Zitat von Thomas PauliIch glaube übrigens nicht, daß das gemaine Volk nach dem Aufkommen der Druckerpresse so gänzlich im Dunklen geblieben ist, allerding spricht die Entstehung von "Herden", etwa in Münster oder Basel, dafür, daß die Verbreitung dieser Schriften nicht allzugroß gewesen ist.
Doch, lieber Thomas, weil der Analphabetismus immer noch sehr verbreitet war. Und wie schon erwähnt, es geht hier um abstrakte theologische Konzepte. Was wirklich einen Einfluss hatte, war die Einführung der Messe in der Landessprache. Allerdings auch nicht so enorm, weil ja die Predigt auch schon vorher in der Landessprache abgehalten worden war.
Zitat von Thomas PauliImmerhin ging es bei diesen Auseinanderstzungen um, wie Sie schieben, Alles, weil die Gewißheit eines Lebens nach dem Tode Allgemeingut war. Und es war die Reformation, die diese eine Gewißheit in viele Gewißheiten zerlegte, was sie insgesamt an Überzeugungskraft gekostet haben muß, ob das damals so offensichtlich war oder nicht. Das hat mich dazu gebracht, zu vermuten, daß ab damals eine Tendenz existierte, den Glauben immer weniger absolut zu nehmen.
Aber die Vermutung stimmt nicht. Die Gewissheit des Lebens nach dem Tode hat die Reformation nicht angetastet. Sie hat lediglich die Bedingungen etwas modifiziert, warum es wie abläuft. Aber nicht in die Richtung Ihrer Vermutung. Denn es waren gerade die Protestanten, die den Glauben am meisten absolut genommen haben, indem sie ihn von allen weltlichen Einflüssen gereinigt haben. Als Katholik habe ich durch Werke (auch weltlicher Natur) eine Chance, mein postmortales Schicksal zu verbessern. Als Protestant hilft mir nichts als mein Glaube (Stichwort "sola fide"). Die Puritaner sind ein gutes Beispiel dafür. Sie schufen eine Lebensweise, die völlig durchdrungen war vom Glauben, während der Katholik in der Regel in die Kirche ging, seinen Zehent entrichtete und ansonsten den lieben Gott einen guten Mann sein ließ.
Es ist ein bei uns beliebtes Missverständnis, die Reformation als Baustein der Aufklärung zu sehen. In Wirklichkeit war sie eine reaktionäre Bewegung, die die Kirche von allen Verweltlichungen reinigen wollte.
Deswegen sehe ich auch Ihre "Dunkler Katholizismus vs Helligkeit nach der Reformation"-These wirklich als (evtl unbewusste) Polemik an, weil sie sehr vereinfacht. Die Protestanten waren keine Aufklärer, sie haben genauso die Hölle gepredigt und Hexen verbrannt. Warum gelten in den USA die Katholiken als Liberale? Weil die ganzen Wiedergeborenen und Fundamentalisten alls Protestanten sind. Das Bild der reaktionären Katholiken und liberalen Protestanten ist ein spezifisch deutsches, das aber nur aus der speziell deutschen Befindlichkeit herrührt.
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