Zitat von OmniDie meisten Aussagen sind weder wahr noch falsch.
Jede Aussage, lieber Omni, ist entweder wahr oder falsch. Tertium non datur. (Es hat Versuche einer mehrwertigen Logik gegeben; aber das klammere ich jetzt mal aus).
Wie ich an den Beispielen versucht habe zu illustrieren hängt das davon ab, ob ich meine Aussage auf exakt definierte Begriffe zurückführen kann. Bei Aussagen über natürliche Zahlen mag das ohne weiteres möglich sein. Es wird allerdings problematisch wenn ich über Weltverschwörungen, Neoliberalismus oder eben die blonden Haare eines Menschen spreche. Definieren Sie "blond" als "Anzahl blonder Haare >= Anzahl schwarzer Haare", ist die Person vielleicht nicht blond. Sie kann trotzdem blond aussehen, wenn ihre Schwarzen Haare aus irgendeinem Grund nicht so ins Auge stechen. Nach welchem Kriterium wähle ich die Definition aus?
Ich stimme Ihnen zu, lieber Omni, daß die Wahl einer Definition oft arbiträr ist. Streng genommen ist jede Definition beliebig, denn sie bezieht sich ja nicht auf die Realität, sondern auf Begriffe, Variablen usw. Und vor allem Operationalisierungen.
Die Aussage: "Mit der Bahn reist man schneller von Köln nach Paris als mit dem Flugzeug" stimmt zum Beispiel, wenn man die Zeit meint, die man braucht, um vom Kölner Dom bis Nôtre Dame de Paris zu kommen. Sie ist falsch, wenn man die Fahrzeit des Thalys mit der Flugzeit von Köln-Wahn bis zum Flughafen Charles de Gaulle vergleicht.
Aber deswegen würde ich nicht sagen, daß die Aussage weder wahr noch falsch ist. Sie ist wahr, wenn man sie im einen Sinn meint und falsch, wenn man sie im anderen meint. Weder wahr noch falsch ist sie nie.
Zitat von OmniDa es nicht möglich ist, im wirklichen Leben alles, worüber wir sprechen, auf genaue Definitionen zurückzuführen, gibt es, scheint mir, im realen Leben eben doch Aussagen, die weder falsch noch wahr sind.
Es gibt Aussagen, die mißverständlich sind. Sehr viele sind es in der Alltags-Interaktion. Aber im Allgemeinen meint der Sprecher doch etwas, das entweder wahr oder falsch ist.
Es gibt auch Aussagen, deren Wahrheit nicht zu ermitteln ist, weil sie wertend sind, weil sie nicht operationalisierbar sind usw. Es gibt Aussagen, die in Wahrheit Aufforderungen sind. ("Sie stehen auf meinem Fuß!"). Insofern gebe ich Ihnen Recht.
Zitat von Omni
Zitat von ZettelErinnern Sie sich, lieber Omni, an den letzten Satz des Tractatus Logico-Philosophicus?
Wie soll man von der Welt schweigen, obwohl man eigentlich so wenig über sie wissen kann?
Aus meiner (kantianischen) Sicht kann man nichts und alles über sie wissen; je nachdem, wie man "Wissen" definiert. Von der Welt "als solcher" etwas zu wissen ist unmöglich, denn um etwas zu erfahren, brauchen wir unseren Erkenntnisapparat, der die möglichen Formen des Wissens vorgibt. Aber gegeben diese Einschränkung, können wir alles wissen, dh. der Erforschung der Welt sind keine Grenzen gesetzt.
Zitat von Omni
Zitat von ZettelDas scheint mir ein weitverbreiteter Irrtum zu sein, der viel mit Unkenntnis der Bayes'schen Statistik zu tun hat. Wer etwas behauptet, das eine geringe a-priori-Wahrscheinlichkeit hat, der muß entsprechend mehr Belege beibringen als derjenige, der etwas behauptet, das bereits gut belegt ist.
Und wer gibt a-priori-Wahrscheinlichkeiten vor? Und wie packt man, um mal bei der neoliberalen Weltverschwörung zu bleiben, sowas jetzt in Wahrscheinlichkeiten? In p von 100 Welten, in denen jemand behauptet dass es eine Verschwörung gibt, hat dieser jemand recht?
Sie haben Recht, die Ermittlung der a-piori-Wahrscheinlichkeit ist der Pferdefuß des Bayes'schen Denkens.
Wahrscheinlichkeiten kann man ja streng genommen überhaupt nicht empirisch ermitteln, nur relative Häufigkeiten, aus denen man auf Wahrscheinlichkeiten zurückschließt. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Ufo auf der Erde landet, ist also zunächst einmal deshalb gering, weil bisher alle derartige Behauptungen sich als nicht belegbar erwiesen haben.
Bei Verschwörungstheorien ergibt sich die geringe a-priori-Wahrscheinlichkeit daraus, daß es bisher für jede von ihnen so gut wie keine Belege gibt. Die bisherige evidence ist gering und begründet damit eine geringe a-priori-Wahrscheinlichkeit. Entsprechend starke neue Belege wären nötig, umd die Theorie hinreichend zu stützen.
Hätte zum Beispiel jemand das Protokoll einer Sitzung publiziert, in der Neoliberale aller Länder sich trafen, die Beherrschung der Welt verabredeten und das feierlich unterzeichneten; würden des weiteren mindestens, sagen wir, zehn Teilnehmer dieser Sitzung die Richtigkeit des Protokolls beeiden - dann hätten wir doch immerhin einen Anfang.
So, wie die a-priori-Wahrscheinlichkeit für Ufos sich schlagartig erhöhen würde, wenn auch nur ein einziges vor dem UNO-Gebäude in New York landen und eine Delegation von Aliens aussteigen würde.
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