Zitat von Floriansicher war das ein Formfehler von Glos. Faktisch wird aber schon seit Jahrzehnten so verfahren.
Ja, leider. Ich habe versucht,mich zu erinneren, wann das eigentlich einriß. Jedenfalls bin ich ziemlich sicher, daß es das bis einschließlich den Kabinetten Kohl nicht gab.
Natürlich handelt der Kanzler mit den Parteien die Besetzung der Ministerien aus. Das hat auch Adenauer schon so gemacht, der zB die FDP damit zufriedenstellte, daß er Blücher zum Vizekanzler berief (dh genauer Heuss vorschlug) - ohne sonstiges Ministerium. Und es wurden sogenannte "Minister ohne Geschäftsbereich" berufen, auch "Minister für besondere Aufgaben" genannt. Der "Spiegel" zog das zu der treffenden Bezeichnung "Minister ohne besondere Aufgaben" zusammen.
Aber das letzte Wort hatte eben der Kanzler. Alles andere entspricht nicht dem Grundgesetz. Minister werden nicht von Parteien ins Kabinett entsandt, sondern sie werden vom Kanzler vorgeschlagen und vom Präsidenten ernannt.
Zitat von FlorianIn allen Koalitionsverträgen (auch auf Landesebene) wird regelmäßig festgehalten, dass die Koalitionspartner über ihr Personal selbst bestimmen. Das finde ich grundsätzlich auch ok. Immerhin sind diese Posten für den internen Interessenausgleich einer Partei wichtig. Würde z.B. Merkel freihändig alle SPD-Ministerposten an den "Seeheimer"-Flügel der SPD vergeben, dann würde wahrscheinlich der linke SPD-Flügel dagegen rebellieren - was für die Stabilität der Koalition nicht gut wäre. Es liegt daher auch in Merkels Interesse, dass Ihre Minister von ihren jeweiligen Koalitionspartnern ausgesucht wurde.
Es liegt, lieber Florian, in ihrem Interesse, solche Faktoren bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen. Aber es ist meines Erachtens ein Unding, daß ihr durch den Koalitionsvertrag ein fundamentales Recht ihres Amtes faktisch genommen wird.
Das hat weitreichende Folgen, wie wir am jetzigen Beispiel sehen. Ein Minister ist nicht primär vom Vertrauen des Kanzlers abhängig, wie das GG es vorsieht, sondern von dem seiner Partei. Ein Regionalpolitiker in München entscheidet darüber, wer für die deutsche Wirtschaftspolitik verantwortlich ist. Absurd.
Zitat von FlorianWobei man sich in der Tat fragen sollte, warum ein solches (absolut internes) Schreiben innerhalb von Stunden seinen Weg an die Öffentlichkeit findet - ebenso wie die Antwort.
Vielleicht wollte man, wie heute die "Welt" spekuliert, Seehofer seinen großen Auftritt auf der Sicherheitskonferenz vermiesen.
Zitat von FlorianDer Wirtschaftsminister war in den letzten Jahrzehnten noch nie so wichtig wie jetzt. Zum Wohledes Landes sollte das Amt daher stark besetzt sein.
Wenn die Kanzlerin wirklich, wie behauptet wird, "Glos' Rücktrittswunsch ablehnt", dann handelt sie gegen die Verantwortung ihres Amtes. Man kann in einer solchen Krise nicht einen Minister weiterwurschteln lassen, der nicht mehr will. DAs ist noch absurder als der Vorgang selbst.
Welches Gewicht soll dieser Mann zum Beispiel dann noch bei internationalen Verhandlungen haben (es war eh nie groß)? Welche Stimme hat er noch, wenn über Maßnahmen gegen die Krise entschieden wird? Ebenso könnte er dann nach Mallorca in den Urlaub fliegen und seinem Staatssekretär die Geschäfte überlassen.
Kurz, lieber Florian: Wenn ein Minister, wie man früher sagte, "seinen Hut nimmt", dann hat auch ein Kanzler das aus meiner Sicht zu respektieren. Mir ist aus der ganzen Geschichte der Bundesrepublik kein einziger Fall bekannt, wo ein Minister zurücktrat und der Kanzler es ablehnte, daraufhin dem Präsidenten vorzuschlagen, den Betreffenden zu entlassen.
Oft haben Minister ihren Rücktritt angeboten, und das wurde abgelehnt. Das ist etwas ganz anderes. Angeboten haben Minister den Rücktritt meist entweder, um damit eine bestimmte Entscheidung zu erzwingen (sie wollten also gar nicht zurücktreten; Schon unter Adenauer war Fritz Schaeffer ein Meister darin), oder weil sie die Verantwortung für einen Fehler oder eine Affäre übernehmen wollten (Wörner zum Beispiel im Fall Kießling).
Dann allerdings ist es Sache des Kanzlers, zu entscheiden, ob das Angebot angenommen wird. Aber wenn jemand schlicht zurücktritt, dann ist das dessen Entscheidung, und die hat man zu respektieren.
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