Zitat von GomezIch glaube, Hegel stößt sich weniger an Kant, dem er sehr viel verdankt, sondern eher an der Verflachung des Kantianismus zu seiner Zeit. Und da mag ihm das Jonglieren mit einem "Wahren" und einem "Urwahren" (offensichtlich Abkünftlinge von "Erscheinung" und DaS), wie es sich bei Reinhold und Jacobi findet, so sauer aufgestoßen sein, daß er seine Differenz zu Kant da wohl überbetonte.
Sie wollen aber, lieber Gomez, jetzt nicht Jacobi als Kantianer einstufen? Er war ja ziemlich genau das Gegenteil eines Kantianers, freilich auch kein Freund Hegels, sondern ein old fashioned Aufklärer und vor allem Sensualist.
Ich habe das noch mal in Thomas Kühns ausgezeichneter Kant-Biographie nachgesehen (die mehr ist als eine Biographie; auch eine treffliche Einführung in das Werk): Es gab zwischen Jacobi und Kant zwei Auseinandersetzungen. Einmal, als Jacobi in dem berühmten Streit über Mendelsohn (es ging darum, ob Lessing Pantheist gewesen sei) seine Position als derjenigen Kants nahestehend bezeichnete und Kant darauf scharf mit dem Aufsatz "Was heißt: Sich im Denken orientieren?" reagierte. Das andere Mal, als Jacobi seinem Buch über Hume einen Anhang über den transzendentalen Idealismus anhängte, in dem er sich selbst als Realisten und Kant als Idealisten bezeichnete. Dort taucht auch zum ersten Mal dieses unsinnige Argument auf, das dann Schopenhauer übernommen hat, Kant dürfe gemäß seinen Voraussetzungen nicht von der Erscheinung auf das Ding an sich schließen, weil dies die Kategorie der Kausalität voraussetze, diese aber nur für die Welt der Phainomena gelte.
Ansonsten könnten Sie aber Recht haben: Es mag gut sein, daß Hegel Kant mehr durch, sagen wir, Schriftsteller wie Reinhold (der wirklich ein Kantianer war) und Jacobi kannte. Daß er Kant verstanden hat, halte ich jedenfalls für unwahrscheinlich.
Zitat von Gomez
In Antwort auf:bei der von Hegel abglehnten adequatio intellectus et rei
Das glaube ich nicht. Im Gegenteil: Aus dieser adequatio macht Hegel ja eine Identität, wenn auch freilich Entgegengesetzter.
Ich glaube mich zu erinnern, daß er diesen thomistischen Wahrheitsbegriff kritisiert, weil er Res als Ding an sich interpretiert. Ich konnte jetzt aber die Stelle nicht finden. Vielleicht haben Sie also Recht. Was ich jedenfalls meinte, das war, daß Hegel den naiven Wahrheitsbegriff, der in dieser Formel gefaßt ist, ablehnte.
Zitat von Gomez
In Antwort auf:Entweder ist auch das Ansich ein Produkt des Geistes. Oder es existiert unabhängig von ihm, dann ist es ein Ding an sich in Kants Sinn. Da Hegel das zweite ablehnt, muß er das erste meinen.
Da habe Sie völlig Recht. Aber daraus folgt ja nicht, daß es sich um die Konstruktion meines Geistes handelt, dem das Objekt nur ausgesetzt ist. Denn das Objekt ist genauso abhängig vom Subjekt wie umgekehrt.
Damit, lieber Gomez, sind wir bei einem zentralen Thema (ich lasse mich jetzt auf eine Diskussion über Hegel ein, obwohl der mich ja gar nicht interessiert ): Der absolute Geist, vulgo Gott. Aber das behandle ich in einer getrennten Antwort.
Zitat von Gomez
In Antwort auf:Es haben sich keine Gegenstände in Luft aufgelöst, sondern Annahmen haben sich als falsch erwiesen.
Für mich ist beides identisch. Übrigens haben sich die "Gegenstände" schon längst in Luft aufgelöst, buchstäblich. Wir gebrauchen sie nur noch, weil wir uns in der Alltagssprache, die ja viele Elemente einer primitiven Metaphysik hat, gut mit ihnen zurechtfinden.
Und da haben wir, in a nutshell, unseren Dissens.
Aber auch das bedarf einer getrennten Antwort. Eben ruft meine Frau zum Kaffeetrinken. Das ist jetzt wichtiger.
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