Lieber Zettel, ich hab eigentlich noch kein Zwangsvollstreckungsrecht gehabt, aber: § 938 I lautet: „Das Gericht bestimmt nach freien Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind.“ Wenn also jemand glaubhaft macht, dass er einen Anspruch auf etwas hat und dass ihm größere Nachteile entstehen, wenn das Gericht nicht schnell etwas unternimmt, hat dieses einen relativ großen Spielraum. http://www.gesetze-im-internet.de/zpo/__938.html Einschränkend darf die Maßnahme nach der Rechtsprechung nicht über den Hauptausspruch hinausgehen, der Antragsteller darf also nicht mehr bekommen als im eigentlichen Prozess möglich gewesen wäre. Dieser Abgeordnete hat ja nur einstweiligen Rechtsschutz gesucht, das heißt, er suchte schnelle Hilfe, der eigentliche Prozess kommt noch. Ob er jetzt mehr kriegte, als er im Hauptverfahren verlangen konnte, weiß ich auch nicht. Man könnte ja argumentieren, dass er dort nur die Sperrung seines Artikels, nicht aber der ganzen Seite hätte verlangen können. Die wichtigere Einschränkung ist aber die Erforderlichkeit der Maßnahme. Diese muss nach der Rechtsprechung gegeben sein, auch wenn das ausdrücklich nicht im Gesetz steht. Wenn Juristen von „Verhältnismäßigkeit“ einer staatlichen Maßnahme sprechen heißt das, dass ein legitimer Zweck verfolgt werden muss, die Maßnahme zur Zweckverfolgung geeignet ist, erforderlich ist, das heißt, dass es keine ebenso wirksame Maßnahme gibt, die genauso effektiv ist und schließlich die Angemessenheit, es muss also der staatliche Eingriff in einem vernünftigen Verhältnis zu den erstrebten Vorteilen stehen. Hier wird von diesen vier Kriterien nur die Erforderlichkeit geprüft, es fragt sich also, ob nicht die Sperrung seiner Seite gereicht hätte. Das müsste doch technisch möglich sein, schließlich sperrt wikipedia ständig Beiträge. Wieso das nicht gemacht wurde, weiß ich auch nicht. Interessant ist aber noch § 945 der ZPO: „Erweist sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt.....so ist die Partei, welche die Anordnung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken.“ Wikipedia ist zwar kein kommerzielles Unternehmen, aber ein Schaden ließe sich sicher trotzdem konstruieren. Auf Verschulden soll es nicht ankommen. Mittlerweile bedauert Herr Heilmann übrigens auf seiner Website, dass der Eindruck von Zensur entstanden sei, er werde "gemeinsam mit Wikimedia e.V. nach anderen Wegen suchen, um den offenen und freien Charakter von Wikipedia so weiter auszugestalten, dass Persönlichkeitsrechte gewahrt bleiben." http://www.lutz-heilmann.info/
Viele Grüße, Chr.
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