Zitat von FlorianIhre Aufregung über den aktuellen Fall ist in sofern verständlich, weil Glos der erste ist, der das offizielle Prozedere nicht einhält. Sein Brief an Seehofer IST eine Stillosigkeit, da haben Sie schon recht.
Nur habe ich das nicht behauptet.
Es ist keine Stillosigkeit. Sondern Glos hat (vielleicht ja mit einem leise ironischen Unterton, das traue ich ihm zu) nur das berücksichtigt, was der Fall ist: Nicht die Kanzlerin hat das Vorschlagsrecht (gegenüber dem Präsidenten nämlich), sondern der Koalitionsvertrag hat ihr dieses Recht faktisch genommen und es auf die jeweilige "entsendende" Partei übertragen, also zuerst deren Vorsitzenden. An diesen hat sich ergo Glos, völlig korrekt, gewandt.
Eben wurde auf Phoenix die Pressekonferenz des Regierungssprechers Wilhelm übertragen. Er hat zu der Möglichkeit Stellung genommen, daß man bis zu den Wahlen das Wirtschafts- mit dem Finanzministerium hätte zusammenlegen können. (Was sehr vernünftig gewesen wäre; zumal ja Steinbrück faktisch eh schon die Wirtschaftspolitik bestimmt). Dazu die Stellungnahme von Wilhelm: Das sei überhaupt nicht möglich, denn der Koalitionsvertrag - er hat das dann im einzelnen zitiert - regle verbindlich, welche Partei welche Ministerien besetzen dürfe.
Deutlicher, lieber Florian, kann man eigentlich diese Absurdität, diese Abkehr vom Geist des Grundgesetzes kaum illustrieren, über die ich mich zwar nicht aufrege, die ich aber anprangere.
Zitat von FlorianInhaltlich wird aber seit Jahrzehnten so verfahren, dass es Koalitionsverträge gibt und dass die Koalitionspartner über ihr Personal selbst entscheiden.
Genau diese Fehlentwicklung ist es ja, die ich anprangere. Hans-Dietrich Genscher hat dazu 2001 in der FAZ einen Aufsatz geschrieben, an dessen Text ich nur noch nicht herangekommen bin. Vielleicht finde ich ihn noch
Zitat von FlorianDas war aber schon immer so.
Es war eben nicht schon immer so, lieber Florian. Die erste schriftliche Vereinbarung überhaupt gab es erst 1961, also zu Beginn der Vierten Legislaturperiode. Das war aber noch kein Koalitionsvertrag im heutigen Sinn. Wie es genau, und in welchen Etappen, zu der jetzigen Fehlentwicklung gekommen ist, das habe ich noch nicht herausgefunden. Falls jemand es weiß, bin ich für Hinweise dankbar.
Zitat von FlorianDass aber die Koalitionsparteien ein Interesse daran haben, sich vorab darüber klar zu werden, was man erreichen will, ist doch verständlich.
Ja natürlich. Das hat auch Adenauer schon 1949 schon so gehandhabt; ich habe es ja auch in einem andern Beitrag schon geschrieben: Man einigt sich auf einer allgemeinen Ebene über die Ziele, die man gemeinsam erreichen will.
Das ist etwas völlig anderes als ein 130seitiges Vertragswerk, das massiv in die Richtlinienkompetenz des Kanzlers eingreift. Bis hin zu der jetzigen Situation, daß man nicht zwei Ministerien vorübergehend zusammenlegen kann, weil das der "Koalitionsvertrag" nicht vorsieht.
In einer normal funktionierenden Republik hätte man alternativ zum Beispiel auch das Amt des Wirtschaftsministers mit einem fachlich qualifizierten CDU-Mann besetzen können. Aber das geht nicht, weil das Ministerium ja ein Erbhof der CSU ist. Also zieht dort jetzt ein Mann ein, dessen Gebiet die Außen- und Sicherheitspolitik ist. Sehr vertrauenerweckend, auch international.
Nur von der CSU ist er. Und dort aus der richtigen Region. Also für das Amt qualifiziert.
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