Zitat von str1977Sie fragen, warum rebellierten die 68er, wenn doch alles so gut stand. Ihre Beschreibung bezieht sich aber nur auf Materielles. Ohne schon zu wissen, was genau die Gründe waren, muß man sie also im nichtmateriell-geistigen suchen.
Man kann es so nennen, lieber str1977. Aus meiner Sicht war es die Durchsetzung einer neuen Moral, die - da bin ich gar nicht mal so weit von Marx weg - den neuen Lebensverhältnissen entsprach. Wenn es einem gut geht, man in Freiheit und ohne materielle Sorgen lebt, dann richtet sich der Blick auf Anderes: Auf neue Erfahrungen (im Drogengebrauch, in ekstatischen Zuständen wie beim Woodstock-Festival), auf die weite Welt (das riesige Interesse dafür, wie es den Menschen in Vietnam, in Südamerika usw. geht), auf die Zukunft (alle diese Utopien).
Und da der Mensch das Gute will (jaja), leistete man sich in diesen angenehmen Verhältnissen eben auch viel Gutes; dh eine fordernde, zum Teil eine mörderisch fördernde Übermoral. Gudrun Ensslin war bekanntlich die Tochter eines pietistischen Pfarrers, Ulrike Meinhof die Ziehtochter einer hochmoralischen Linken.
Zitat von str1977(Nebenbei, glaube ich nicht, daß die Französische Revolution sich daraus ergab, daß dem Bürgertum wirtschaftliche Fesseln angelegt waren. Vielmehr, das Bürgertum, wirtschaftlich erstarkt, strebt nun auch nach politischer Mitsprache respektive politischer Macht.
Und diese brauchte es, um wirtschaftlich weiter expandieren zu können. Das hätte nicht unbedingt durch eine Revolution geschehen müssen; die Engländer zeigten ja, wie dem aufstrebenden Bürgertum so viel Freiheit gelassen werden konnte, daß es zu keiner revolutionären Situation kam. Aber der französische Adel war dazu nicht bereit gewesen; die Verhältnisse in diesem zentralistischen Absolutismus waren halt andere als in England, das eine Magna Charta hatte.
Zitat von str1977Aber warum referieren Sie auf die "Grenzen des Wachstums"? Das Buch erschien doch erst 1972, also weit nach 1968?
Ich schreibe, lieber str1977, ja über die Achtundsechziger, nicht über das Jahr 1968. Die Zeit der Achtundsecgiger waren die siebziger Jahre; deshalb gab es ja auch die Folge 4 meiner Serie.
Zitat von str1977Ich glaube nicht, daß die 68er für höhere Steuern rebelliert haben. Das setzt voraus, daß sie schon im Staat mitarbeiten, was sie aber damals gerade nicht taten.
Zugegeben, da habe ich auch a bisserl überlegt, ob das paßt. Aber "more bread, less taxes", das wollte ich doch gern unterbringen. Und es stimmt ja auch, daß man von Anfang an dafür war, daß die Reichen mehr zahlen sollten, damit man das Geld umverteilen konnte.
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