Zitat Ich vertraue meiner Steuerberaterin, meiner Anwältin, meiner Gemüsehändlerin, meiner Fleischverkäuferin, meinem Arzt - ich meine damit nicht, daß sie alle die Besten wären in ihrem Job, oder daß sie sich für mich überschlagen würden - aber, daß sie mich nicht übers Ohr hauen.
Und die interessante Frage ist: Ab wann werden Sie denn übers Ohr gehauen ? Fühlen Sie sich betrogen, wenn die Fleischverkäuferin Ihnen nur 323 Gramm von der Wurst eingepackt hat, weil die Waage ein bischen hing, statt der bezahlten 324 Gramm ? Fühlen Sie sich von ihrem Arzt betrogen, der nur 13 Minuten mit Ihnen gesprochen hat, aber eine Viertelstunde abrechnet ? Fühlen Sie sich vom Klempner betrogen, der doch tatsächlich einen Anfahrtsweg von 12 Kilometern ausweist, statt der 11, die die günstigste Strecke ausmacht ? Jeder einzelne dieser Punkte ist ein Fall von Betrug. Und trotzdem glaube ich, dass dem kein Staatsanwalt nachrennen wird und auch das die meisten Leute darin keinen Vertrauensbruch sehen würden. Weils menschlich ist. Umgekehrt erleben Sie vielleicht einen Arzt, der stundenlang einen Menschen zum Tod begleitet, ohne dafür viel Geld zu bekommen (ich habe das erlebt), oder einen Klempner der auch nachts um zwei zu ihrem Rohrbruch kommt oder eine Fleischverkäuferin die ihrem kleinen Jungen ein Stück Wurst zusteckt. Oder Sie erleben eben den Arbeitnehmer, der nicht nach zehn Stunden den Stift fallenlässt. Als ich noch an der Uni war haben wir ohne Bezahlung teilweise Wochenenden vor Deadlines durchgearbeitet. Ich denke das sowohl Arbeits- wie auch Auftragsverhältnisse immer von gewissen "Unregelmssigkeiten" betroffen sind. Ich fände es eher schlimm, wenn es nicht so wäre, denn ich fände das ziemlich entmenschlicht.
Ob Vertrauen in der Arbeitswelt ist mag ich nicht beurteilen. Ich vertraue meinem Arbeitgeber und als ich selber Arbeitgeber war, habe ich auch meinen Angestellten vertraut. Aber in den hier diskutierten Fällen liegt die Welt anders. Und wenn jemand nach x Jahren wegen einer Rolle Klopapier oder dem Strom für ein Handy entlassen wird, dann war da kein Vertrauen, das dann urplötzlich erschüttert wäre. Wenn man sich die Urteile durchsieht, dann sieht man das auch. Das sind nahezu ausschließlich Arbeitsverhältnisse, die bereits vorher gekündigt worden wären, wenn es möglich gewesen wäre. Und solche Verhältnisse sind selten von Vertrauen geprägt.
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