In Antwort auf:Die Geschichte zeigt, wenn auch etwas diffus, daß, wenn man den Menschen die Möglichkeit gibt, sich über "den Rest", "die Masse" etc. moralisch zu erheben, was dem Menschen ein sehr grundliegendes Bedürfnis zu sein scheint, dies auch meistens wahrgenommen wird.
gestatten sie mir eine etwas detailierte Kritik. Nehmen sie es bitte nicht persönlich. Ich denke nämlich nicht, daß es "den Menschen" gibt und von daher kann es auch kein "grundliegendes Bedürfnis" geben, sich über die Masse moralisch oder sonstwie zu erheben. Es ist auch mitnichten der Fall, daß die Herrschsucht gleichmässig über alle Menschen aller Kulturen gestreut ist und es trifft auch nicht zu, daß es nach dem Krieg in der von der gesamten freiheitlichen Welt hoch angesehenen BRD allzu leicht war, einen Aufhänger dafür zu finden, sich über "die Masse" moralisch zu erheben. Sie insistieren anscheinend auf den angeblichen Antifaschismus der damaligen neuen Linken. Götz Aly hat denselben umfassend demaskiert und ich kann sein Urteil durch meine Erfahrungen nur bestätigen.
Wie Sloterdijk sagte, dient der nachträglich konstruierte Antifaschismus rein der Selbstamnestie einer Reihe der damaligen linken Subkultur entprungener und zu Rang und Namen gekommener Politiker, Medienfuzzis und Intellektueller. Die von diesen Leuten verbreiteten Mythen bestimmen heute das Bild von der damaligen Jugend. In Wirklichkeit trat der Antifaschismus damals deutlich gegenüber der revolutionären Zielsetzung zurück. Um Kommunismus und Sozialismus ging es den damaligen Jungspunden!
Ich würde auch die Bedeutung der Generation 68 auch nicht überbewerten. Einzelne Wichtigtuer konnten den ein oder anderen Auftritt im Fernsehen ergattern, wilde junge Männer mit langen Mähnen konnten sich zum Schreckgespenst aller Eltern entwickeln und attraktive junge Kommunardinnen zogen sicherlich auch das Interesse der Männer auf sich, jedoch von sich moralisch über "die Masse" erheben zu reden, halte ich für übertrieben.
Mit der marxistischen Entwicklung war die Erfolglosigkeit der "Bewegung" sozusagen endgültig vorprogrammiert. Zugegeben, aus Cohn-Bendit und Ströbele wurden bekannte Politiker. Dennoch sind selbst in dieser Partei die späteren Generationen quantitativ und qualitativ stärker repräsentiert. Im öffentlich wahrgenommenen Problembewusstsein jedoch nicht.
Bei der Gelegenheit möchte ich noch ein anderes Mißverständnis ausräumen. Es betrifft das Moralisieren. Natürlich neigten die damaligen Revoluzzer auch zum Moralisieren. Das soll nicht bestritten werden. Allerdings war das Moralisieren offiziell verpönt. Es gab sogar eine eingebaute Selbststeuerung in der linken Subkultur. Insbesondere die linken(!) Profs disziplinierten die linken Studenten in diesem Sinne. Die damaligen Revoluzzer verfolgten keinen moralischen, sondern einen wissenschaftlichen Ansatz. Der von Friedrich Engels gefeierte "wissenschaftliche Sozialismus" kam ihnen entgegen, weil er dem Anspruch zu genügen schien. So verwendete Karl Marx den Begriff Ausbeutung auch nicht im moralisierenden Sinn der Lafontaine und Wagenknechts, sondern er glaubte mit der Arbeitswertlehre tatsächlich den Aspekt der privaten Aneignung gesellschaftlich produzierten Mehrwerts bewiesen zu haben.
Die angebliche Wissenschaftlichkeit der eigenen Parolen, was die Überlegenheit des eigenen Glaubens meint, dient einzig dem Willen, seine eigenen Willen über den der Mehrheit zu stellen. Erst mit dem Zusammenbruch des Marxismus verlor es sich zugunsten höherer Instanzen und schlussendlich dem Geduselm von der Gerechtigkeit. Damit erst gewann das Moralisieren die heute bekannte Bedeutung. Die damals noch vorhandene Selbststeuerung gibt es nicht mehr. Aber vielleicht ändert es sich mit den Anstrengungen, welche die Linkspartei zur Verankerung des Marxismus unternimmt. Dann wird der Sozialismus ganz gewiss wieder wissenschaftlich werden. Es wird dann auch wieder ganz offiziell nur die eine Wahrheit geben, in deren Namen Millionen Menschen gemordet wurden und es immer noch werden.
In Antwort auf:Nun, wenn sie vom Willen beseelt sind etwas wundervolles für die Menschheit zu leisten, wie etwa sie von den Fesseln der Unterdrückung, auch allen Zwängen insgesamt zu befreien, ein neues goldenes Zeitalter anzubrechen, ich frage Sie, sind da nicht alle Mittel recht?
In der Tat wurden und werden die größten Verbrechen stets im Namen des Guten begangen. Doch korrespondiert den Erlösungsphantasien stets auch die Darstellung des Bösen, also die Gesellschaftskritik genannte völlig überzeichnete Darstellung tatsächlicher oder angeblicher Mißstände. Der Kampf für das Gute kann durchaus hinter der sogenannten Kritik als dumpfe Ahnung kommender Erlösung von dem Bösen zurückstehen. Seit Marx ist dem auch so, dh. die Gesellschaftskritik erfolgt wesentlich detailierter, als die Präsentation der "konkreten Utopie".
Und dafür gibt es auch einen guten Grund. Ich möchte es am Beispiel des Machtmenschen Karl Marx erläutern. Im Gegensatz zu den sich gerade mit der detaillierten Darstellung der Utopie angreifbar gemacht habenden sogenannten sozialistischen und kommunistischen Vorgänger verlor sich Karl Marx auf vage Andeutungen seiner Utopie, welche er, völlig losgelöst des eigenen Wollens, zum Resultat des mit geradezu naturgesetzlicher Notwendigkeit verlaufenden Geschichtsprozeß erklärte. Betrachten wir das Ganze Machttheoretisch. Derart ist es durchaus von Vorteil durch Vorenthaltung seiner eigenen Ziele dieselben gegen Kritik zu immunisieren und sich auf die grosse Anklage der Mißstände zurückzuziehen. Man wird derart selbst unangreifbar.
Dennoch wurden alle am Marxismus ausgerichteten Strömungen der linken Subkultur im Verlauf der Geschichte angreifbar, weil der Marxismus auf Praxis drängt, die somit entsteht, sowohl im blutigem "Klassenkampf" und insbesondere in den sozialistischen Ländern. Das freiheitsfeindliche Wesen des Marxismus und mit ihm des übrigens in der Wolle antisemitisch gestrickten Sozialismus schlechthin lässt sich bereits auf theoretischer Ebene nachweisen, doch wirkt die Praxis auf alle Beteiligten überzeugender.
Angreifbar wird die bundesrepublikanische Linke nämlich wieder seitdem die Linkspartei zur vorherrschenden Strömung wurde. Die hohe Zeit der sich des Mittels der Anklage ökologischer und bürgerrechtlicher Sünden bedienender Postlinken ist längst Vergangenheit. Das sich die Dinge derart entwickelt haben, ist für uns freiheitliche Kräfte von nicht zu unterschätzendem Vorteil, denn dieser Linken korrespondiert eine Praxis aus deren Verantwortung es ihr niemals gelingen wird zu entkommen. Es ist die Praxis uneinlösbarer Versprechungen, der wirtschaftliches Versagen, Freiheitsberaubung, Mauer und Todesschützen notwendig folgen.
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