In Antwort auf:Und für die Widersprüche der iranischen Propaganda fehlen die Farsi-Kenntnisse. Hier beißt uns übrigens unser Integrationsproblem wieder in den Allerwertesten: Wir haben zwar seit Jahrzehnten jede Menge Iraner im Land, aber deren Deutschkenntnisse reichen oft nicht für gute Übersetzungen.
Eine weitere Schwierigkeit ist die zum Teil blumige und gestelzte Ausdrucksweise der Iraner bzw. in Farsi geschriebenen Texte. Im Wortlaut übersetzt, stimmt noch jedes Wort für sich, aber bei der Satzgestaltung kann sich schon wieder ein sinnverändernder Fehler einschleichen. Ich habe heute Deinen Text des Folterflyer mit dem verglichen was ich teilweise in Deutsch schon hatte, der im wesentlichen zwar gleich ist, aber dennoch schon wieder Abweichungen aufweist.
Was die sprachliche Integration angeht, ist es oftmals sogar so, daß die Perser Farsi vernachläßigt haben und besser Deutsch sprechen und schreiben, so daß von daher eine Übersetzung auch schwierig ist.
Aber interessant fand ich immer, daß die Perser, obwohl meist Muslime, hier in Deutschland wesentlich weniger Anpassungsprobleme hatten und haben, als beispielsweise die Türken. Und das ist sicher 1. eine Frage der Mentalität und 2. der Bildung bzw. vorhandener Ausbildung. Auch die zweite oder dritte Generation hat überwiegend keine Probleme unsere Bildungsmöglichkeiten (Pisa hin oder her) gut zu nutzen. Jedenfalls habe ich das so, oft beobachten können. Leider war es oft bei deren Eltern in den 70er/80er Jahren noch so, das ein Studium in Iran absolviert, hier nicht anerkannt wurde oder auch ausgebildete Ärzte bei uns Taxifahrer wurden.
Kaum einer der hier Transferleistungen (wie es auf Neudeutsch jetzt heißt) erhalten hätte.
Zur aktuellen Lage: Nachrichten bekommt man nur mühsam zusammen. Nach gestriger Recherche sind über 30 Tote bestätigt u.a. von Amnesty Int. Iran und von Bamdad Khabar - Nachrichtendienst Internetzeitung - veröffentlicht. (in Farsi) Und doch ist es wieder nur unter Vorbehalt, weil alle Meldungen gefiltert werden, so daß man seriöse Quellen nur selten findet. Zumal die Unruhen im ganzen Land stattfinden und nicht wie man uns hier berichtet nur in Teheran und ev. noch Isfahan und Shiraz. Nein, sie sind wirklich alle in Bewegung und was ein vollkommenes Novum für den Iran ist: es wird immer deutlicher, das allen voran die Frauen und Mädchen mit einem beispiellosen Mut mitmachen. (übrigens ca. 60% der Studenten im Iran sind Mädchen) Auch wenn sie später keine Ämter bekleiden dürfen. (bis jetzt)
Die meisten der Toten sind bei einem Überfall auf dem Campus-Gelände der Teheraner Uni zu verzeichnen, die von den paramilitärischen Kräften (Basibj) auf die wehrlosen Studenten geschossen haben.
Das sich Obama raushält und keine Meinung äußert wird allgemein von den Iranern sehr begrüßt, sonst würden die Mullahs die jetzige Stimmung wieder umfunktionieren auf den "bösen Amerikaner". Aber in allen iranischen Foren wird sehr wohl die Unterstützung aus Europa und deren Anteilnahme in den Foren registriert. Der Austausch findet regelmäßig statt. Auch Spiegel-online und N24 usw. versuchen in den Blogs Leute aus dem Iran, für Nachrichten und Zustandsberichte zu gewinnen. Alle Journalisten haben dort nur noch ganz eingeschränkte Möglichkeiten können fast nur gewollte Mitteilungen lancieren.
Heute ist bei uns zu lesen, das in Frankfurt auf das iranische Generalkonsulat in Frankfurt ein Brandanschlag verübt worden sei. Verletzt wurde niemand. Das ist wieder vollkommen indiskutabel und da tagsüber ca. 700 Iraner absolut friedlich demonstrierten, ist kaum anzunehmen das der Anschlag aus dieser Ecke kommt. Vermutlich haben Randalierer, die einer guten Sache immer abträglich sind, hier wieder ganze Arbeit geleistet. Ich hoffe, das es nicht im Vordergrund der Berichterstattung stehen wird.
Kurz noch eine Bemerkung zu den Teilnehmerzahlen der Demonstrationen im Iran. Entgegen den üblichen Mitteilungen sind es nicht ein "paar Tausend" man spricht mittlerweile von Millionen. In Teheran soll es gestern eine breite Menschenkette ohne Abstand, von über 10 km Länge gegeben haben, schreibt ein Iraner der erst zu Fuß mitmarschiert ist und später mit dem Auto die Strecke abgefahren hat.
Ich hoffe und wünsche ebenfalls, das es der iranischen Bevölkerung gelingt, sich Stück für Stück Freiheiten zurückzuerobern. Wie aber schon gesagt wurde, findet der eigentliche Machtkampf unter den Mullahs statt und genau diese Lücke, diese momentane Schwachstelle, kann das Volk jetzt nutzen, was sich daraus als weitere Forderungen ergibt und was sich umsetzen läßt, ist noch nicht abzusehen. Die immer wieder gerufenen Sätze: Allah ist groß ... usw. ist zwingend notwendig, damit die Mullahs im Aufbegehren des Volkes keine Religionsabtrünnigkeit hineininterpretieren können und damit soll es auch dem eigenen Schutz dienen.
Andererseits sind es eben die gleichen Bekundungen, die auch die Mullahs genutzt haben, als sie mit ihrer Revolution die Staatsmacht übernahmen. Das muß man wissen, wenn man die Demonstrationen verfolgt und die Sprechchöre nicht zuerst Freiheit und Demokratie fordern.
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