Zitat von FTT_2.0In Südtirol ist deutsch zweite Amtssprache. Ich glaube, dass das dem Wohlergehen des Gemeinwesens besser dient als die Alternative. Und es ist bei weitem nicht so, dass alle Südtiroler Italienisch können.
Südtirol ist, lieber FTT, aus meiner Sicht ein anderer Fall als die Beispiele aus Frankreich, die wir bisher diskutiert haben.
Die Bretagne, Korsika, Okzitanien gehören seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden zu Frankreich; auch das Elsaß hat eine lange "französische" Geschichte, die bis ungefähr 1700 zurückreicht. Die beiden noch heute bestehenden DépartementsHaut-Rhin und Bas-Rhin wurden 1790 geschaffen.
Südtirol aber hatte nie zu Italien oder einem italienischen Staat gehört, bis es nach dem Ersten Weltkrieg von den Siegermächten Italien zugesprochen wurde; und zwar aufgrund eines Versprechens, das man während des Kriegs Italien gegeben hatte, um es zum Kriegseintritt auf der Seite der Westmächte zu veranlassen. Es war eine blanke Annexion; eine grobe Verletzung des von Wilson großspurig verkündeten Prinzips der Selbstbestimmung. Unter den Faschisten tobte sich dann der italienische Nationalismus mit einer brutalen Italienisierungspolitik aus; und das setzte sich nach 1945 fort.
Die jetzige Lösung ist, hoffe ich, nur eine Übergangslösung. Es gibt einen Proporz, fast so schlimm wie in Belgien; jede Funktion wird praktisch doppelt besetzt.
Zitat von FTT_2.0 In der Schweiz ist es doch genauso. Dort sind auch die wenigsten zwei- oder geschweige denn drei-bzw. viersprachig. Funktioniert die Schweiz schlechter als Frankreich?
Die Schweiz, lieber FTT, ist in vielerlei Hinsicht ein Sonderfall. Es gibt einen starken Patriotismus, der das Zusammenleben trotz der verschiedenen Sprachen ermöglicht. Es gibt viele historische und auch konstitutionelle Eigenheiten, die man im einzelnen diskutieren müßte.
Zitat von FTT_2.0Würde Belgien besser funktionieren, wenn man wieder eine der drei Sprachen unterdrücken würde?
Ich sehe nicht, daß Belgien überhaupt jemals funktionieren wird. Es ist ein Kunststaat, dem genau dieser gemeinsame Patriotismus fehlt, der die Schweiz auszeichnet.
Ich habe mal in Brüssel, als ich beim Thalys umgestiegen bin, einen Beamten auf dem Bahnsteig auf Französisch etwas gefragt. Unfreundliche Reaktion. Mir kam der Gedanke, daß das vielleicht ein Flame ist. Also habe ich ihn auf Deutsch gefragt; und er war wie ausgewechselt.
Zitat von FTT_2.0Wie schon gesagt, zieht das Beispiel von Türken oder anderen Einwanderern hier nicht. Diese sind ja hierher gekommen und haben gewusst - bzw. man hätte sie darauf hinweisen müssen! - worauf sie sich einlassen.
Bei Beispielen kommt es halt immer auf das Tertium Comparationis an.
Mir ging es um den Hinweis, daß das Verbot, auf dem Schulhof eine andere Sprache als die Landessprache zu sprechen, nützlich zur Förderung der Verständigungsfähigkeit sein kann. In Berlin, aber auch im Elsaß.
Um es nochmal zu sagen, lieber FTT: Ich bin sehr für Regionalisierung; schon aufgrund des Subsidiaritätsprinzips. Ich bin dafür, daß jeder das pflegen können soll, was er als seine eigene Kultur ansieht. Aber es gibt in einem Staat auch die Notwendigkeit, minimale Grundlagen für eine Gemeinsamkeit zu entwickeln und aufrechtzuerhalten. Dazu gehört in der Regel die gemeinsame Sprache.
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