Zitat von Kallias Rachedurst ist überhaupt kein legitimes Bedürfnis, sondern in sich selbst bösartig
Ich möchte in Frage stellen, dass die Emotionen beispielsweise einer Mutter, deren Tochter vergewaltigt und umgebracht wurde, 'nur' atavistische Gefühle sind, die keine weitere Bedeutung, keinen tieferen Sinn haben, außer dass sie (wie sie behaupten) zu Racheakten führen und demzufolge selbst "bösartig" sind.
Ich würde vielmehr so formulieren: die Mutter, die vermutlich emotional am meisten reagieren wird, ist die Person, die am besten weiß, wie böse die Tat des Täters tatächlich war, denn sie weiß am besten, wen, d.h. welche liebenswerte Person der Täter ermordet hat. Deshalb, weil sie die Tat von allen Außenstehenden am meisten begreift, hat sie die stärksten Emotionen. Die Emotionen sind nur eine Folge ihrer Einsicht in die Bösartigkeit der Tat. Deshalb sind die Emotionen nicht selbst bösartig.
(Nebenbemerkung: ich glaube, noch wütender ist Gott selbst, denn er begreift noch mehr als die Mutter, was der Täter getant hat.)
Die Todesstrafe ist auch kein Racheakt, also kein aus dem Affekt geschehendes 'Zurückschlagen'. Sie ist die Konsequenz dafür, dass hier ein Mensch, nämlich der Mörder, sein Recht auf Leben in der Gesellschaft durch seine Tat, durch die er sich schuldig gemacht hat, endgültig verwirkt hat. Eine lebenslängliche Freiheitsstrafe bedeutet, dass der Täter zumindest durch die Gesellschaft weiterhin finanziert wird. Das bedeutet auch, dass die Gesellschaft, darunter auch die Mutter der Tochter, gezwungen wird, für den Lebensunterhalt des Mörders im Gefängnis aufzukommen (Steuern=Geld=durch Zeit und Lebenskraft erwirtschaftet). Das ist pervers und grausam gegen die Gesellschaft (besonders deutlich sichtbar am Beispiel der Mutter). Zitat von Kallias Zudem finde ich es nicht richtig, Leute zu töten, damit die Diskussion über das Menschenbild nicht in eine falsche Richtung läuft
Nicht die Diskussion läuft in eine falsche Richtung, sondern das Menschenbild selbst ändert sich.
Das erkläre ich mir so: Gehen wir einmal davon aus, dass es der Gerechtigkeit am meisten entspricht, einen Mörder nach Gerichtsurteil zu töten. Das würde bedeuten, eine Freiheitsstrafe von 15 Jahren, während welcher der Mörder nach 10 bis 12 Jahren wegen guter Führung entlassen wird, ist eine Ungerechtigkeit (im Vergleich zur Todesstrafe, von der wir annehmen, dass sie der Gerechtigkeit am nächsten kommt). Nun postuliert aber die Gesellschaft, dass die Freiheitsstrafe von max. 15 Jahren für einen Mord der Gerechtigkeit am meisten entspricht. Sie postuliert also etwas als "gerecht", was in Wirklichkeit der Gerechtigkeit nicht am nächsten kommt. Die Menschen, die in dieser Gesellschaft leben, müssen nun damit klar kommen. Dazu gibt es verschiedene psychische Strategien. Entweder (a), sie vertreten eine Meinung (pro Todesstrafe), mit der sie sich außerhalb des gesellschaftlichen Konsens stellen, was die Gefahr der Einsamkeit und des Ausgestoßenseins ("Du Nazi!") zur Folge hat. Oder (b) sie verdrehen ihren Gerechtikgeitssinn zu Gunsten des gesellschaftlichen Konsens. Sie vergewaltigen also ihren eigenen Gerechtigkeitssinn aus Selbstschutz. Meiner Meinung nach wird die Mehrheit mit (b) reagieren. Um (b) auch logisch-rational vertreten zu können, werden die Menschen zwangsläufig ein neues Verständnis von Schuld, "gut und böse" entwickeln müssen, um vor sich selbst (und nach außen) ein konsistentes Weltbild zu vertreten. Die Folgen, die ich bei uns deutlich sehe, sind Perversionen, wie ich sie mit dem oben verlinkten Bild illustrieren wollte, wie sie auch deutlich werden, wenn bei uns Begriffe wie "The axis of evil" auf absolutes Unverständnis stoßen, weil die Wörter "gut" und "böse" bei uns zwangsläufig ihre Bedeutung verloren haben. http://ex-blond.com http://antialleinerziehende.wordpress.com/
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