Zitat von OmniDie meisten Aussagen sind weder wahr noch falsch.
Jede Aussage, lieber Omni, ist entweder wahr oder falsch. Tertium non datur. (Es hat Versuche einer mehrwertigen Logik gegeben; aber das klammere ich jetzt mal aus).
Eine andere Frage ist, ob wir es wissen, ob eine Aussage wahr oder falsch ist. Sehr oft wissen wir das in der Tat nicht.
Zitat von Omni"Herr X hat aufgehört seine Frau zu schlagen" kann wahr oder falsch sein oder schlicht eine unsinnige Aussage, weil Herr X niemals seine Frau geschlagen hat.
Hm, ich glaube, so funktioniert es nicht. Die Aussage ist genau dann wahr, wenn X aufgehört hat, seine Frau zu schlagen. Sie ist falsch, wenn das nicht der Fall ist. Da gibt es kein Problem.
Ein Problem - einen Klassiker der unfairen Rhetorik - gibt es allerdings, wenn man jemanden fragt: "Haben Sie aufgehört, Ihre Frau zu schlagen, ja oder nein?"
Der Arme kann weder "ja" noch "nein" antworten. Aber das hat nix mit Realität zu tun. Es liegt daran, daß man Fragen so formulieren kann, daß sie sich nur dann mit "ja" oder "nein" beantworten lassen, wenn man bestimmte Voraussetzungen akzeptiert. Wie gesagt, ein altes (in der Tat seit der Antike bekanntes) Mittel der unfairen Rhetorik.
Zitat von OmniGenauso kann die Aussage "Es gibt eine neoliberale Weltverschwörung" eine unsinnige Aussage sein.
Sie ist nicht unsinnig in dem Sinn, daß die Frage nach ihrem Wahrheitswert ein Scheinproblem wäre. Sie ist nur schwer zu belegen.
Zitat von OmniDie Strecken zwischen 3 Städten zu definieren, um Aussagen über die Relationen der Abstände zu machen, setzt einen Abstandsbegriff voraus, den ich erstmal einführen muss. Je nachdem welchen ich wähle, kann ich zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
Stimmt. Ein vielleicht noch eindrucksvolleres Beispiel ist die Messung der Länge einer Küste. Je mehr Buchten und Buchten innerhalb der Buchten man einbezieht, umso länger wird die Küste.
Desgleichen bei einer Grenze. Fraktale sind nun einmal, das ist ihr Wesen, geschachtelt.
Zitat von OmniBei dem Abstand werden wir noch so etwas wie einen "common sense" finden. Ob nun euklidischer Abstand oder mit Korrekturen durch die Krümmung der Erdoberfläche - wahrscheinlich werden alle Menschen ähnliche Abstandsbegriffe verwenden.
Sie wissen alle intuitiv, was sie meinen. Dennoch haben Sie Recht: Auch "Abstand" muß operationalisiert werden. Aber auch hier sehe ich eigentlich keinen Zusammenhang mit dem Konzept der Realität. Wenn man messen will, muß man Meßdimension und Meßoperation definieren. Eine ganz andere Frage ist es, ob man richtig oder falsch mißt.
Zitat von OmniAber was ist mit den Teilen unser Realität, wo wir nicht zu fast gleichen Antworten kommen? Was passiert, wenn wir uns von der wunderschön ästhetischen Welt der Mathematik mit ihren meist entscheidbaren Aussagen wegbewegen, von den naturwissenschaftlichen Versuchsaufbauten mit ihrem Drang nach Messgenauigkeit? Die restliche Welt ist weder ästhetisch noch messgenau.
Ästhetisch schon - würde ich behaupten wollen. Aber das ist nun allerdings sehr subjektiv. Es hat nix mit Realität zu tun, sondern mit meiner subjektiven Beurteilung.
Meßbar ist die Welt in hohem Maß. In höherem, als man jeweils denkt. Ich habe vorhin in einem anderen Beitrag die Auffassung vertreten, daß der Fortschritt der Wissenschaften zu einem großen Teil darauf basiert, daß wir immer genauer hingucken können. Überwiegend bedeutet das: Wir können immer genauer messen. Bis hin zu politischen Einstellungen. (Man kann, siehe die letzten US-Präsidentschaftswahlen, das Ergebnis einer Wahl auf weniger als einen Prozentpunkt genau vorhersagen, wenn man genügend viele Daten hat).
Zitat von OmniDie Frage, meiner Meinung nach, ist deshalb nicht ob wir wissen, ob die Aussage wahr oder falsch ist sondern ob wir zumindest wissen könnten, also ob die Aussage überhaupt einen Sinn macht.
Erinnern Sie sich, lieber Omni, an den letzten Satz des Tractatus Logico-Philosophicus?
Er hat mich (so wie auch der erste "Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge") als Primaner ungeheuer beeinflußt; sozusagen mein Weltbild geprägt.
Zitat von OmniDenn womit wir bei der Beurteilung der dreckigen Realität antreten, ist ein Werkzeugkasten von Deutungsmustern, die für kleine Menschengruppen geschaffen sind.
Wohl wahr. Daraus arbeiten "wir" uns heraus - seit der griechischen Aufklärung, dann der Renaissance und der europäischen Aufklärung.
Zitat von OmniVerschwörung? Hans und Franz intrigieren gegen den Anführer der Clique, Heinz. Julia lästert über Monika und setzt falsche Behauptungen in die Welt. Mit sowas kommen wir klar. Aber wenn wir jetzt die Frage stellen, ob es eine Verschwörung gibt, die weltweit Folgen hat und in die damit vielleicht Millionen Menschen verwickelt sind, dann ist das doch ein bischen so wie wenn sich zwei Blinde darüber streiten, ob eine Blüte blau oder gelb ist.
Zitat von OmniWie soll man eine solche Behauptung wie "es gibt eine neoliberale Weltverschwörung" also beweisen oder widerlegen?
Ganz einfach: Wer eine Behauptung aufstellt, der muß den Beweis antreten. Es ist nicht die Aufgabe dessen, der irgendeinen Schwachsinn nicht glaubt, ihn zu widerlegen.
Das scheint mir ein weitverbreiteter Irrtum zu sein, der viel mit Unkenntnis der Bayes'schen Statistik zu tun hat. Wer etwas behauptet, das eine geringe a-priori-Wahrscheinlichkeit hat, der muß entsprechend mehr Belege beibringen als derjenige, der etwas behauptet, das bereits gut belegt ist.
Ich höre immer wieder - gerade auch von Studenten - das Argument: "Ja, aber könnte es denn nicht sein ... (daß es Ufos gibt, daß Homöopathie hilft, daß es einen Sozialismus gibt, in dem alle frei und wohlhabend sind usw.)". Die Antwort ist einfach: Ja, es könnte sein. Nur kann man ja nicht etwas schon deshalb glauben, weil es möglich ist. Man darf es erst dann glauben, wenn es hinreichend belegt ist.
Zitat von OmniIst jemand, der schwarze und blonde Haare auf dem Kopf hat, blond? Für den Beweis dieser Aussage kann ich seine blonden Haare vorlegen, für die Widerlegung seine schwarzen.
Wo ist das Problem? Er ist offenbar dunkelblond (so, wie ich grau bin: Beim genauen Hinsehen ist kein einziges Haar grau, sondern jedes ist entweder weiß oder schwarz).
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