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Zettel
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25.02.2010 08:59 |
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Zitat von Herr Nach dem konsequenten Rücktritt empfinde ich alle weiteren Angriffe auf sie als Nachtreten. (Etwas anderes wäre es, würde sie, wie auch hier irgendwo vermutet, daraus persönlich Kapital schlagen. Aber ich habe bis zum Erweis des Gegenteils keinen Grund das anzunehmen.)
Nicht Angriffe, wohl aber die Diskussion, lieber Herr, wird wohl noch ein paar Tage weitergehen. Dazu empfehle ich sehr den kenntnisreichen Artikel des Theologen und Journalisten Reinhard Bingener in der heutigen FAZ.
Der Fall hat ja ein ganz ungewöhnliches Aufsehen erregt (übrigens auch hier in Blog und Forum; ZR hatte am Tag des Artikels mehr als 1700 Besuche, und dies ist einer der meistgelesenen Threads).
Woher dieses sehr große Interesse?
Zum einen hatte Frau Käßmann politisch schon zuvor polarisiert. Ich kann mich nicht erinnern, daß jemals ein herausgehobener Repräsentant einer Kirche sich so engagiert, so einseitig, so parteilich zu politischen Fragen geäußert hätte. (Und ich frage mich, nebenbei gesagt, was die Reaktion gewesen wäre, wenn sie - oder wenn gar ein katholischer Amtsbruder - mit dieser Einseitigkeit konservative politische Äußerungen getan hätte).
Aber mir scheint, daß das nicht die ganze Erklärung ist. Frau Käßmann hat - das klingt auch in dem Artikel von Reinhard Bingener an - versucht, sich zu einer Ikone zu stilisieren. Die in sich ruhende, die selbstbewußte Frau, die gegen eine Männerwelt aufsteht. Die Pazifistin, die den Krieg verdammt. Die Leidende, die durch ihr Leid nur gestärkt wird. Die Ehrliche. Die Unbeugsame. Diejenige, die uns allen vorlebt, wie wir eigentlich zu leben hätten.
Das hat, so scheint es mir ein - man könnte fast sagen archetypisches - Schema aktiviert, in dem auch Frauen wie Evita Peron und Rosa Luxemburg ihren Platz haben: Jeanne d'Arc.
Wenn so jemand schuldig wird, dann löst das, so scheint es mir, starke affektive Reaktionen aus, und zwar entgegengesetzte: Für die einen ist es nur eine weitere Prüfung, ein weiteres Stück auf dem Leidensweg. Für die anderen ist es so etwas wie eine Demaskierung.
Das ist es für mich. Wenn Käßmann gern Alkohol trinkt, dann ist das ihre Sache. Warum aber mußte sie - und da hat man eben diese Selbststilisierung, dieses Ich-bin-euer-Vorbild - öffentlich erklären, daß sie zur Fastenzeit nie Alkohol trinke?
Herzlich, Zettel
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