Glos ist kein Erhard und ob Guttenberg es werden könnte, ist die Frage. Das rheotorische und intellektuelle Potential hat er und es gelingt ihm auch, wenn er die Distanz aus seiner Herkunft überwinden kann.
Was machte eigentlich die Wirkung von Ludwig Erhard aus?
War es Konzeption eines liberalisierten Marktes mit einer unsichtbaren Hand? Die Hand mag unsichtbar gewesen sein, die Gusche war es nicht. Dieser alte Artikel im Spiegel beschreibt eigentlich recht gut seine Vorgehensweise
Erhard nahm sehr wohl und sehr gezielt Einfluß auf Erzeuger und Verbraucher. Er war sich der Macht des Wortes sehr bewußt. In der Außenpolitik und bei Auslandsaufenthalten war diese Macht leider größer als sein Bewußtsein, in welcher Richtung sich diese Macht auswirkt, aber was die deutsche Binnenwirtschaft anging, hat er die ersten Jahre fast immer richtig formuliert und reagiert.
In Antwort auf:deren meist mysteriös-exakte Erfüllung dem Volkswirtschaftler Erhard ein Odeur verschaffte, um das ihn jeder afrikanische Medizinmann beneiden würde. Auf die Frage, wieso er damals und in den folgenden Jahren seine Prognosen (s. Graphik) mit solcher suggestiven Festigkeit abgeben konnte, nimmt Ludwig Erhard heute feierlich die Zigarre aus dem Mund, denn es geht hier an den Kern seiner stark gefühlsbetonten Wirtschaftspolitik, und verkündet: "Weil ich es tief im Herzen wußte. Ich wäre ja ein Scharlatan gewesen, wenn ich nicht selbst daran geglaubt hätte." ..... Es konnte mit tödlicher Sicherheit nicht schiefgehen. Was man oft als meine Sturheit ausgelegt hat, war doch die wissenschaftliche Erkenntnis, daß alles so verlaufen muß, wenn wir uns richtig verhalten, und ich durfte mich durch nichts davon abbringen lassen.
Hier und in anderen liberalen Foren klang ja öfters die Frage an, welchen Nutzen der Wirtschaftsminister denn noch hätte. Wenn es ein Mensch vom Format von Ludwig Erhard ist, hat der Wirtschaftsminister eine Bedeutung. Wenn er sich dessen bewußt ist, was Ludwig Erhard in der Gedenkrede zum 10. Geburtstag von Ludwig Oppenheimer aussprach
In Antwort auf:Mir ist im Bundestag zuweilen vorgeworfen worden: »Können Sie das, was Sie da gemacht haben, mit ihren theoretischen Grundüberzeugungen in Einklang bringen?« Darauf konnte ich nur antworten, daß ich um meine Sünden weiß, aber wichtig wäre dabei, daß, wenn man schon sündigen muß, sich dessen auch bewußt ist, wann und in welchem Ausmaß das geschieht. Und das eben habe ich immer gewußt; ich habe es auch immer wieder ausgesprochen.
Auch meine Einstellung zur Macht hat ihre Wurzel in der Ethik Franz Oppenheimers. Ich meine dabei nicht nur die wirtschaftliche Macht, ich meine auch die politische Macht. Nicht, daß ich an die Verbrechen einer tragischen Vergangenheit erinnern möchte - nein, hier handelt es sich um ein modernes gesellschaftspolitisches Problem überhaupt. Natürlich weiß jede Zeit um die ihr gemäßen Mittel. Ich kann Ihnen aber nicht sagen, wie oft mir Oppenheimer gegenwärtig und lebendig war, als ich vor Entscheidungen stand, die nach der herkömmlichen Meinung und nach der Interessenlage der einzelnen Gruppen nicht gerade immer populär anmuteten. Sie haben sich aber zuletzt doch immer als richtig erwiesen.
Meine Damen und Herren! Macht! - ja ich sage immer: wer Macht besitzt und dazu rechtschaffen ist, wird fast demütig sein vor den Möglichkeiten, die ihm die Macht an die Hand gibt. Man wirft mir ja allenthalben vor, daß ich kein richtiges Verhältnis zur Macht hätte. Nun, ich möchte das anders ausdrücken: Ich habe kein Verständnis für den Mißbrauch der Macht und gehe deshalb damit pfleglich um. Ich glaube zudem, daß es zu einer guten Politik gehört, zu verhindern, daß Machtpositionen sich überhaupt ausprägen können, daß Macht gegen Macht ausgespielt wird.
Dieses Bewußtsein ist bei vielen heutigen Politiker und anderen Akteuren nicht vorhanden und dann wundern sie sich über die Wirkungen des bedenkenslosen Reden und seine wirtschaftlichen Auswirkungen. Das Bewußtsein der Macht des gesprochenen Wortes ist auch bei den heutigen Liberalen kaum vorhanden. Sie glauben, mit ein paar Reformen hier und ein paar Reformen da würde die Wirtschaft schon zum Gleichgewicht finden. Nur nicht den Menschen zu nahe treten, denn das können sie meistens nicht, an Menschen herantreten. Deshalb glauben sie ja so an die unsichtbare Hand und die Eigenverantwortung und nicht an die hörbare Gusche, die dieser Franke einfach hatte.
Hinzu kommt ein sehr persönliche Eigenschaft. Dieser Mann hatte das, was man früher Gottvertrauen genannt hätte
In Antwort auf:Erhard fuhr zu dieser Zeit noch seinen alten Maybach, als, ihn eines Tages aufgeregt winkend ein anderer Wagen überholte. Fahrer Stadler stoppte, stieg aus. Aus dem Benzintank schossen helle Flammen. Stadler löschte, stieg dann wieder ein und berichtete dem Chef.
Erhard: "Ich hab's gemerkt. Mir ist die ganze Zeit schon so heiß gewesen."
Stadler: "Das hätte bös ausgehen können. Wenn der Benzintank nun explodiert wäre."
Erhard: "Da wär' mir nix passiert. Das wär' doch alles hinter mir losgegangen."
Der Wirtschaftsminister nahm diese Schläge kompakten Mißtrauens nicht anders als jenen Überschlag, mit dem Chauffeur Stadler ihn auf einer Fahrt nach Hannover samt dem Mercedes 300 im Straßengraben aufs Kreuz legte.
Chauffeur Stadler hatte sich noch nicht ganz aus dem Wagen gezwängt, da stand Erhard schon neben ihm, klopfte gelassen die Zigarrenasche von den Revers und sagte nur: "Da, meine Zigarre is ausgangen. Geben's mir Feuer. Und dann wollen wir schauen, daß wir weiterkommen. Ich muß da reden." Stoppte ein vorüberfahrendes Auto und hielt anderthalb Stunden später die Eröffnungsansprache auf der Hannoverschen Messe.
"Der Mann hat ein penetrantes Glück gehabt", ist heute bei vielen Freunden und Feinden die billige Erklärung dafür, daß ein Mann allein eine Nationalwirtschaft so beeinflussen konnte.
Das ist nicht Glück, das ist das Bewußtsein, daß er eine Mission zu erfüllen hatte und das diese Mission noch nicht erfüllt ist. Das brauch man eben auch, um erfolgreich zu sein.
Von Ludwig Erhard kann man immer noch lernen. Wenn man seine Briefe und seine Reden liesst. Und nicht seine Bücher, in denen seine Persönlichkeit gar nicht zum tragen kommt.
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