Zitat von ZettelMir ist das noch alles völlig unklar, lieber RexCramer. Geheimdienste heißen ja so, weil ihr Wirken nicht öffentlich gemacht wird. Wieso hängt man das hier an die große Glocke? Und posaunt gar noch hinaus, wieviel man für den Ankauf des Diebesguts bezahlt hat. ("Gut" wird man es ja wohl nennen müssen, auch wenn es keine "Sache" ist und deshalb nicht unter den Hehlereiparagraphen fällt).
mir auch, lieber Zettel. Ich frage mich allerdings, woher man weiß, wieviele mögliche Steuerhinterzieher aufgrund jener DVD man fassen und sogar darüber mutmaßen kann, wieviel das für den Fiskus einbringt. Geld nach Liechtenstein zu schaffen, ist grundsätzlich schließlich nicht illegal. Woher sollte der Bankmitarbeiter, der die Informationen verkauft hat, wissen, welche Anleger die entsprechenden Angaben in ihrer Steuererklärung gemacht haben und welche nicht? Falls nein, woher wissen die Steuerfahnder das so schnell? Es kommt mir reichlich unwahrscheinlich vor, daß das alles so stimmen kann, wie es kolportiert wird. Daraus ergibt sich ein mögliches Szenario, nämlich daß die Daten möglicherweise gar nicht so brisant sind, wie man anfangs dachte - und deshalb so auf den Busch geklopft wird, um wenigstens noch möglichst viele Selbstanzeigen rauszuholen. Es kann aber auch sein, daß viel mehr Datensätze drauf sind und da solche Stiftungen bekannt für derartige "Steuersparmodelle" sind, man durch eine einfache Überschlagsrechnung gemäß Erfahrung den zu erwartenden Gehalt schätzt. Wir wissen es nicht. Was wir aber ganz genau wissen, ist die Tatsache, daß der Rummel sehr gelegen kommt. Und daß es nicht irgendein anderes Thema ist, das jetzt die Verbrennung von Milliarden Steuergeldern überschattet, sondern der Staat härter zulangt, um seinerseits Steuergelder wieder reinzuholen, wirkt wenig zufällig. Das klingt natürlich alles sehr nach Verschwörungstheorie und für mehr fehlen die Argumente. Es gibt allerdings einen Umstand, der mich skeptisch macht: das ist das Verhalten der Politiker. Ob wir nun wie neulich in Deutschland über kriminelle Jugendliche reden oder sonstwas, wird immer darauf verwiesen, daß es sich um Einzelfälle handelt, man keinesfalls verallgemeinern und gar eine ganze Gruppe unter Generalverdacht stellen dürfe, höhere Strafen brächten nichts und es müssen stattdessen Ursachen analysiert werden. Nicht so hier: plötzlich ist das Strafmaß ein Thema; jemanden (wie z. B. in Ihrem Artikel), der eine Relation herstellt, gibt es gar nicht; sogar das ganze Wirtschaftssystem wird unter Verdacht gestellt; es dürfe "kein Deal" gemacht werden, weil das gegen das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung ginge. Letzteres wurde schon erklärt, bevor irgendjemand irgendetwas (genau) wußte. Dann benötigen wir für Kinderschänder demnächst auch nur zwei Backsteine statt einer Gerichtsverhandlung, weil das besser dem "Gerechtigkeitsempfinden" dient? Bei den "Schlägern von München" hat man alles getan, um zu verhindern, daß eine Stimmung generell gegen Ausländer überschwappt, während ich nun das Gefühl habe, daß die Politik diesen Prozeß sogar noch unterstützt, mindestens aber nicht verhindert. Das muß doch Gründe haben?
Zitat von ZettelMein Optimismus, lieber RexCramer, kommt aus der Erkenntnis, daß sich historische Entwicklungen selten extrapolieren lassen. Viel häufiger "schlägt das Pendel zurück".
Die USA hatten ja seit der Zeit des Präsidenten Johnson dieselbe Entwicklung zu immer mehr "Big Government". Dann kam mit Reagan die Gegenbewegung; und jetzt tritt sogar der Linksaußen Obama für weniger Staat ein; jedenfalls in einigen Bereichen.
Habe ich leider noch nicht erlebt. Zumindest seit ich Politik verfolge, geht es hier stramm nach links (nicht unbedingt von den Wahlergebnissen her, wohl aber der Programme).
Ich habe nicht entfernt die Kenntnisse wie Sie, kann mir daher kein Urteil erlauben, möchte aber trotzdem anmerken, daß mir das Beispiel mit den USA wenig Hoffnung macht, da man dort insgesamt viel liberaler ist (mein Eindruck), d. h. das Spektrum verschoben ist. In Deutschland hingegen gibt es Menschen, die meinen tatsächlich, z. B. die SPD sei "neoliberal" - und die scheinen im Vormarsch zu sein. Das hat m. E. weniger mit dem Ausschlag eines Pendels zu tun, sondern eher mit den kaum vorhandenen und in Schulen genauso wenig gelehrten ökonomischen Kenntnissen. Das macht mir Angst.
Zitat von ZettelIch erwarte, daß es auch in Europa eine solche Umkehr geben wird. In Frankreich ist sie ja schon im Gange, ausgerechnet dort. Wenn Sarkozy sich mit seiner Egomanie nicht ständig selbst ein Bein stellen würde, hätte er der Mann seinen können, das voranzutreiben.
Ein Trauerspiel ...
Zitat von ZettelAber 2005 hätte ja gut Schwarzgelb siegen können. Bis wenige Tage vor der Wahl sah es danach aus, bevor Schröder den Coup mit dem "Professor aus Heidelberg" landete.
Hätte sich Kirchhof als der Finanzminister, der er werden sollte, durchgesetzt - das hätte doch ein glänzender Anfang sein können!
Hätte, wäre, wenn ...
Das wäre für mich ein Grund zum Feiern gewesen. Seiteneinsteiger sind aber nicht gerade beliebt. Und gerade Paul Kirchhof nicht, der m. E. einer der fähigsten Leute ist, die wir in Jahrzehnten hätten haben können. Genau deshalb ist er eine Gefahr für Politiker gewesen, denn das schlimmste, was diesen überhaupt hätte passieren können, wäre sein Erfolg gewesen. Die reinste Bloßstellung und damit der Horror für Deutschlehrer als Finanzminister u. ä. "qualifizierte" Leute in ähnlichen/anderen Positionen. Das erklärt auch das ungewöhnlich hohe Maß an Dreck, mit dem er beworfen wurde (selbst für deren Verhältnisse): schon ein altes chinesisches Sprichwort lehrt uns, daß man sich im Kampf auf den stärksten Gegner konzentrieren soll. Aber aus obigen Überlegungen heraus bin ich lange nicht überzeugt, daß es uns dbzgl. was gebracht hätte, wenn Schwarz-Gelb genug Stimmen gehabt hätte: ein Jost Stollmann der CDU wäre absolut denkbar gewesen. Und auch, wenn er diese Hürde genommen hätte, bleiben noch Zweifel über den Rückhalt, den er dann hätte haben müssen. Letztendlich glaube ich, daß ein einzelner Kandidat, und wenn er noch so fähig ist, bei unserem verfahrenen System alleine nicht viel ausrichten kann.
Noch bedenklicher als sein Scheitern finde ich aber leider, auf welche Art er niedergeknüppelt wurde. Nicht etwa argumentativ oder mit einem vernünftigen Gegenkandidaten, sondern nur mit persönlichen Angriffen, Lug und Trug. Und der Pöbel hat dazu noch Beifall geklatscht. Erschreckend.
Zitat von ZettelWie auch immer, lieber RexCramer - ich kenne ja auch die Zukunft nicht. Es gibt, vor allem durch die Neuen Länder, im Augenblick eine linke strukturelle Mehrheit in Deutschland. Aber das ist nicht gottgegeben. Im Gegenteil: Deutschland neigte eigentlich immer mehr nach rechts; ja sogar in der Weimarer Zeit. So, wie Frankreich ein "rechtes" Land ist, in dem die Linke nur unter besonderen Umständen es einmal an die Regierung schafft.
Schon wieder "lieber RexCramer"? Geht das hier immer so herzlich zu? Bin ich ja gar nicht gewohnt!
Bzgl. Frankreich und Weimar kann ich das leider schlecht beurteilen - für Deutschland heutzutage haben Sie sicher recht. Allerdings finde ich persönlich die Debatten, ob es nun mehr nach rechts oder links geht, ziemlich ermüdend. Mich stört dabei ein anderer Punkt: Die Qualität der Gesetzgebung ist schlecht, egal wer gerade regiert. Siehe z. B. die Gesundheitsreform, die kaum jemand auch nur annähernd für vernünftig hält. Das "Steuersystem" braucht man erst gar nicht zu erwähnen, es ist ein großes Chaos. Arbeitsmarktpolitik besteht hauptsächlich darin, die Statistik weiter zu verfälschen: http://www.faz.net/s/RubEC1ACFE1EE274C81...n~Scontent.html (siehe auch die Kommentare "Korrekte Statistik?" I, II und III.) Und so geht das weiter. Passieren tut aber so gut wie nichts, obwohl genug gute Vorschläge auf dem Tisch liegen - wie z. B. eben von Paul Kirchhof. Ich frage mich, wie es sein kann, daß man für so ziemlich jede Tätigkeit ausgebildet sein muß, Bundesminister aber jeder werden kann. Wieso gibt es dafür kein Anforderungsprofil? Wie demokratisch wir noch sind, ist ebenfalls fraglich: http://www.welt.de/politik/article715345..._Vertreter.html Das EU-Parlament, das vom Volk gewählt wird, mag ja ganz nett sein, aber zu sagen hat es sehr wenig.
Ich hoffe ja, daß wieder bessere Zeiten kommen und das Pendel zurückschlägt, aber die kommen eben auch nicht automatisch.
Zitat von ZettelPS: Willkommen im "Kleinen Zimmer"! Dieser erste Beitrag von Ihnen läßt sehr Lesenswertes erwarten.
Dankeschön, aber zuviel der Vorschußlorbeeren. Ich lese Ihre Artikel schon länger und dachte mir, ich schreib' auch mal was.
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