Lieber Zettel, dieses Gesetz ist schon sehr seltsam (die Gründe haben Sie genannt).
Eine Begründung, die die Befürworter der Gesetzgebung immer angeführt haben, ist die, dass es keine Alternativen für Nichtraucher gibt, diese also aufgrund eines Gruppenzwangs in verrauchte Kneipen/Restaurants gehen. Man könnte meinen, es gäbe im privaten Freundeskreis eine Terrorherrschaft der Raucher, die keinerlei Diskussion zulassen.
Nun ja, jetzt haben wir dieses Gesetz, und es passiert das, was immer passiert, wenn die Menschen einen Ausweg aus idiotischer Gesetzgebung suchen: Der Bürger Jerry versucht der Behörde Tom ein Schnippchen zu schlagen... deshalb bin ich inzwischen Mitglied in etwa einem Dutzend Raucherclubs; mit ca. 10 Pseudonymen. Die Kneipen verteilen Karten mit Nummern und bauen ein Aktenordner-Archiv auf, falls mal die Gewerbeaufsicht vorbeikommt (was m.W. übrigens nie passiert; siehe dazu den Thread "Verkehrsschilder" und die überforderten, wurschtigen Beamten).
Nun zu meiner persönlichen Erfahrung: Ich gehe eher selten in Kneipen oder Clubs, und die meisten meiner Freunde, die für eine solche Abendgestaltung in Frage kämen, sind Nichtraucher. Als Raucher fände ich es ein wenig ärgerlich, für einen Schuss Nikotin vor die Tür gehen zu müssen, aber: Man richtet sich halt nach den Interessen der anderen. So schlimm ist das nicht. Ich überlasse deshalb die Auswahl der Lokalität den Nichtrauchern. So weit, so gut. ...komisch, dass genau diese Nichtraucher in letzter zeit immer wieder Pläne zur Abendgestaltung vorgeschlagen haben, in denen "Raucherclubs" involviert sind; sinngemäß: "Wir können ja zum x gehen, der Laden ist nett, die Musik ist gut und rauchen darf man auch." Agreed.
Man sieht: Menschen können und wollen individuelle Entscheidungen treffen. Ein harter Schlag für die Politik.
Ein kleiner Beitrag noch zum Urteil des BVG: Das Problem bei solchen Verhältnismäßigkeitsprüfungen besteht m.E. immer darin, dass höchstens nur "eine Seite" quantifizierbar ist... ein Wirt, der gegen das Gesetz klagt, kann seine Einkommenseinbußen relativ einfach belegen. Wie lässt sich nun die andere Seite, der Schutz der Nichtraucher quantifizieren? Letztenendes werden die Richter hier vor eine "ideologische" Entscheidung gestellt. Was Hoffnung macht, ist die Tatsache, dass die obersten Richter i.d.R. dazu tendieren, die geläufige Interpretation des GG nicht anzugreifen, also: Im Zweifel für das GG und gegen Gesetze, die das GG einschränken... Ich bin auch kein Jurist, kann das deshalb gar nicht einschätzen... aber das BVG hat sich in vielen Fällen, auch in jüngerer Vergangenheit als Freund des Status Quo des GG erwiesen (siehe Schnüffelgesetze); es besteht Hoffnung. Die Judikative ist inzwischen (oder vermutlich schon immer) wirklich unbezahlbar, die letzte Bastion vor "Politikistan".
Schöne Grüße, F.Alfonzo
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