Werter Herr Schneider, vielleicht habe ich Sie tatsächlich falsch verstanden. Ich hatte das so aufgefasst, dass es um eine juristische Frage geht. Also nicht um "Wann handelt der Soldat mörderisch", sondern um "Wann begeht ein Soldat einen Mord". Letzteres ist eine juristische Frage und kann insoweit nicht ohne eine zugrunde liegende juristische Definition des Tatbestands "Mord" erläutert werden. Deswegen, so dachte ich, hatten Sie auch den 211 StGB zitiert.
Im weiteren waren dann aber eine Reihe von juristischen Unschärfen in Ihren Ausführungen enthalten, die zwar sehr populär sind, aber nichts desto trotz eben zu juristisch falschen Schlüssen führen können. So ist das Völkerrecht keineswegs eine überstaatliche Rechtsordnung, auch wenn mancher westliche Politiker das gerne so sehen möchte. Das Völkerrecht ist eine zwischenstaatliche Rechtsordnung. Denn das Völkerrecht wird zwischen Nationen geschlossen und nicht etwa von einer höheren Meta-Ebene erlassen. Dazu müsste es ja eine juristische Instanz über den Nationen geben - also sozusagen eine "Weltregierung". (Manche, insbesonders eher politisch links orientierte Diskussionsteilnehmer postulieren an dieser Stelle dann eine Art "Naturrecht des Völkerrechts", also quasi-religiöse Menschenrechte im Völkerrecht, die unabhängig von Menschen, Nationen oder Verfassungen "einfach immer" gelten würden.)
Ich darf an dieser Stelle auch nur ganz kurz einwerfen, dass insbesondere das merkwürdige Konstrukt des "Völkergewohnheitsrecht" NICHT über den Grjndgesetz steht, wie das BVG erst kürzlich wieder ausdrücklich bestätigt hat. Das BVG hat "lediglich" bestätigt, dass eine wenige Grundkonstrukte des Völkerrechts Verfassungsrang haben, also dem Zugriff des Gesetzgebers entzogen sind (wie ja auch in unserem GG nur wenige Artikel einen solchen Verfassungsrang haben). Aber diese Grundkonstrukte stehen damit nicht ÜBER dem GG, sondern sind TEIL des GG.
Siehe dazu zum Beispiel hier: http://www.jura.uni-bonn.de/fileadmin/Fa.../__5_Teil_5.pdf
Es gibt gewisse Tendenzen bei der UN, sich selbst die Kompetenzen-Kompetenz zusprechen zu wollen. Der internationale Gerichtshof geht eindeutig in diese Richtung. Dabei wird dann die Behauptung aufgestellt, der IG hätte das Recht, jeden Menschen dieser Erde auf Grund eigener Kompetenzdefinition anzuklagen. Also selbst dann, wenn die entsprechende Nation sich weder der UN und speziell nicht dem Rechtsinstitut IG angeschlossen haben.
Ob sich so etwas langfristig politisch durchsetzen lässt, kann ich nicht beurteile. Aus juristischer Sicht kann ich über so etwas nur lächeln.
Noch ein Wort zu unserer unterschiedlichen Interpretation Ihrer Thesen. Sie schreiben beispielsweise: "Ist hingegen nicht bekannt, dass man nicht auf feindliche Soldaten schießt, kann es eben nicht als Mord gewertet werden, auch schon deshalb nicht, weil es im Krieg in aller Regel keine Möglichkeit gibt, vor Einsatz der Fernwaffen alles genau zu untersuchen."
Juristisch betrachtet ist obige These ohne Bedeutung: vor Gericht wird ein Angeklagter auch nicht damit entschuldigt, dass er nicht WISSEN konnte, das jemand zu Schaden kommt. Das Urteil wird allein auf der Basis gefällt, dass a) ein kausaler Zusammenhang zwischen Tat und Tod vorhanden ist und b) der Tod potentiell IN KAUF GENOMMEN WURDE. Also bereits die VERMUTUNG, jemand könne zu Schaden kommen, genügt vollkommen. Insbesondere die Gemeingefährlichkeit wird fast immer Bestandteil militärischer Aktionen sein. Damit ist bereits der Tatbestand des juristischen Mordes erfüllt, denn wir wissen ja: bei Mord genügt bereits EIN Tatbestandsmerkmal.
Genau diesen Punkt scheinen Sie ja auch zu fühlen, denn Sie schreiben mehrmals (im Sinne von): das Tatbestandsmerkmal der Gemeingefährlichkeit darf man nicht anwenden, weil militärische Aktionen fast immer gemeingefährlich sind ("...schon deshalb nicht, weil es im Krieg in aller Regel keine Möglichkeit gibt, vor Einsatz der Fernwaffen alles genau zu untersuchen.")
Mit welchem Recht wollen Sie jetzt einige Tatbestandsmerkmale der juristischen Morddefinition weglassen? Wenn Sie schon den 211 StGB zitieren, dann aber bitte auch richtig anwenden.
Ich freue mich bereits jetzt auf Ihre Antwort und verbleibe bis dahin mit freundlichen Grüßen Frank
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