Selbst wenn all die angesprochenen Probleme der Bahn - von der Unpünktlichkeit/Unzuverlässigkeit bis zur Unfreundlichkeit des Personals - gelöst wären, es würde nur begrenzt helfen.
Systematisch betrachtet ist inzwischen der Schienenverkehr dem System Straße einfach unterlegen.
Die Kosten: obwohl massiv subventioniert, ist der Schienenverkehr ggü. dem Straßenverkehr preislich nicht konkurrenzfähig (egal ob Güter oder Personen). Streckenbau ist sehr viel teurer, weil die Rad-Schiene-Technologie nur geringe Steigungen bewältigen kann, was selbst in flachem Gelände oftmals Tunnels und Brücken notwendig macht - der Transrapid hätte da Abhilfe schaffen können, aber dessen Fahrwegsystem ist natürlich auch nicht wirklich preisgünstig.
Die Zeit (natürlich teilweise auch den Kosten zuzuschlagen): nur unter optimalen Bedingungen über genügend große Strecken kann der Schienenverkehr punkten (Bahnhof-zu-Bahnhof statt Haustür-zu-Haustür, ausgebaute exklusiv genutzte Hochgeschwindigkeitsstrecke), verliert dort aber gegen den Flugverkehr.
Die Umwelt: umwelttechnisch hat der Schienenverkehr seine Vorteile auch eingebüßt, weil der Straßenverkehr inzwischen in der Breite extrem schadstoffarm unterwegs ist. Auch die CO2-Bilanz der Schiene lässt zu wünschen übrig: pro transportierter Person verbraucht der ICE etwas über 3l/100km, da ist das mit zwei Personen besetzte Auto moderner Bauart (im Langstreckenverkehr ist die durchschnittliche Auslastung eines PKWs immerhin 1,8) schon im Vorteil, und die nächsten Fortschritte auf der Verbrauchsseite bei den PKWs lassen nicht mehr lange auf sich warten. Und pro qm Verkehrsfläche kann die Schiene auch noch weniger Transportleistung abwickeln, selbst bei guter Auslastung. Auch das Lärmargument sticht nicht, wie wohl jeder, der auch nur in der Nähe einer Bahnlinie wohnt, bestätigen kann.
Der Komfort: gegenüber straßengebundenen Massentransportmitteln (z.B. Reisebus im Fernverkehr) hat die Bahn keinen wirklichen Vorteil, während sie gegenüber dem Individualverkehr eine Menge Nachteile mit sich bringt. Jeder, der mal mit reichlich Gepäck in einem vollen Großraumwagen unterwegs war, wird verstehen, was ich meine.
Es gibt eine große Ausnahme: öffentlicher Nahverkehr im Ballungsraum. Da überwiegen die Vorteile des Schienenverkehrs, weil man eine zweite Verkehrsebene einziehen kann und damit das Platzverbrauchsargument entkräftet wird (zumal die gefahrenen Geschwindigkeiten relativ gering sind, so dass man die Zugfrequenz viel höher schrauben kann) - Untertageverkehr im großen Umfang ist mit Verbrennungsmotoren noch nicht wirklich gut handlebar, und die Flexibilitätsvorteile der Straße in punkto Streckennetz würden auch nicht ziehen.
Gruß, Steffen
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