Lieber Zettel,
Zitat von Zettel
Zitat von Interview Özkan: Aber wir machen Politik für die Menschen, die hier leben.
So hat sich meines Wissens noch nie ein türkischstämmiger deutscher Politiker geäußert. So äußert sich jemand, der sich als Deutscher versteht und möchte, daß das auch andere Nachkommen von Einwanderern tun.
das kann man auch anders sehen. Vielleicht ist das jetzt etwas kleinlich und doch nicht passend - müßte ich erst sacken lassen, aber jetzt so spontan aus dem Bauch heraus -, aber das ist eine Passage, die mir sauer aufstößt, salopp gesagt.
Der Amtseid gemäß Art. 56 sieht folgendermaßen aus: "Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe." http://de.wikipedia.org/wiki/Amtseid#Sit..._in_Deutschland
Hören Sie sich bitte einmal Reden von Johannes Rau an, als er Bundespräsident war. Er hat sich grundsätzlich strickt geweigert, sich auf Deutsche zu beziehen, sondern (vermeintlich) politisch-korrekt immer von den "Menschen, die hier leben" gesprochen.
Wenn Frau Özkan sich als Deutsche versteht, warum sollte sie dann auf die Idee kommen, deutsche Richter als "fremde Autorität" darzustellen - oder zumindest zu sagen, daß man sie so auffassen könnte? Wenn ich die Entscheidung träfe, nach Australien auszuwandern, dann wäre es doch meine Sache, australische Richter zu akzeptieren und nicht deren Aufgabe, für welche mit deutschem Migrationshintergrund zu sorgen ...
Zitat von Zettel Zweitens kann ich auch an der der von dir zitierten Aussag nichts Beanstandenswertes finden. Sie stellt ja die Situation aus der Sicht vieler Einwanderer und ihrer Nachkommen da. Und da dürfte es in der Tat so sein, daß sie deutsche Gerichte als eine "fremde Autorität" empfinden, weil es eben unter den Richtern kaum Menschen aus ihrer Gruppe gibt.
Drehen Sie die Aussage doch einfach mal um, um zu sehen, wie die Sache dann aussähe. Was wäre denn, wenn ein Deutscher ohne Migrationshintergrund einen Richter mit Migrationshintergrund mit der Begründung ablehnte, er würde ihn als "fremde Autorität" empfinden? Glauben Sie, man hätte mit der gleichen Selbstverständlichkeit Verständnis für ihn? Oder meinen Sie nicht eher, es gäbe einen Aufschrei?
Das ist der Kern, was mich an dieser Sache stört: diese elendige Sozialklempnerei! Wenn ein Mann ohne triftigen Grund einer Frau vorgezogen wird, stehen sofort sämtliche "Gleichstellungsbeauftragte" und Konsorten auf der Matte, aber umgekehrt mit Quoten u. ä. Unfug ist Diskriminierung hingegen kein Problem. Migranten dürfen wie selbstverständlich ein mieses Gefühl gegenüber Deutschen haben oder gar entwickeln, wobei als Begründung schon irgendwelche Statistiken ausreichen, aber umgekehrt wird Zeter und Mordio geschriehen. Wenn Frauen statistisch geringere Einkommen haben, dann wird das zum Thema aufgebauscht, aber niemand fragt, was jeweils dafür getan wird. Usw. usf.
Man braucht nur auf die Studienzahlen einer beliebigen Universität zu schauen. Ich weiß es nicht genau, vermute aber, daß es immer noch so ist, daß bspw. in den Ingenieursstudiengängen die meisten Studenten männlich sind, während es in Sozialpädagogik oder Kulturwissenschaften umgekehrt sein dürfte. Es ist doch wohl leicht nachvollziehbar, daß das erhebliche Auswirkungen auf die Einkommensverteilung hat. Ist das also ein Grund für Politiker, hier mehr "Gerechtigkeit" herzustellen? Was will man machen? Frauen mit Waffengewalt in die Elektrotechnikvorlesung zwingen? Männer mittels Quote abhalten? Zusätze im Trinkwasser? Der Staat hat für Chancengleichheit zu sorgen. Wenn also eine Frau als Maschinenbaustudentin abgelehnt werden würde, weil sie eine Frau ist, dann bestünde für die Politik Handlungsbedarf. Steht dieser Studiengang aber für Frauen wie Männer offen und die Studenten sind dann trotzdem überwiegend männlich, dann sind das individuelle Entscheidungen, die den Staat absolut nichts angehen.
Wenn also Frau Özkan meint, mehr Richter mit Migrationshintergrund seien nötig, dann kann sie gerne untersuchen, ob denn Migranten genauso die Möglichkeit haben, Richter zu werden - und ob es andere Benachteiligungen gibt. Alles, was danach kommt, geht sie nichts an.
Lange Rede, kurzer Sinn: Sie als Ministerin hat sich darum zu kümmern, daß die Bürger die Möglichkeit haben, ihr Ziel zu erreichen und dabei nicht wegen ihrer Hautfarbe, ihres Migrationshintergrundes etc. diskriminiert werden. Da hört ihre Aufgabe auf. Das macht sie aber eben nicht, sondern sie sorgt sich um das Ergebnis ("brauchen an unseren Gerichten dringend mehr Richter mit Migrationshintergrund"). Wie das bei Politikern eben so ist, die ihre Aufgabe nicht darin sehen, daß der Staat Rahmenbedingungen setzt, sondern sich als Sozialklempner betätigen (möchten). Letztere sind mir zuwider.
MfG
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