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Kaa
Beiträge: 658
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25.02.2010 03:36 |
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Selbstbewußtsein und Selbstgewißheit
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Zitat von Ungelt Selbstzweifel gehören einfach zum kompletten Menschen dazu, und diese nagen doch zwangsläufig am Selbstbewußtsein, nicht?
Solche für alle gültigen Behauptungen lassen sich mit einem einzigen Gegenbeispiel widerlegen. Ich glaube auch, daß Selbstbewußtsein eine innere Angelegenheit ist. Doch da bleibt es ja nicht. Sobald man selbst was davon mitkriegt, merken das auch andere. Selbstbewußtsein braucht man nicht absolut, damit es genug ist. Ich fangs anders an. Ich habe jede Menge Selbstbewußtsein und immer mal wieder Selbstzweifel. Ich weiß wovon ich schreibe, ich sollte es nur noch formuliert kriegen. Die Selbstzweifel sind nicht substanziell. Wäre ja auch ungünstig von der Natur eingerichtet. Zweifel haben korrigierende Funktion. Sie sind keine Lebensbasis. Chronische Selbstzweifel sind sinnlos und unbekömmlich. Man kann sie eigentlich nur mit Selbstgerechtigkeit oder eingeredeter Lust am Leiden runterkriegen.
Die Energiebilanz von chronischen Selbstzweifeln ist verheerend. Selbst in Fällen wo die Selbstzweifel inhaltlich vollkommen berechtigt sind, sind sie in ihrer chronischen Form kontraproduktiv. Hat man ernsthaft die Absicht, all das zu korrigieren, worauf die Selbstzweifel hindeuten, sollte man sie zuallererst in eine willkürlich zu aktivierende Form umwandeln. Zum Beispiel immer Donnerstags von 13:30 bis 14:45 eine Stunde Selbstzweifel, gefolgt von einer Viertelstunde Abschied nehmen. Ich würde allerdings größere Abstände empfehlen, zweimal im Jahr Selbstzweifel reichen durchaus für die persönliche Fortentwicklung aus, dann sollte man sich jeweils einen halben Tag dafür Zeit nehmen. Danach sollte man Schokoladenpudding essen.
Natürlich muß der Platz, den vordem die chronischen Selbstzweifel eingenommen hatten, nun mit etwas gefüllt werden. Eine Leerstelle in der Psyche mündet automatisch in Dekadenz. Da bietet sich oberflächliches Selbstbewußtsein an. Das Selbstbewußtsein wird sich erst mal eingeredet. Man weiß natürlich, daß alles verallgemeinerte Gute, was man da über sich denken könnte, falsch ist. Doch alles verallgemeinerte Schlechte, was man früher über sich sagte, ist ja auch falsch. Man bekämpft also Lügen mit Lügen. Und weiß, daß man das tut, somit ist es in Ordnung, alle Beteiligten wissen Bescheid.
Und ehe man sich versieht, ist das Selbstbewußtsein so fest installiert, daß man wirklich darauf achten muß, die Verabredung mit den Selbstzweifeln nicht zu vergessen. Wenn man Glück hat, kann man mit ihnen einen Vertrag schließen, daß sie sich automatisch melden, falls man vergißt sie zu kontaktieren. Das Selbstbewußtsein tritt dann auch sofort in solch unanständigen Mengen auf, daß man andere gute Eigenschaften entwickeln muß, damit es bei anderen Leuten nicht negativ ankommt.
Nach Aussen tragen muß man dieses Selbstbewußtsein nämlich nicht. Das läßt sich nicht verheimlichen. Das, was als "strahlende Selbstgewißheit" äußerlich aufgetragen wird, dient einem Zweck. Über den könnte ich nur Vermutungen anstellen, das will ich aber nicht.
Liebe Grüße
Kaa
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus Autor im Netz bekannt
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