Zitat von LiberoWenn es um Lesegenuß und Umgang mit der Sprache geht, erinnere ich mich gerne an ein anderes Leseerlebnis meiner Jugend. Egon Friedell. Seinen Namen finden Sie auch und nicht ohne Grund in der Schopenhauer Ausgabe. Diesem Egon Friedell verdanke ich viel, die Sehnsucht nach dem Wissen. Er war es auch, dem ich zu Schopenhauer folgte. Schade das er vergessen ist. Er war ein großer Anreger. Sein Grab finden Sie noch auf dem Evangelischen Friedhof neben dem Wiener Zentralfriedhof.
Ja, er hat sich das Leben genommen, als die SA ihn abholen wollte. Er war ja Jude, zum Protestantismus konvertiert.
Ich könnte mir vorstellen, daß es Ihnen, lieber Libero, in Ihrer Jugend mit ihm ähnlich gegangen ist wie mir mit Oswald Spengler, der ihm in gewisser Weise ähnlich war: Auch dieses Streben nach universaler Gelehrsamkeit; dieses Verbinden der verschiedensten Themen aus allen wissenschaftlichen Disziplinen; diese Sprachmächtigkeit.
Ich lese gerade seine "Kulturgeschichte der Neuzeit". Es geht mir ähnlich, wie als ich vor ein paar Jahren den "Untergang des Abendlandes" zweiten Mal gelesen habe: Immer noch der Lesegenuß, aber nicht mehr der Glaube daran, daß das auch stimmt, was der Autor schreibt.
Friedells Werk ist sozusagen ein riesiges, ausuferndes Feuilleton. In vielen Passagen brillant geschrieben, überraschende Perspektiven eröffnend. Aber aus der Distanz von siebzig Jahren merkt man auch, wie zeitbedingt es war.
Nicht nur, was Friedells Meinung (die er mit Spengler teilte) angeht, das Zeitalter der bürgerlichen Demokratie sei zu Ende und es ziehe eine Zeit der "Cäsaren" herauf. Sondern auch - da ist Friedell halt der Wiener - in der Psychologisierung; vor allem der Psychopathologisierung.
Aber brillant ist er; das Lesevergnügen also groß. Und viel lernen tut man auch (auch wenn ich, bevor ich etwas aufgrund seines Buchs behaupte, es erst verifizieren würde).
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