Liebe Diskussionsteilnehmer
Monopolpreis, Mindestlohn, Flattax, klassische Mikroökonomische Situation, exogener Input, Monopolrendite, Makroebene, Preiselastizität………..
Zahnärzte und Putzfrauen stellen alle Brötchen her. Und der Zahnarzt verdient deswegen etwa 10 Mal soviel wie die Putzfrau, weil er - per Ausbildung - in der gleichen Zeit 10 mal soviele Brötchen backen kann………..
An sich hatte ich mich aus Zeitgründen nicht an dieser Diskussion beteiligen wollen, wenn ich jedoch diese ganzen Theorie- Begriffe und Diskussionen lese, dann weiß ich, dass niemand von ihnen je einen Betrieb geführt hat und daher überhaupt keine Ahnung hat, wie Firmenchefs handeln und was das Geschehen wirklich beeinflusste
Wie sagte Nola „Dennoch möchte ich jetzt mal das reale Leben gegenüberstellen:“ Das will ich nun auch mal tun, und zwar als jemand, der 30 Jahre lang selbständiger Firmenchef ist und immer Ingenieurbüros geleitet hat.
Zuerst einmal muss klargestellt werden, dass das Rückgrat der deutschen Wirtschaft nicht Großbetriebe, sondern der Mittelstand ist. Und hierbei insbesondere der kleine Mittelstand, das heißt Betriebe bis 20 Angestellte. Bei den ganzen Diskussionen um Mindestlohn und Sonstiges, wird gedanklich immer an Großfirmen gedacht, das ist falsch und die Bedingungen in solchen Firmen sind völlig andere.
Bleiben wir also beim kleinen mittelständischen Betrieb.
Ein weiterer Punkt der mir immer wieder bei dieser reinen Theoriediskussion aufgefallen ist, das ist, dass ewig von einem Produkt gesprochen wird, abstra-hiert wird aber dann ein materielles Produkt, also um mit der Computersprache zu sprechen ein Hardwareprodukt. Es muss aber klar sein das in der Praxis mindestens 50% eben genau keine Hardwareprodukte sind, sondern Dienstleistungen und geistige Produkte.
Das Problem daran ist, ein geistiges Produkt kann man nicht wie ein materielles Produkt vorab kalkulieren. Wenn ein Architekt oder Sonderingenieure wie wir für einen bestimmten Zweck ein Gebäude oder die technischen Anlagen plant, dann weiß er erst am Schluss, was dabei im Detail rausgekommen ist und kann erst dann den Aufwand und somit den Preis dieses „Softwareproduktes“ kalku-lieren.
Jemand der hingegen einen Hardwareprodukt herstellt, kann dies im Voraus kalkulieren. Er weiß welche Materialien und wie viel er braucht, er weiß zu welchem Preis er diese Materialien einkauft, er weiß wie viele Leute mit welchen Lohn und welchem Minuten Ansatz er benötigt um das Produkt zu bauen und er kennt die allgemeinen Kosten, die seinem Betrieb entstehen und umgelegt werden müssen, sowie auch die Ansätze für Verschnitt und Fehler.
Soweit erst mal einige vorab Klarstellungen, die die Entscheidungsprozesse in Firmen beeinflussen.
Gehen wir nun mal von einem klassischen kleinen mittelständischen Dienstleistungsbetrieb mit 15 bis 20 Angestellten aus.
Das erste was der Chef weiß und was ihm die großen Probleme macht, das sind die jeden Monat anfallenden Festkosten des Betriebes. Der größte Posten dabei sind die gesamten Löhne und hälftigen Sozialkosten der Mitarbeiter. (In einer GmbH zählt auch das Gehalt des Firmenchefs wie das eines Angestellten.) Dazu kommen weitere, nicht veränderbar Festkosten wie Miete, Versicherung, Strom, Wasser, Heizung, Kapitaldienste, Lizenzgebühren und so weiter aber auch vorab zahlbare Steuern.
Dem gegenüber stehen die Einnahmen, die der Betrieb durch den Verkauf sei-ner Produkte beziehungsweise Dienstleistungen erwirtschaftet.
Ist diese Einnahme also wenigstens so groß wie die monatlichen Ausgaben dann trägt sich der Betrieb, hat aber denn noch keinen Gewinn gemacht. Das heißt ein gesunder Betrieb muss deutlich mehr einnehmen wie er ausgibt, um auch investitionsfähig zu sein.
Soweit die Theorie.
Nun die Praxis: Bei der Ausgabenseite verändert sich nichts aber die Einnahmenseite sieht in der Praxis völlig anders aus. Für den klassischen mittelständischen Betrieb ist es völlig unmöglich, dafür zu sorgen, dass er jeden Monat wenigstens so viel einnimmt wie er an Ausgaben hat. Dies hängt nämlich von seinen Aufträgen ab, und innerhalb dieser wiederum von zeitbestimmenden Abwicklungen, die dann in der Regel der Betrieb gar nicht beeinflussen kann, weil es äußere Rahmenbedingungen sind, beziehungsweise ein Bauherr die Entscheidungen trifft, wann er was ausgeführt haben will.
Die Auftragslage wird ein Betrieb zwar versuchen zu verbessern, seine Möglichkeiten sind hier jedoch sehr eng begrenzt und wenn er sich in einer konjunkturell schlechten Phase befindet, dann sinken diese Möglichkeiten zur null.
Was bedeutet das in der Praxis?
Das bedeutet, dass die monatlichen Kosten unverändert gezahlt werden müssen. Wenn die Einnahmen in einem oder mehreren Monaten geringer sind, dann zahlt letztendlich der Firmeninhaber die Differenz aus seiner privaten Kasse. Da er das Geld dafür nicht liegen hat, das verhindert in Deutschland schon das viel zu hohe Steuersystem, muss er diese Differenz über Kredite finanzieren, was die Kosten aufgrund der Zinsen zusätzlich erhöht.
Von daher wird auch schon klar, das es dem Firmenchef nur untergeordnete darum geht, wie qualifiziert sein Mitarbeiter ist. Zwar muss dieser Mitarbeiter eine Mindestqualifizierung für den Job haben, wäre er aber doppelt so schnell wie sein Nachbar, dann würde das für den Firmenchef nur dann einen Vorteil bringen, wenn auch so viel von außen bezahlte Mehrarbeit da wäre, weil sonst der Vorteil nicht nutzbar wäre. Alternativ könnte man sich vorstellen einen langsamen Mitarbeiter zu entlassen, weil dieser sehr schnelle Mitarbeiter dessen Arbeit mitmachen könnte, da sind aber auch Grenzen gesetzt den doppelt so schnell ist er nicht.
Das bedeutet also, in der Praxis hat ohnehin jeder Firmenchef sein Hauptproblem mit den konstanten Unkosten.
Logischerweise erhöht jegliche Erhöhung dieser Kosten das Problem des Firmenchefs. Von daher ist schon klar, bei Einführung eines Mindestlohnes klafft in verschiedenen Monaten die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen weiter auseinander, diese nicht gedeckten Kosten trägt der Firmenchef und selbst in den Monaten wo die Einnahmen über den Kosten liegen, ist der Gewinn durch diese Mehrkosten geschmälert.
Die Weitergabe dieser Mehrkosten an den Markt ist in den meisten Fällen reine Theorie. Gerade in schlechten Zeiten, wie wir sie jetzt extrem haben, ist die Chance dazu null. In unserem überregulierten Staat kommen noch weitere Probleme dazu, zum Beispiel gesetzlich verordnete Honorarordnungen, die zwingend angewendet werden müssen und damit eine Weitergabe von Zusatzkosten gar nicht gestatten.
Kurz gesagt, alles was die Unkostenseite eines Betriebes erhöht, führt bei jedem Firmenchef zu der Grundsatzüberlegung die Kosten drastisch zu reduzieren weil er sie im Zweifelsfalle auch noch selber tragen muss. Das heißt, Sie werden es nun schon ahnen, die Personalkosten zu reduzieren.
Sie liegen aber falsch, wenn Sie jetzt annehmen, dies liefe einfach über ein paar Entlassungen. Nein dies würde das Problem nicht lösen, weil man dann möglicherweise zu etwas anderen Zeiten zu wenig Leute hätte. Die ganze einseitig zu Gunsten der Arbeitnehmer ausgelegte Arbeitsschutzgesetzgebung hat im übrigen die flexiblen Möglichkeiten der Betriebe, schnell Leute zu entlassen oder auch wieder einzustellen geradezu gelähmt. Zusatzkosten wie Abfindungen haben das Problem erst recht verschärft.
Und nun kommt das ins Spiel, was Arbeitswissenschaftler wie Prof. Zimmerli schon vor sieben bis acht Jahren gesagt haben “fest Angestellte sind ein Auslaufmodell.“
Immer mehr Betriebe und insbesondere im Dienstleistungssektor gehen deshalb dazu über, überhaupt keine festen Angestellten mehr zu beschäftigen, allenfalls nur einen minimalen Stamm zu halten. Statt dessen arbeitet man mit Freiberuflern zusammen.
Ich brauche zum Beispiel in einem Ingenieurbüro nicht Kaufleute Ingenieure und Technische Zeichner fest angestellt zu haben, mit allen oben beschriebenen Problemen. Sondern dann, wenn ich entsprechende Aufträge habe, dann spreche ich entsprechende Freiberufler in den verschiedenen Sparten an. Ich weiß vorher aufgrund meines Auftrages wie viel Geld ich dafür bekomme, ich kann also auch für die verschiedenen Teilleistungen ausrechnen wie viel sie maximal kosten dürfen.
Und nun lasse ich mir von verschiedenen Freiberuflern der entsprechenden Sparte zu den beschriebenen Arbeitspaketen ein Angebot machen. Das günstigste oder wie auch immer bewertete Angebot, nehme ich an und erteile diesem Freiberufler den Auftrag zu einem Festpreis.
Das ist im Prinzip nichts anderes was auch ein Bauherr macht.
Damit wird für mich als Firmenchef die Sache endlich reell. Ich habe eben genau nicht mehr jeden Monat anfallenden Festkosten durch Angestellte. Mir machen also Monate in denen die Einnahmen nicht da sind keine Probleme mehr, weil ich auch keine (nur noch wenige) Ausgaben habe. Ich halte auch nicht mehr selber die Werkzeuge vor, von daher sind auch meine ganzen Mieten Versicherungen und sonstigen Kosten rapide gesunken und vor allen Dingen zahle ich keine Angestellten, wenn ich sie nicht gebrauchen kann.
Ich habe nun auch kein Problem mehr damit wie gut der Freiberufler qualifiziert ist, vorausgesetzt natürlich dass er den Auftrag beherrschen muss. Arbeitet der Freiberufler langsam, dann muss er eben auf seine Kosten länger arbeiten um den Auftrag zu bewältigen. Mir als Auftraggeber ist das egal. Ist er hingegen sehr schnell, dann wird der im gleichen Zeitraum auch noch einen weiteren Auftrag bewältigen können und somit mehr verdienen.
Von daher entsteht ganz automatisch bei einem Freiberufler der Wille, so optimal und schnell wie möglich zu arbeiten, eben weil ich dann mehr verdienen kann. Als Festangestellter ist dieser Wille kaum da.
Weitere Vorteile sind, ich zahle auch nicht mehr die hälftigen Sozialkosten, ich zahle auch nicht mehr den Urlaub, ich habe nichts mit bezahltem Weiterbildungsurlaub, Mutterschaftsurlaub oder Kindererziehungsurlaub zu tun.
Ich habe mit einem Freiberufler, der sich um alle diese Dinge selber kümmern muss einen Vertrag, der von ihm eine bestimmte Leistung in einer bestimmten Qualität und in einer bestimmten Zeit fordert und ihm dafür einen Festpreis zusichert.
Das ist alles. Es interessiert mich dann als Firmenchef nicht mehr, welche Fest-kosten der Freiberufler hat, wie und wann er welchen Urlaub macht, es interessierte mich auch nicht mal, wie und wann er den Auftrag abarbeitet, solange er in den vertraglich festgelegten Randbedingungen bleibt.
Diese Zukunft hat schon begonnen. Gerade im Bereich der Architekten und Sonderingenieure ist dies schon gängige Praxis.
Viele andere Bereiche testen sich gerade vor. Es gibt Agenturen die Zeitarbeiter vermitteln. Das ist im Prinzip eine Vorstufe des reinen Freiberuflers. VW hatte mal das Modell 5000 x 5000 eingeführt. Auch das war eine Vorstufe, weil diese Leute nicht in hauseigenen Tarif eingebunden waren.
Zunehmend werden von der Industrie Teilprodukte an externe Firmen verge-ben, um sich damit ebenfalls Festangestellte zu sparen.
Und die vielen Teilzeitjobs im Verkaufs- Gewerbe sind ebenfalls solche Vorstufen.
Unterm Strich kann man also klar sagen, dass die Entwicklung in eine völlig andere Richtung läuft, als sich das die ganzen Sozis mit ihren Mindestlohntarifen vorstellen.
Lieber RexCramer
Warum führt man nicht endlich ein einfaches, gerechtes, transparentes, moder-nes und konkurrenzfähiges Steuersystem ein und beendet diesen Wahnsinn? Warum entschlackt man das Gesundheitssystem nicht endlich drastisch von Bü-rokratie, statt dem medizinischen Personal immer mehr Unsinn aufzudrücken und mit dem "Gesundheitsfonds" eine weitere bürokratische Ebene zu schaffen? Warum schafft man die Kfz-Steuer nicht komplett ab, statt jetzt wieder nur eine abstrakte Norm statt tatsächlichen Verbrauch zu besteuern? Wieso wehrt man sich strikt gegen einen flexibleren Arbeitmarkt, obwohl damit in vielen Ländern Erfolge erzielt werden? Usw. usf. Ich habe keine Ahnung, warum das nicht durchsetztbar ist, habe aber inzwi-schen die Hoffnung aufgegeben, daß ich es in der Politik noch erleben werde, daß man anhand vernünftiger Ideen, konstruktiver Vorschläge oder sachlicher Argumente vorgeht
Ihre Fragen sind genauso berechtigt, wie sie leider auch einfach zu beantworten sind. Deutschland ist zu einem Sozialstaat- Moloch geworden. Sowohl Politiker wie auch das Gros der Bürger kann sich gar nicht mehr vorstellen ohne zu leben und rufen ja auch laufend nach diesem Sozialstaat, den dann selbstverständlich die anderen, die besserverdienenden, was immer das auch ist, bezahlen sollen. Olaf Henkel hat es hier ganz gut beschrieben.
http://www.cicero.de/97.php?ress_id=6&item=2369
Diejenigen, die sich das noch vorstellen können, gehen die oben beschriebenen Wege und wenn dies auch nicht mehr reicht, verlassen sie das Land.

Herzlich M. Schneider
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