Die "Gutwilligen, die uns vor den Risiken des Lebens bewahren wollen", wie Sie so trefflich schreiben, bereiten auch mir immer größere Sorge. Die merkwürdige Haltung, anderen die eigenen Vorstellungen aufzuzwingen, habe ich nie so recht begreifen können. Wie Sie in Ihrem Tagebucheintrag ebenfalls betonen, sind die Gutwilligen nämlich nicht immer auch Nachdenkenswillige, denn dann müsste ihnen auffallen, dass noch nicht einmal die Internierung in Gefängnissen und Lagern entschlossene Menschen davon abhalten kann, sich Waffen zu besorgen, wie etwa die Geschichte des KZ Buchenwald oder die des Hochsicherheitstrakts zu Stammheim zeigt. Der seltsamen und für mich nicht nachvollziehbaren, aber offenbar weit verbreiteten Lust, seine Mitmenschen zu bevormunden, zu gängeln und zu schulmeistern, kommt ein Geschehen wie dem in Winnenden offenbar sehr entgegen. Besonders leicht geht nach meiner (allerdings sehr eingeschränkten) Erfahrung die Forderung nach schärfsten Kontrollen der Schützenvereine denjenigen über die Lippen, die noch nie eine Waffe in der Hand gehabt haben und von der Freude, eine anvisierte Zielscheibe tatsächlich im Zentrum zu treffen, nichts wissen. Analoges gilt im übrigen auch für die sogenannten "Killerspiele". "Was mich nicht interessiert, braucht auch niemanden anders zu interessieren", scheinen sie zu denken. Vielleicht sollten wir uns im Gegenzug dafür stark machen, Angelvereinen ihre Fanggeräte zu entziehen, denn das Ziel ihrer angeblich so friedlichen und beschaulichen Mitglieder besteht bekanntlich darin, lebendige Gottesgeschöpfe auf besonders heimtückische und qualvolle Weise um die Ecke zu bringen. Und möglicherweise lernt man dort auch, Menschen zu ködern, sie an der Angel zappeln zu lassen und Fischzüge an der Börse zu unternehmen.
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