In Antwort auf:Er will, wie es ja überhaupt seine Art ist, Widersprüchliches irgendwie unter einen Hut bringen.
Da haben Sie Hegels 1. Habitilationsthese schön paraphrasiert: "contradictio est regula veri, non contradictio falsi." Wenngleich ich bei "irgendwie unter einen Hut bringen" natürlich protestieren muß.
Eine Sache an sich kann durchaus etwas für den Erkennenden sein. Das ist das ganze Hegelsche Projekt. Die Sache an sich, um die es Hegel geht, ist das Denken. Auch aus diesem Grunde wird Hegel ja als Aristoteliker bezeichnet. Daß Kant nicht vergisst, daß er eine rein abstraktive Trennung vorgenommen hat, sehe ich auch so, Hegel allerdings nicht. Laut Hegel bringt Kant die Sinnlichkeit und das diese Sinnlichkeit ordnende Subjekt eben nicht wieder zusammen. Er behauptet ja, Kant sehe die Welt als etwas "Unverbundenes", als "in sich Zerfallendes", welches nur "durch die Wohltat des Selbstbewußtseins der verständigen Menschen einen objektiven Zusammenhalt" erhalte. Böse Konsequenzen auch in der Kantischen Moralphilosophie: Ein Rigorismus eines inhaltsleeren reinen Ichs, welches, schlimmer noch, jeden beliebigen Inhalt annehmen kann. Mit diesem Rigorismus erklärt Hegel auch das Wüten der Terrorjahre der Französischen Revolution, welches er gewissermaßen mit Kantischen Kategorien zu begreifen versucht.
Nur ist das Denken, das Hegel untersucht, immer schon inhaltlich gefüllt. Die WdL beginnt ja mit der unmittelbarsten inhaltlichen Füllung überhaupt, dem reinen Sein. Nur, daß sich aus der Analyse dieses Seins nicht nur reine Verstandeskategorien ergeben, sondern eben erst Seins- und Wesensbestimmungen. Daß sich überhaupt etwas aus dem unmittelbaren Beginnen ergibt, und aus diesem dann alles weitere, liegt an der oben angesprochenen Widersprüchlichkeit aller Denkbestimmungen, die auf weitere Denkbestimmungen verweisen, die diesen Widerspruch lösen, sich aber einen anderen einhandeln. Worin nichts anderes gesagt ist, als daß es sich beim Denken um einen Prozess handelt, nicht um ein Wissen um unvergängliche platonische Bestimmungen. Daß sich aus diesem unmittelbaren Beginnen zunächst Seinsbestimmungen ergeben, liegt daran, daß er meint, daß mit den Denkbestimmungen eben auch Seinsbestimmungen gefunden werden können.
Und das liegt an der Identität von Denken und Sein, welche Hegels Philosophie zugrundeliegt. Sie haben Recht, daß in gewisser Weise die Subjekt-Objekt-Unterscheidung bei Hegel erhalten bleibt. Aber sie wird in dem angesprochenen Prozeß immer wieder in eine Einheit zurückgeführt und aus dieser Einheit dann wieder hergestellt. Das spielt auch in ihrem Zitat eine Rolle, auf das ich später zurückkomme. Nur als Beispiel Hegels Behandlung der Selbstbewußtseinsproblematik: Als Sichselbstgleichheit (Ich weiß mich) ist das Selbstbewußtsein zwar die Identität von Subjekt und Objekt, zugleich aber bestimmungslos. Es muß sich also als Bewußtseinsgegensatz selbst bestimmen, es tritt also wieder S und O auseinander. Das steht aber im Widerspruch zum Begriff des Selbstbewußtseins. Es muß also das O wider zum S machen, das Objekt also begreifen, oder, mit Kant gesprochen: zum synthetisierenden Ich werden.
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