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Liebes Forum,
es ist Zeit, einen meiner Ansicht wichtigen Thread dieses Forums wieder hervorzukramen. Das Verbietertum hat nämlich eine neue kuriose Blüte getrieben:
Zitat von SPON Eva-Britt Svensson hatte vor der Abstimmung im Europaparlament eine klare Linie festgelegt: "Geschlechtsspezifische Klischees in der Werbung stecken Frauen, Männer, Mädchen und Jungen in eine Zwangsjacke, beschränken Individuen auf vorgegebene künstliche Geschlechterrollen, die oftmals herabwürdigend, beschämend und erniedrigend für beide Geschlechter sind", schrieb die schwedische EU-Abgeordnete der Vereinigten Linken in ihrem Bericht für den Frauenausschuss.
Svenssons Argumentation teilte die Mehrheit der Abgeordneten - sie wollen die Hausfrau an Herd oder Waschmaschine aus der Fernsehwerbung verbannen. Mit großer Mehrheit forderten die Abgeordneten am Mittwoch in Brüssel ethisch oder rechtlich verbindliche Regeln für Reklamesendungen.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,576106,00.html
Diese Entscheidung ist meiner Meinung nach in mehrerlei Hinsicht ein Skandal.
Erstens natürlich, weil das, was unsympathisch ist, wegverboten soll, mit fadenscheinigen Begründungen.
Der wirkliche Skandal aber liegt darin, dass es nur gegen die Werbung geht, also gegen die Industrie, die mit der Inszenierung ihrer Produkte Geld verdient. Wäre es den Abgeordneten wirklich ernst, so müssten sie auch Filme aus den 50er Jahren verbieten. Aber es ist das alte Argument der Manipulation des Konsumenten durch Werbung.
Hier zeigt sich mal wieder, welchen Schaden die theoretischen Grundlagen der 68er Bewegung in den Köpfen der Leute angerichtet haben, und wie totalitär diese angebliche Liberalisierung sie gemacht hat.
In der Werbekritik treffen sich nämlich zwei beliebte Theoreme der 68er: Der "Fetischcharakter der Ware" von Marx (steht im 1. Buch des Kapitals) Das Thema "Bewusstseinsindustrie", vertreten z. B. von Adorno und Enzensberger.
Wenn man die zusammenwirft, hat man ein wunderschön einfaches Modell geschaffen: Wirtschaft und Medien arbeiten (selbstverständlich "systemstabilisierend") zusammen, um den Menschen dumm zu halten, damit er konsumiert, anstatt zu denken. Profitieren tun alle bösen Kapitalisten davon: Die bösen Kapitalisten in der Wirtschaft, die Geld verdienen; und die bösen Kapitalisten in der Politik (natürlich von den anderen Bösen bezahlt) erhalten ihre Macht, weil das Volk durch Konsum verblödet und die längst fällige Revolution nicht macht.
Und wenn man diesen Zusammenhang glaubt, ist natürlich klar, gegen wen sich der Zorn als erstes richtet. Nämlich gegen den Berührungspunkt von Wirtschaft und Medien: die Werbung!
Deswegen bin ich immer hellhörig, wenn ein Linker Beschränkungen der Werbung fordert, sei es Zigaretten-, Süßigkeiten- oder in dem Fall klischeehafte Werbung. Meist ist das Argument des "Konsumentenschutzes" nur ein vordergründiges, mit etwas Nachfragen kommt man in der Regel auf die oben genannte Motivation.
Gruß Petz
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