mehr.

Japaner und Südkoreaner kämen sowieso nie auf die Idee.

Das würde für die wenigen oder das einzige Land, dass sich komplett öffnet, bedeuten, dass sich alle Armutseinwanderung, die es nicht in die Sozialparadiese schafft, auf dieses eine Land konzentrieren würde. Das kann nicht gehen.

Es tut mir leid, aber das ist die ein Grenze, an die der Liberalismus leider tatsächlich an die Grenze seiner Möglichkeiten kommt. Ein kleines, prinzipienfestes Land kann nicht den Rest der ansonsten illiberalen Welt aufnehmen. Geht einfach nicht.

Ich bin sehr für Liberalismus, aber möglichst vielen ein Leben unter liberalen Bedingungen zu bieten geht nur, wenn genügend Land hierfür zur Verfügung steht, auf dem diese Prinzipien gelten. Die einzige Möglichkeit das Problem zu reduzieren, ist die Anzahl liberale Länder zu steigern, bis solche Fluchtbewegungen irgendwann nicht mehr notwendig sind, um in einem liberalen Land zu leben. Dann kann man die Einwanderungsbeschränkungen aufheben. Bis dahin geht das nur gegenüber ebenfalls (ausreichend) liberalen Ländern, was nicht einmal den ganzen Westen einschließt und auf friedlicher Gegenseitigkeit beschlossen werden muss. Daher: Freizügigkeit in der EU ja, aber ganz ohne Einwanderungsbeschränkungen: No way.

Und nein, das heißt nicht Liberalismus mit Panzern über die Welt zu verbreiten. Das ist nicht der richtige Weg, um mehr liberale Staaten zu erhalten.

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Llarian Offline



Beiträge: 6.905

02.05.2015 18:11
#71 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #69
Nur weil die Einschränkung der Freizügigkeit die schon anwesenden Bettler vor "Wettbewerb" schützt. Wenn mehr Bettler kommen können, sinken die Einnahmen pro Kopf.

Und wenn sie nahe null wären, würden sie immer noch kommen. Der Punkt um den es geht ist bisweilen recht simpel: Nahezu alles ist besser als zu verhungern. Es ist deutlich (!) attraktiver in Deutschland zu betteln, zu stehlen, zu rauben oder auch nur zu existieren, als in Afrika vor die Hunde zu gehen.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.527

02.05.2015 18:20
#72 RE: Frage der Möglichkeiten Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #70
Es ist kein Zufall, dass die klassischen Einwanderungsländer heutzutage nicht für jeden zur unbürokratischen Einwanderung offen stehen. Das war mal anders, zu Beginn der USA ging das und für Europäer sogar bis weit ins 19. Jahrhundert hinein.


Selbst für die "klassischen Einwanderungsländer" galt das nie, auch nicht im 19. Jahrhundert.

USA: "Chinese Exlusion Act"

Zitat
The Chinese Exclusion Act was a United States federal law signed by President Chester A. Arthur on May 6, 1882. It was one of the most significant restrictions on free immigration in US history, prohibiting all immigration of Chinese laborers. The act followed revisions made in 1880 to the US-China Burlingame Treaty of 1868, revisions that allowed the US to suspend Chinese immigration. The act was initially intended to last for 10 years, but was renewed in 1892 and made permanent in 1902. The Chinese Exclusion Act was the first law implemented to prevent a specific ethnic group from immigrating to the United States. It was finally repealed by the Magnuson Act on December 17, 1943.



Kanada: "Chinese Immigration Act, 1885"

Zitat
The Chinese Immigration Act of 1885 placed a head tax on all Chinese immigrants coming to Canada, forcing them to pay a fifty dollar fee to enter the country.[1] In 1900, the fee was raised to one hundred dollars (a substantial amount of money at that time). In 1903, the amount was raised to five hundred dollars, the equivalency of two years' wages, which was a small fortune to the Chinese immigrants as well as other Canadians at the time. Later, another law was passed, declaring that only one Chinese immigrant could come to Canada for every fifty tons (50.8 tonnes) of the ship they were travelling on, for that one voyage. That meant that only ten immigrants could come to Canada on a ship weighing five hundred tons (508 tonnes).

This act was eventually superseded in 1923 by the Chinese Immigration Act of 1923, also known as the Chinese Exclusion Act ... , which banned Chinese immigration entirely.



Australien: "White Australia Policy"

Zitat
The term White Australia Policy comprises various historical policies that intentionally favoured immigration to Australia from certain European countries, and especially from Britain. It came to fruition in 1901 soon after the Federation of Australia, and the policies were progressively dismantled between 1949 and 1973.[2] Australia's official First World War historian Charles Bean defined the early intentions of the policy as "a vehement effort to maintain a high Western standard of economy, society and culture (necessitating at that stage, however it might be camouflaged, the rigid exclusion of Oriental peoples)."



Neuseeland: "1881–1914: restrictions on Chinese and others"

Zitat
By 1869 there were about 2,000 Chinese men in New Zealand. Despite this small number, and an 1871 parliamentary report dismissing allegations against Chinese, calls to restrict the entry of Chinese people mounted.

The Chinese Immigrants Act 1881
This act was the first to restrict the entry of a specific group of people. The number of Chinese who could arrive on one ship was limited to one for every 10 tons of the vessel’s weight. A poll tax of £10 was also imposed on each Chinese person entering the country. In 1888 the ratio of immigrants to ship tonnage was cut to one Chinese person per 100 tons. In 1896, it was halved to one per 200, and the poll tax increased to £100.

The 1899 act (which was acceptable to the British) was not aimed overtly at Asians. It prohibited the entry of immigrants who were not of British or Irish parentage and who could not fill out an application form ‘in any European language’ – which in practice meant English.

These rules were in place for the next 20 years. But the application form was standard, and applicants could simply memorise a few lines of English. The requirement was used, however, to keep Chinese, Indians and others out.

Under the 1907 Chinese Immigrants Amendment Act the Chinese had to pass an additional English-language reading test – they had to read 100 words of English in front of customs officials. The £100 poll tax remained.



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

FAB. Offline



Beiträge: 523

02.05.2015 19:36
#73 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat von Carlo M Dimhofen im Beitrag #65
Zitat von FAB. im Beitrag #61
These: was sich in der AfD gerade abspielt, ist weniger ein 'Richtungsstreit' zwischen 'Rechten' und 'Liberalen', als vielmehr ein Kulturkampf zwischen Altparteilern und Politneulingen, in dem eine Personifizierung von angeblichen inhaltlichen 'Strömungen' als Kampfmittel eingesetzt wird.


Dieser These neige ich massiv zu widersprechen - im Vergleich zum ehemaligen hessischen Staatssekretär Alexander Gauland muss eher Bernd Lucke als Politneuling gelten. Ehemalige Mitglieder von Altparteien gibt es auf beiden Seiten der Auseinandersetzung; ich habe sogar den Eindruck, dass in Altparteien gehärtete Klüngelbrüder eher in der innerparteilichen Opposition zu finden sind.

Mein Reden. Sag ich doch, daß ich eher einen Riß quer zu den vermeintlichen 'Lagern' sehe. Wobei ich diese 'Lager' beide zahlenmäßig als Minderheiten einschätze. Die Mehrheit will meinem Eindruck nach weder mit konkurrierenden 'Resolutionen' behelligt werden noch besonders dringend irgendwelche als 'Feind' markierten Opponenten aus der Partei drängen, wie die jeweiligen Leute für's Grobe beider 'Flügel' das wohl mit den jeweils anderen gerne möchten.

Zitat von Carlo M Dimhofen im Beitrag #65
Zitat von FAB. im Beitrag #61
Nun wird sofort der Einwand kommen, das sei von Anfang an eine dumme Illusion gewesen, aus ebender Unerfahrenheit geboren, ein Wolkenkuckucksheim. Mag sein. Nichtsdestotrotz war es die Motivation, die den initialen Erfolg ermöglicht hat. Nun verbreitet sich der Eindruck, daß eine relativ dünne Schicht von Altparteilern in der AfD daran arbeitet, genau die Strukturen und Verhältnisse zu reproduzieren, die die Parteien, aus denen sie kommen, zu einem Greuel gemacht haben.

Für mich selber kann ich es eindeutig festmachen: ich wünsche mir eine AfD, die ganz klar den rechten Flügel des demokratischen Spektrums abdeckt; eine Partei, die sowohl konservative als auch (rechts-) liberale Positionen einnehmen kann. Eine Partei, die sich - man verzeihe mir die verbale Anleihe bei den Linken - als klassenbewusste Avantgarde der Mittelschichten aufstellt. Eine Partei, die schon allein durch ihre Existenz die Möglichkeit hat, Union und FDP (sofern diese überlebt) wieder auf Linie zu bringen. Eine Partei, die somit dafür sorgen kann, dass dieses Land wieder bürgerlich wird.

Eine AfD dagegen, die in schlechtester pseudodemokratischer Manier allen Knallchargen ein Plätzchen bietet, solange sie hinreichend laut dagegen sind - gegen "das System", gegen "die da oben", gegen "das Establishment", "Wall Street", "die Bilderberger" oder gegen was auch immer - nun, eine solche AfD müsste dann mit Sicherheit auf mein Mitwirken verzichten.

Kein Widerspruch von mir. Es gibt einige Krawallbrüder mit eher grobgestrickter Sicht- und Sprechweise, von denen ich auch nicht möchte, daß sie für mich/uns sprechen. Es gibt aber genauso einige - nennen wir sie in Ermangelung eines besseren Wortes: Technokraten, die meinen, die plakatehängenden Indianer hätten 2013/14 ihren Zweck erfüllt und sollten sich künftig in weiser Selbstbeschränkung mit dem Fähnchenschwenken für diesen oder jenen Häuptling begnügen; Inhalte werden vorgefertigt geliefert, Hauptsache CDU-kompatibel, mit passenden geistigen Scheuklappen als kostenlose Dreingabe. Diese Haltung verorte ich nun allerdings primär bei den Zeitgenossen, die das in anderen Vereinen so gelernt haben und meinen, das müsse eben so ein.

Paul Offline




Beiträge: 1.285

02.05.2015 19:44
#74 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #71

Und wenn sie nahe null wären, würden sie immer noch kommen. Der Punkt um den es geht ist bisweilen recht simpel: Nahezu alles ist besser als zu verhungern. Es ist deutlich (!) attraktiver in Deutschland zu betteln, zu stehlen, zu rauben oder auch nur zu existieren, als in Afrika vor die Hunde zu gehen.


Lieber Llarian,
nur um mal eine konkrete Größenordnung einzuführen:

Zitat
In Afrika lebt ein Viertel der hungernden Menschen auf der Welt



Das sind 223 Millionen Menschen.
Ziff.4 :http://de.wfp.org/hunger/hunger-statistik
und Welthungergrafik 2:http://de.wfp.org/welthungergrafiken

Bei dieser Gelegenheit:
Mir ist aufgefallen, dass die Flüchtlingsbilder sehr wenige bist fast gar keine verhungernden ausgemergelte Menschen zeigen.
Also irgendetwas stimmt an dieser Argumentation nicht.

Richtig ist, dass es diesen Menschen schlecht geht.
Richtig ist auch, dass es ihnen in Deutschland, auch ohne Arbeit, bedeutend besser geht.
Richtig ist auch, dass dies genügend Motivation für eine Flucht nach Europa und auch nach Deutschland ist.
Wenn ich in dieser Situation wäre, würde ich auch versuchen nach Europa zu kommen.

Aber kann das ein Grund dafür sein, dass wir alle aufnehmen müssen?

LG, Paul

___________________________
JE SUIS JUIF

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.527

02.05.2015 20:13
#75 RE: Streiflicht: Henkel und die AfD Antworten

Zitat von Paul im Beitrag #74
Das sind 223 Millionen Menschen.
Ziff.4 :http://de.wfp.org/hunger/hunger-statistik
und Welthungergrafik 2:http://de.wfp.org/welthungergrafiken


Diese Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen. Zum einen werden die Kategorien nirgends definiert & "Hunger", "Unterernährung", "Mangelernährung" voneinander abgegrenzt oder definiert (stattdessen Binsigkeiten: "Einer von neun Menschen weltweit muss jeden Abend hungrig schlafen gehen". Und die Armut kommt von der Powerteh) oder die Quellen der Zahlen genannt (es dürfte sich um die entsprechenden Berichte der UNICEF handeln; das sind die von Regierungen ausgegebenen Zahlen, nicht zuletzt mit dem Blick auf Hilfsgelder: das wird festgelegt wie die Waisensterblichkeit in Ceaușescus Rumänien). Manche Sätze sind nichts als reine Ökopropaganda: "2050 werden aufgrund des Klimawandels zusätzlich 24 Millionen Kinder in Armut leben. Fast die Hälfte von ihnen in Sub-Sahara Afrika." (Niemand weiß, wie sich die Fertilität in 35-40 Jahren dort entwickelt; alle Statistiken sind sich einig, daß es einen derartig dramatischen Einbruch in einer Großpopulation wie Afrika in den letzten 20 Jahren niemals in der Weltgeschichte gegeben hat; der Klimawandel ist seit 18 Jahren in Rente; Afrika ergrünt, nicht zuletzt durch den Anstieg des CO2; auch in Afrika fährt man Rekordernten ein.)

Von wann stammt das überhaupt? "Das globale Millenniumsziel, die Zahl der Hungernden weltweit bis 2015 zu halbieren, kann jedoch nur mit größten internationalen Anstrengungen erreicht werden."

Das ist eine schlichte Unwahrheit:

Zitat von Spiegel, 1.10.2013
Die 55. Vollversammlung im September 2000 in New York wurde zum "Millennium-Gipfel". Auf der bisher größten Zusammenkunft von Staats- und Regierungschefs wurden erstmals konkrete, auf einen bestimmten Zeitrahmen bezogene Ziele zur Bekämpfung der größten Probleme der Menschheit formuliert. Im Zentrum stand die Bekämpfung von extremer Armut und Hunger. Die damals 189 Mitgliedstaaten unterzeichneten acht Ziele mit 21 Unterpunkten. Als Basisjahr wurde 1990 festgelegt, als Zieljahr 2015.
...
Das erste und wohl wichtigste Millenniumsziel war die Halbierung der extremen Armut und des Hungers. Die Vereinten Nationen setzten sich das Ziel, zwischen 1990 und 2015 den Anteil der Menschen zu halbieren, deren Einkommen weniger als 1 Dollar pro Tag beträgt - heute rechnet man aufgrund der Preisentwicklungen mit 1,25 Dollar. Dieses Ziel ist erreicht worden. Heute leben etwa 700 Millionen Menschen weniger in extremer Armut als 1990.


http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziale...n-a-924976.html

PS: Das WFP (World Food Programme) der UN ist am prominentesten in die Kritik gekommen durch die Vorwürfe, von den 1984/85 für die Hungersnot in Äthiopien (Abteilung Eritrea ) eingesammelten Geldern seien 95% für Waffenkäufe verwendet worden. Das ist beigelegt worden, indem die Verantwortlichen erklärten, dem sei überhaupt nicht so gewesen und das sei zudem außerhalb ihrer Kontrolle erfolgt.



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

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