Zitat von KaaIch möchte dem Absatz mit der Verpflichtung völlig widersprechen (und zwar aus Gründen die nicht religiös sind) - weil ich glaube, daß das Opfer, so es denn wirkt, nicht den Gott verpflichtet, sondern den Gläubigen. Also, anders herum, auch im Kontext des Glaubens verpflichtet ein Opfer niemals einen Gott.
"Verpflichtet" im Sinn einer Bindung sicher nicht. Aber das Prinzip der Gegenseitigkeit ist in traditionellen Kulturen viel bedeutsamer als in unserer; und die Götter (oder Jehovah, ich sehe da keinen Unterschied in diesem Punkt) sind eben sozusagen Menschen wie du und ich.
Ein Gott, dem man große Opfer bringt, wird davon nicht unbeeindruckt sein; er wird schon so etwas wie eine reziproke Verpflichtung empfinden, dem Opfernden zu helfen. Wie gesagt, nicht im Sinn einer absoluten Bindung, aber es ist doch ein Appell an ihn, den Gott.
Zitat von KaaUnd wenn Du, Zettel, mal mit Verstand auf dieses eines Deiner Unvernunftabneigungsgebiete schaust, wirst Du da eventuell zustimmen können. Keine Religion, und wäre sie tatsächlich ausschließlich aus Unvernunft geboren, könnte es sich leisten, den Gott zu verpflichten. Es funktioniert einfach nicht zuverlässig genug.
Mal sehen, ob "Unvernunftabneigungsgebiete" es auch in die Liste der Neologismen bei der Wortwarte schafft. (Aber ich fürchte, das kleine Zimmer wird nicht mit durchsucht).
Aber ernsthaft: Ja, zuverlässig ist das nicht. Aber das ist es ja auch bei anderen Menschen nicht. Eltern bringen ihren Kindern Opfer, beispielsweise, und bekommen nichts zurück, wenn sie alt und klapperig sind. Auch in Paarbeziehungen soll es mangelnde Reziprozität geben.
Zitat von KaaWenn eine Religion _ausschließlich_ Funktionsgaranten im Diesseits haben sollte, kann das Opfer also auch nur eine Wirkung im Gläubigen haben.
Das bestreite ich.
Natürlich hat es auch Wirkungen im Gläubigen - vor allem eben die, auf die Dirk hingewiesen hat, daß es seinen Glauben stärkt.
Aber es zielt - kann man das wirklich bezweifeln? - doch wesentlich auf die Beeinflussung des Gottes oder der Götter. Ein Relikt sind im Christentum die Gelübde. Wir haben uns ja schon einmal, liebe Kaa, über den Reiz von Kirchen und Gottesdiensten unterhalten. Mich haben beim Besichtigen von Kirchen und Kapellen immer besonders die Votivtafeln gerührt. Da wird oft ein Opfer beschrieben - man hat der Heiligen eine Kapelle gebaut und dergleichen. Freilich stellt man es geschickt an: Erst muß die Heilige liefern (heilen, helfen), dann erst bekommt sie das Opfer.
Zitat von KaaAuch als Glaubende kann ich Dir sagen, daß ein Opfer den Gott nicht verpflichtet. Das ist sozusagen eines der allgemeinen Glaubensparadigmen: "Gott wird auf nichts im Diesseits verpflichtet." (Wie gesagt, ich spotte nicht).
Ja, da sind wir uns einig, das ist jetzt, glaube ich, klargeworden.
Zitat von KaaUnd nun kommt das Zitat, das mich stört, weil es einen Schritt zu weit geht:
Zitat von ZettelWarum kennen so viele Religionen das Opfer in der einen oder anderen Form? Man sagt "Um die Götter milde zu stimmen" - aber warum sind sie denn nicht von vornherein milde?
Du kannst Dir nur vorstellen, daß das Opfer den Gott verpflichtet. Du diskutierst hier nicht kleinen Schritt für kleinen Schritt. Und drum argumentierst Du von diesem (meiner Meinung nach Verkehrtem) ausgehend weitergehend, zu weit gehend, da vom falschen ausgehend, hurtig drauf los.
Mag hurtig erscheinen, liebe Kaa. Nur sind das ja Dinge, die man sich jahrelang überlegt.
Zitat von KaaOpfer beeinflußen den Gott nicht nachweislich. Das wäre ja noch schöner. Opfer können den Gott milder stimmen. Und wenn es nicht geklappt hat, was ja auch vorkommt, dann lag es nicht am Gott. Entweder war das Opfer verkehrt. Das hat auch so seine Tücken. Viel günstiger ist es, wenn das Opfer zwar schon richtig war, aber die innere Haltung des Opfernden - *seufz*, wie ist das schön, was für eine Lösung - ja, diese Haltung war nicht rein. Oder, auch beliebt, zwar war mit der inneren Haltung ebenso alles OK wie mit dem Opfer - aber Gott hat andere Pläne mit Dir vor. Wie sagte meine Nachbarin heute (wörtlich kriege ich das nicht hin) "Ebbes ist für Ebbes gut" - alles, was passiert, ist für irgendwas gut.
Ja, das bestreite ich ja alles gar nicht. Es ist die condition humaine, daß man die Götter nicht zwingen kann. Daß man, wie ein kleines Kind bei seinen strengen Eltern, nur hoffen kann, sie a bisserl zu beeinflussen. "Like flies to wanton boys are we to Gods. They kill us for their fun" (Mal wieder aus dem Kopf zitiert).
Zitat von Kaa"Wieso ist der Gott denn nicht dauernd milde".
Ist das nicht seine Sache? Wer bist Du eigentlich, daß Du Gottversteher spielen willst? Leben wir nicht in einem freien Land? Kann Gott nicht sein, wie er will? Wenn Du Gott wärst, könntest Du ewig und drei Tage milde sein, Gott, der Gott ist, macht das aber, wie er das will.
Geschenkt, liebe Kaa. Ich bestreite das ja alles überhaupt nicht.
Was mich interessieren würde: Ob es Religionen gibt, die diesen Versuch, die Götter oder Gott zu beeinflussen (durch das Gebet, durch das tätige Gebet des Opfers) überhaupt nicht kennen.
Das wären unmenschliche Religionen. Der Mensch hilflos, völlig dem Spiel der Götter ausgeliefert; eben wie flies to wanton boys. Schopenhauer hat sich die Welt so vorgestellt und darunter gelitten. Nietzsche hat's von ihm übernommen und behauptet, es sei doch etwas Tolles. Das heroische, lachende Ja zum Leid.
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