|
|
RE: Zettels Meckerecke: Die Verbieter sind überall
|
Antworten
|
|
Zitat von Kallias
Zitat von dirk Es gibt ja die berühmte These "Wenn Gott tot ist, ist alles erlaubt".
Ja, das ist schon ein wunderlicher Satz, so wie er dasteht geradezu lächerlich absurd; mit einfacher Logik würde ja aus ihm zum Beispiel folgen: "Gibt es Gott nicht, wäre Handspiel sogar im Strafraum erlaubt". So kann es nicht gemeint sein! Welche Regeln gelten, was erlaubt und was verboten ist, entscheidet nicht die Religionsphilosophie, sondern darüber bestimmen Sitten und Gebräuche, Erfahrung, Gesetzgeber und gelegentlich auch Sportverbände.
Tja, anscheinend haben Sie den Satz wirklich nicht verstanden. Oder aber das grundlegende philosophische Problem.
Es geht hier nicht um Verstöße gegen Spielregeln in einem Spiel. Ein Spiel besteht aus verschiedenen Mitspielern, die sich letztlich nur auf ein paar Regeln einigen müssen. Sie könnten auch das Handspiel (was im Fußball übrigens nicht nur im Strafraum verboten ist) erlauben. Das haben sie auch getan und das Ergebnis war Rughy.
Aber ich schweife ab. Es ist ja trivial das es große und kleine Regeln gibt, die unser Zusammenleben regeln. Aber die Frage ist, woher diese Regeln denn ihre Berechtigung haben. Im Spiel ist das (s.o.) einfach, denn dort geht es um nichts. Aber im reellen Zusammenleben?
Letzendlich gibt es hier zwei Möglichkeiten:
1. Es gibt ein Naturrecht, welches bestimmte Grundprinzipien vorgibt. An diesen müssen sich dann positive Regeln messen.
2. Es gibt keine naturrechtlichen Vorgaben, sondern die Handlungsfreiheit von einzelnen Individuen. Die positiven Regeln bestimmen dann jene, die die Macht dazu haben, Sie durchzusetzen. Es heißt auch, das die Regeln einzig auf dem Prinzip Strafe bei Verstoß basieren. Und wenn man nur mächtig genug ist, kann man sich über die Regeln hinwegsetzen. Dies haben z.B. die Sophisten vertreten und die Position hat sich seither nicht geändert.
In Antwort auf: Doch wenn sich der Satz nicht auf die praktischen Regeln, Normen und Gesetze beziehen soll, mit denen wir als gesellige Wesen miteinander auszukommen versuchen, sondern auf einen moralischen Anspruch, der uns aus transzendenten Sphären entgegenkommt, dann klingt er plötzlich lächerlich banal: Wenn Gott nicht existiert, dann gibt es keine göttlichen Verbote, sondern nur menschliche. Wie auch anders?
Ja, nur gibt es dann auch keine feste Grundlage für diese menschlichen Regeln. Sie können jederzeit zu gunsten der Mächtigen und ihrer Interessen verändert werden.
Der Satz ist also nicht absurd und, zumindest für Sie, nicht trivial, sondern spricht eine Grundwahrheit aus, um die sich viele heutzutage herumdrücken.
Es ist nicht so, daß alle Gläubigen gute Menschen wären und alle Atheisten böse. Nur, der Atheist hat für sein gutes Handeln keinen vernünftigen Grund, spätestens dann nicht, wenn das gute Handeln ihm persönlich Nachteile einbringt, z.B. wenn er einem Schwächeren gegen einen Angriff beisteht oder auch nur ein Unfallopfer versorgt und deshalb zur spät zur Arbeit kommt.
(PS. Gott stehe in diesem Fall für eine höhere Macht im allgemeinen, und Atheismus für die Leugnung derselben.)
In Antwort auf: Schließlich hat der Satz des Christen Dostojewski noch einen eigenartig unchristlichen Klang. Der springende Punkt bei dem Christentum ist doch, daß die Härte des moralischen Müssens durch Gottes barmherzige Liebe zwar nicht aufgehoben, aber relativiert wird.
Was sollte daran unchristlich sein? Es geht eben doch darum, daß es ohne Gott überhaupt keine Moral, die diesen Namen verdient hätte und befolgenswert wäre. Und nein, im Christentum wird das moralische Sollen (nicht Müssen) eben nicht relativiert. Durch die Gnade wird dem Menschen ermöglicht, umzukehren und sein Verhältnis zu Gott wieder ins Reine zu bringen. Das ist eben keine Ausnahmegenehmigung vom moralischen Verhalten.
In Antwort auf: "Liebe, und tu was du willst" - auf dieser Grundlage läßt sich doch eine Gesellschaft aufbauen, die mit wenig ausdrücklichen Verboten auskommt, während umgekehrt die atheistische Staaten des 20. Jahrhunderts nicht gerade durch Permissivität aufgefallen sind (was Dostojewski natürlich noch nicht wissen konnte).
Leider kommt man mit "Liebe und tu was du willst" nicht weit, denn was ist denn "liebe" und was "will" man denn? Wieviel Untaten wurden schon aus Liebe getan? Mielke liebte doch auch alle Menschen.
Und da sieht man halt, die moralischen Pflichten gelten ja für alle und binden gerade jene, die die Macht hätten, auch anders zu handeln. Insofern waren die atheistischen Staaten allesamt extrem permissiv - sich selbst gegenüber und haben sich allerhand erlaubt.
Der Satz mag eine gute Zusammenfassung sein, so wie "Liebe Gott ... und deinen Nächsten wie dich selbst. Das ist das ganze Gesetz und die Propheten." Der Rest nur Kommentar. Aber der Kommentar ist trotzdem nötig - er darf nur die Zusammenfassung nicht überwuchern oder verdrängen.Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.
Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
|