Lieber Zettel,
wer hätte gedacht, dass ich einmal liberaler argumentieren würde als Sie? Jetzt ist der Moment gekommen.
Wichtig ist in der vorliegenden Konstellation nur zweierlei: Dass die Fakten und die daraus resultierenden Gefährdungen öffentlich bekannt sind. Dafür braucht es eine solide arbeitende Behörde. Und dass eine behördliche Empfehlung ausgesprochen wird, die einem Präjudiz ähnelt, an dem die Beteiligten erkennen können, wer die Beweislast und ggf. die Gefahr trägt.
Will sagen: Es hätte ausgereicht, die Gefährung des Flugverkehrs zu benennen und zu sagen, dass behördlicherseits empfohlen wird, keine Passagiermaschinen aufsteigen zu lassen und als Passagier nicht zu fliegen.
Hiernach hätten zwei Sicherungssysteme selbst entscheiden können: Die Fluglinien und die Passagiere.
(1) Die Fluglinien hätten das Risiko, eine Maschine, eine Besatzung und die Fluggäste zu verlieren und dadurch finanziell angeschlagen bzw. ruiniert zu sein, vom Imageproblem nicht zu reden, abgewogen gegen die Chance, unbehelligt durchzukommen. Sie hätten noch dazu berücksichtigen müssen, wie sich die Passagiere entscheiden (wenn alle angst haben, zu fliegen, und zuhause bleiben, macht das Fliegen keinen Sinn). Manche Fluglinie hätte womöglich alle Maschinen am Boden gelassen, vielleicht auch alle Fluglinien; möglicherweise wären aber auch alle zu dem Schluss gekommen, zu fliegen, oder immerhin einige. (Hierin verborgen ist übrigens noch ein Sicherungssystem: Das der Piloten. Die hätten sich weigern können, wenn sie, als die unmittelbar betroffenen Fachleute, zu dem Schluss gekommen wären, dass das zu gefährlich ist; ich stelle diese Gruppe nicht separat, weil Piloten als Angestellte der Fluglinien Abhängige sind, deswegen scheinen sie mir eher ins Lager der Fluglinien zu gehören.)
(2) Die Fluggäste hätten abwägen können, ob ihnen der Flug das Risiko wert ist. Sie hätten vor Ort abwarten können, denn die behördliche Intervention hätte sie von arbeitsrechtlichen Folgen freigesetzt, oder sie hätten abwarten können, bis die ersten zehn Maschinen durch sind - oder bis die erste abgestürzt ist.
De facto kann m.E. keiner zuverlässig wissen, welche Auswirkungen diese Staubwolke auf den Flugverkehr hat. Das würde Monate, wenn nicht Jahre der genauen Studien fordern. In einer solchen Situation staatlicherseits das gesamte System nach "Schema F" stillzulegen, scheint mir unsinnig.
P.S. Stellen Sie sich das großartige Popcornkino vor "Durch den Aschehimmel! Testflug vom Ballermann nachhause", wo 143 betrunkene Fluggäste in einer Maschine der Mallorca Air vom Ballermann kostenlos nach Frankfurt geflogen werden, wenn sie auf alle Risikoansprüche verzichten, mit einem Lifereporter im Cockpit: "Eben erreichen wir die 11.000 Meter - Mannomann, was rasselt da im linken Triebwerk ..."
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