Tatsächlich gibt es ja eine Teilfraktion der Menschheit, die eine gesellschaftliche Metapersönlichkeit konstruieren, die dann wie ein Übervater das Recht habe, individuelle Entscheidungen zu übergehen. Die Kommunisten konstruiren so etwas ganz gern.
Das meinte ich aber nicht.
In dem Moment, da sich Menschen zu Gruppen zusammenschließen, werden Regeln benötigt, mit deren Hilfe Interessenskonflikte gelöst werden. Diese Regeln enthalten zwangsläufig immer auch eine Diktatur (nämlich den Zwang, die Gesetze einzuhalten) - im Optimalfall eine Diktatur der Mehrheit mit gleichzeitigem starken Schutz unveräußerlicher Grundrechte.
In der Bundesrepublik werden diese Regeln so interpretiert, dass auch in das Vertragsrecht hineingewirkt wird. Man hat gerade nicht jedes nur denkbare Vertragsrecht, sondern der Gesetzgeber gibt die Rahmenbedinungen des Vertragsrechts vor. Der Gesetzgeber wiederum wird durch den Wähler bestimmt. Selbstverständlich kann man postulieren, jede Einengung des Vertragsrechts wäre ein Verstoß gegen Naturrecht (und dieses Naturrecht nennt man dann Menschenrechte oder wie auch immer).
Aber faktisch WIRD ja ein gesetzlicher Rahmen für das Vertragsrecht gesetzt und dieser Rahmen kann ganz legal auch erweitert - oder eben eingeengt werden. Ich würde es für naiv halten zu glauben, dass ausgerechnet das Vertrags- und Eigentumsrecht im deutschen politischen System für alle Zeit sakrosant wäre.
Die Erschütterung im Banken- und Finanzsektor wird möglicherweise bei vielen Menschen die Frage auslösen, ob die bisherigen Gesetze -also die Rahmen für das Handeln der Banken, der Investment- und Immobolieninstitute- optimal waren. Oder eben nicht.
Wir mögen noch so sehr von der Marktwirtschaft und liberalem Vertragsrecht überzeugt sein (sind wir das immer noch nach diesen Ereignissen?) - diese Überzeugung ändert leider nichts daran, dass viele Millionen Wähler andeer Meinung sein mögen und ihre Systemkritik auch in Wahlergebnissen manifestieren könnten.
Aus der Sicht des "einfachen Mannes" stellt sich die Sache doch so dar: *** - Erst haben DIE DA OBEN jahrelang abkassiert - und zwar auf meine Kosten - Ich habe mir den Rücken buckelig gearbeitet und Netto jetzt doch weniger in der Haushaltskasse als noch vor 10 Jahren während DIE DA OBEN nur gezockt haben und dafür Millionenbeträge eingesackt haben (die ich mit meiner ehrlichen Arbeit erwirtschaftet habe) - Jetzt ist denen das ganze System um die Ohren geflogen und jetzt soll ich kleiner Mann das ganze schon wieder bezahlen (über meine Steuern) ***
Mir ist schon klar, dass diese Sichtweise einseitig und kurzsichtig ist. Aber viele Menschen denken so - was soll man denen antworten, wenn die fragen: Und? Wo ist jetzt für mich kleinen Mann der Vorteil von diesem System? Warum sollte ich das System gut finden, wo die sich da oben die Taschen füllen und noch nicht mal was vernünftiges dafür leisten außer zocken?
Ich gebe zu, dass mir im Moment auf eine solche Frage eine gute Antwort fehlt. Denn auf den ersten Blick sieht es ja tatsächlich so aus, als ob ein paar tausend Investmentbanker, Vorstände und Aufsichtsratsmitglieder für simples (ab)zocken irrwitzige Beträge erspielt hätten. Das die Indestmentbanker das System gut finden, kann ich gut verstehen.
Aber warum sollte die Friseuse um die Ecke das gut finden?
Ich denke, werter califax, sie erkennen jetzt meine Gedanken. Der Friseuse um die Ecke brauchen sie mit einem "Niemand hat das Recht, mir in meine Gehaltsverhandlungen reinzureden" zu kommen. Die Antwort von der Friseuse kenne ich: "Ach ja? Das wollen wir doch mal nach den nächsten Wahlen sehen" Und wenn dann eine Links-Links-Regierung gewählt worden sein sollte, werter califax, dann werden sie aber sehen, wie sehr die sich das Recht nehmen, in ihre Gehaltsverhandlungen reinzureden. Was wollen Sie dann machen? Zur Waffe greifen?
Ein Teil der obigen Beiträge hat als Antwort darauf angeboten: man sollte das System beibehalten, weil es in diesem System auch Gewinner gibt. Das ist zwar unbestreitbar wahr; aber die Systemverlierer wird das in Deutschland nicht trösten. In den USA kann man mit einem solchen Argument punkten - bei uns nicht. Deswegen wurde bisher die Frage nach der Berechtigung der Marktwirtschaft und der Berechtigung des liberalen Vertrags- und Handelsrechts damit beantwortet:
"Diess System führt zu so viel mehr Kuchen, dass ihr selbst auch mehr habt. Es stimmt, dass einige größere Kuchenstücke abschneiden; aber weil wir es erlauben, dass die sich größere Stücke abschneiden, wird der Kuchen insgesamt so viel größer, dass ihr alle anderen mehr habt, als wenn wir alle Kuchenstücke zwangsweise gleich groß machen würden. "
Das ist die traditionelle Begründung. Die Marktwirtschaft und liberales Wirtschaftsrecht wird nicht als zwangsläufiges Naturereignis postuliert, sondern als sinnvolles und für alle nützliches Werkzeug. Und dazu zählte bisher eben auch, dass die ökonomische Elite ihre Gehälter frei aushandeln konnte.
Meine Frage ist jett: zieht diese Argument bei der Masse der Wähler noch? Oder was könnte man denen alternativ als Argument bieten? MfG Frank
Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.