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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 36 Antworten
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Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"  
Llarian

Beiträge: 6.654

19.07.2009 15:09
Ein paar Anmerkungen und eine gänzlich andere Meinung Antworten

Lieber Zettel, lieber Eltov,

ich muss vorrausschicken, dass ich weder den Artikel von Mahr noch den von Parnas vorliegen habe. Aber ich denke man kann dennoch ganz grundsätzlich eine Reihe von Aussagen treffen bezüglich Komplexität, Fehlertoleranz, KI & Parallelismus. Ich muss mich vorher bei Eltov entschuldigen, denn ich halte einige von den eingeworfenen Argumenten für absolut falsch, ich bitte das trotzdem nicht als persönlichen Angriff zu werten, sondern nur als abweichende Meinung zu verstehen:

1. Zur Komplexität sind mehrere Sachen zu sagen. Zum einen ist es ad hoc nahezu unmöglich zu sagen, wie komplex das Problem überhaupt ist. Denn generelle Komplexitätsaussagen dürfen sich nicht auf eine konkrete Lösung, sondern müssen sich auf alle MÖGLICHEN (nicht denkbaren) Lösungen beziehen. Es ist (vergleichsweise) einfach eine Komplexitätsaussage zu einer konkreten Lösungsmethode zu machen, beispielsweise zum Multiplizieren von Matrizen. Der naive Algorithmus liegt innerhalb von n^3. Freilich kann man auch Strassen verwenden, dann hat man um die n^2.8. Und es geht noch schneller. Wie schnell ? Weiss man nicht, man weiss nur, es ist mindestens n^2. Was ein Unterschied wie Tag und Nacht ist. Und das ist ein einfaches und greifbares Problem. Wie ich eine Rakete auffasse ist weit offener. Nehmen wir an, ich wollte eine Rakete auf der Basis von Radardaten tracken. Das kann ich beispielsweise durch ein vollständiges Histogramm-basiertes Markov-Modell tun. Ich kanns auch als Partikel- oder Kalmanfilter realisieren. Wenn ich ersteres tue, brauche ich nur die Diskretisierung hoch genug zu drehen und schon fliegt mir die Komplexität um die Ohren. Wenn man Problem als Kalman-Filter lösbar ist (ist übrigens die gängige Methode), kann das nicht auftreten. Und schon habe ich bewiesen, dass das Problem viel zu schwer ist. Und trotzdem gelöst werden kann.
Zum anderen sind Komplexitätsaussagen für exponentielle Probleme auch sehr, sehr mutig. Denn bei den allermeisten Problemen, die wir heute als exponentiell lösen, wissen wir es einfach nicht. Kein Mensch weiss wie schwer Primfaktorzerlegung wirklich ist.
Und drittens sind das alles nur Komplexitätsbetrachtungen für das Optimum. Die ganze Geschichte sieht anders aus, wenn ich anfange zu approximieren. Es sind tausende Probleme bekannt, deren exakte Lösung unglaublich schwer ist, die sich aber super approximieren lassen. Das berühmte und vielzitierte Problem des Handlungsreisenden ist übel schwer (NP-Hart im starken Sinne). Und lässt sich super approximieren. Vielleicht treffe ich die Rakete nicht genau in ihrem Kopf, aber 10 cm dahinter wär für mich okay.....

2. Zum Fehler in Programmen sei gesagt, dass ich Eltov zustimme, beweisbare Programme sind bei weitem nicht in der Lage solche Probleme zu lösen. In meinem ersten Semester mussten wir Beweise für 10-Zeiler stricken, da kann man schon irre Zeit mit verbringen. Braucht man aber auch nicht, weil man einen ganz anderen Weg ist und das sind Fehlertoleranzen. Der Code wird schlicht fehlertolerant programmiert. Das erreicht man durch parallelen Code, unterschiedliche Methoden, intensives Testen, mehrere Rechner, mehrere, unabhängige Systeme. Natürlich sind Fehler im Code (ich kenne eher Zahlen von fünf Fehlern auf hundert Zeilen) . Aber das macht nichts, weil wir parallel arbeiten und mit Fehlern rechnen. Und dann nach Mehrheitsentscheidungen gehen. Ich selbst komme aus der Robotik. Und es ist völlig normal, dass man etliche, unterschiedliche Sensoren verwendet, damit man eben nicht mit dem gehangen ist, der gerade einen Fehler hat. Fehler sind normal, es ist die Frage des Umgangs damit. Sonst dürfte man auch, wie ja hier gerne diskutiert wird, auch kein AKW betreiben.

3. Zum Parallelismus. An der Stelle ich Eltov so nun überhaupt nicht. Parallelisierung von 1000 Aufgaben ist ja nun wirklich kein Drama. Ich verstehe wirklich das Argument nicht. Natürlich brauchts ein Sheduling, bzw. Load-Balacing, dass man im Einzelproblem nicht hat, aber das ist ja kein unbekanntes oder neues Forschungsgebiet. Natürlich brauchts jetzt Koordination, aber wo steht geschrieben, dass das nun besonders schwer ist ? Zettel hats ja angesprochen, Verteilung auf verschiedene Subsysteme und los. Ich wills nicht völlig von der Hand weisen, aber erstmal müsste man begründen, warum speziell dieses Koordinationsproblem so irre schwer sein soll.

Schlussendlich muss man sagen, dass es fast nirgendwo so viele Falschaussagen gibt, als in dem Bereich wo gezeigt wird, dass etwas nicht geht. Da kann Lexikas mit füllen. Noch vor gar nicht so richtig langer Zeit habe ich mich mit Leuten darüber gestritten, ob autonomes Autofahren realsierbar ist. Man sehe sich mal die Grand-Challenge an. Ich persönlich kann mir Quantenrechner nicht vorstellen (für mich ist die Katze entweder tot oder am Leben, nicht beides), aber ich werde sicher nicht verkünden, das würde nie funktionieren. Wer weiss das schon ? Ich nicht.

Und vielleicht noch ein zwei, drei grundsätzliche Gedanken:

- Mag ja sein, dass ein solches System weder in den achtziger Jahren noch heute jeden Sprengkopf stoppen kann. Als potentielles Ziel eines solchen Sprengkopfes fände ich aber schon eine Trefferquote von 50% toll. Im ersten Golfkrieg flogen eine Menge Skud Raketen gen Israel. Einige wurden von Patriots gestoppt, andere nicht. Ist das ein Grund, ein solches System nicht zu bauen ? Finde ich nicht.

- Finde ich trotzdem ein solches System politisch nicht ungefährlich. Der Frieden des kalten Krieges war auch ein Frieden der Atomwaffen. Wenn eine Seite die andere neutralisieren kann, ist der Frieden dadurch gefährdet. Vielleicht habe ich zuviele Computerspiele gespielt, aber der Moment, wo meine Gegenseite anfängt, solche Systeme zu bauen, ist vom strategtischen Standpunkt her, der letzte Moment zum Zuschlagen. Oder zur Entwicklung noch mächtigerer Waffen.

- Das Einstellen der KI in Scharlatanerie ist schon etwas sehr daneben. Mag ja sein, dass nicht jeder Informatiker einen Bezug zur KI hat, aber die Beiträge der KI zum aktuellen Forschungsstand sind ganz sicher nicht "peinlich". Möchte gerne mal sehen, wie ein Theoretiker oder ein funktionaler Programmierer mit Hilfe von Lambda Kalkülen ein Auto einparkt oder ein Gesicht erkennt. Die KI hat ihren Winter gehabt, was vor allem mit den überzogenen Erwartungen in den 60er und 70er Jahren zusammenhängt, aber es ist ein Forschungsfeld von erheblicher und zunehmender Bedeutung. Wenn wir in 20 oder 30 Jahren in autonomen Fahrzeugen durch die Gegend fahren und Roboter in Pflege und Haushalt völlig normal geworden sind, werden wir für jede Milliarde dankbar sein, die damals investiert wurde.


Themen Überblick
Betreff Absender Datum
Zitat des Tages: Humoristischer Gedanke Zettel15.07.2009 06:26
RE: Zitat des Tages: Humoristischer Gedanke Florian15.07.2009 12:33
RE: Zitat des Tages: Humoristischer Gedanke Zettel15.07.2009 13:13
RE: Zitat des Tages: Humoristischer Gedanke Zettel15.07.2009 14:03
RE: Zitat des Tages: Humoristischer Gedanke Pentas15.07.2009 17:31
RE: Zitat des Tages: Humoristischer Gedanke john j15.07.2009 15:17
RE: Zitat des Tages: Humoristischer Gedanke FTT_2.015.07.2009 15:48
War SDI ein Bluff? Zettel15.07.2009 17:37
RE: War SDI ein Bluff? john j15.07.2009 19:06
RE: War SDI ein Bluff? Zettel15.07.2009 19:31
RE: War SDI ein Bluff? john j15.07.2009 21:37
RE: War SDI ein Bluff? Zettel15.07.2009 22:15
RE: War SDI ein Bluff? Gorgasal15.07.2009 23:16
RE: War SDI ein Bluff? Zettel15.07.2009 23:39
RE: War SDI ein Bluff? Gorgasal17.07.2009 19:53
RE: War SDI ein Bluff? conrad18.07.2009 00:39
RE: War SDI ein Bluff? Calimero18.07.2009 10:40
Chinesische Statistiken Gorgasal05.08.2009 22:29
RE: War SDI ein Bluff? Zettel18.07.2009 12:01
RE: War SDI ein Bluff? Thomas Pauli18.07.2009 13:15
RE: War SDI ein Bluff? john j15.07.2009 23:34
RE: War SDI ein Bluff? Florian15.07.2009 19:54
RE: War SDI ein Bluff? Pentas16.07.2009 10:24
Trefferquote Dagny16.07.2009 11:23
RE: War SDI ein Bluff? Eltov15.07.2009 23:15
RE: War SDI ein Bluff? Zettel16.07.2009 01:33
RE: War SDI ein Bluff? Eltov16.07.2009 13:22
RE: War SDI ein Bluff? Zettel16.07.2009 15:01
RE: War SDI ein Bluff? Eltov16.07.2009 18:51
RE: War SDI ein Bluff? Dagny16.07.2009 20:53
RE: War SDI ein Bluff? Zettel17.07.2009 13:03
Ein paar Anmerkungen und eine gänzlich andere Meinung Llarian19.07.2009 15:09
RE: Ein paar Anmerkungen und eine gänzlich andere Meinung Zettel19.07.2009 18:11
RE: Ein paar Anmerkungen und eine gänzlich andere Meinung Ungelt19.07.2009 19:10
RE: Ein paar Anmerkungen und eine gänzlich andere Meinung Llarian19.07.2009 20:51
RE: Ein paar Anmerkungen und eine gänzlich andere Meinung Ungelt19.07.2009 21:47
RE: Ein paar Anmerkungen und eine gänzlich andere Meinung Eltov20.07.2009 08:49
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