Zitat von ZettelAlso "Vorurteile" abschaffen, das geht nicht. Es würde auch eine Gesellschaft sprengen, wenn sie keine gemeinsamen Stereotype mehr hätte.
- Das ist eine interessante These. Diese wirft aber einige Probleme auf: Wer bestimmt, welche "gemeinsamen Stereotype" akzeptabel sind? Können Vorurteile gar Staatsraison sein (Die Linken werfen ja der Bundesregierung vor, hinsichtlich der israelischen Politik ein solches stereotyp zu pflegen, nämlich sie immer als gut zu bewerten)? - Welche Aufgabe kommt dabei den Meinungsbildnern zu? Sollen sie Stereotype eher widerlegen oder eher fördern? - Gibt es prinzipielle Unterschiede bei Stereotypen? Harmlose Stereotype (Unrasierte Achselhöhlen bei Frauen sind ungepflegt) vs gefährliche Stereotype (Juden sind geldgierig und verschlagen)?
Es fällt mir, lieber Petz, schwer, diese Fragen zu beantworten. Stereotype gibt es halt; so wie unsere ganze Kognition durch Schemata geordnet wird. Es ist eine questio facti. Die Frage, wie es sein sollte, erscheint mir kaum beantwortbar.
In gewisser Weise sind zum Beispiel Stereotype immer Teil vielleicht nicht der Staatsräson, aber des Selbstverständnisses eines Staats. Die USA - the land of the free, die Wiege der Demokratie usw. In Frankreich spielen die Sprache, die Kultur eine ähnliche Rolle für das Autostereotyp.
Zitat von Meister PetzUnd zuletzt die wichtigste Frage: Gibt es einen Unterschied zwischen einem Stereotyp und einem Ressentiment? Ich würde behaupten, ja.
Mit einem Stereotyp würde ich eine Art "vorläufige Verallgemeinerung" bezeichnen. Ich sehe eine Tendenz, bin aber bereit, Einzelfälle als von der Regel abweichend zu akzeptieren. Auch bin ich ohne Umschweife bereit, mein Stereotyp aufgrund anderer Erfahrungen zu korrigieren.
Ein Ressentiment dagegen ist keine vorläufige Verallgemeinerung, sondern eine apriorische. Abweichende Einzelfälle werden zur Legitimation ("Ich darf das sagen, weil sogar einige meiner besten Freunde Juden sind) oder Stützung desselben ("einige meiner besten Freunde sind Juden, und die sagen genau das Gleiche") herangezogen. Andere Erfahrungen dienen nicht als Korrektiv, sondern ich interpretiere sie Fakten so lange in meinem Sinne, bis der Widerspruch verschwindet.
Das Stereotyp würde ich als normales Denkmuster moralisch neutral bewerten. Es dient dazu, Erfahrungen und Informationen einzuordnen. Das Ressentiment dagegen ist unmoralisch und auch unvernünftig, weil ich nicht mehr nach bestem Wissen und Gewissen urteile.
Ich kann dem zustimmen, obwohl ich dazu tendiere, den Begriff des Ressentiments in einem engeren Sinn zu verwenden, wie das Nietzsche getan hat: Als eine Reaktion der Schlechtweggekommenen, die sich für ihre eigene, von ihnen als unbefriedigend empfundene Situation durch Neid, durch Haß auf diejenigen rächen, denen es besser geht.
Es ist da also Affekt im Spiel, während das Stereotyp auch affektiv ganz neutral sein kann. Sagen wir, der leichtlebige Franzose oder der gefühlsselige Russe.
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