Zitat von Kallias
Zitat von ex-blond Mir ist bewusst geworden, dass es auch eine Grausamkeit ist, einen Mörder leben zu lassen - eine Grausamkeit gegenüber den lebenden Angehörigen.
Was wird diesen Angehörigen denn dadurch angetan? Außer daß ihre Rachlust unbefriedigt bleibt? Und das ist wohl kaum grausam; bestimmt nicht genug, um jemanden deswegen zu töten. Im Gegenteil: der Rachedurst ist überhaupt kein legitimes Bedürfnis, sondern in sich selbst bösartig.
Ich möchte meine Position gerne am Beispiel des "Herrn Gäfken" verdeutlichen und hoffe, daß ich nicht allzu viel davon wiederhole, was ex-blond dazu schon schrieb.
Seine juristischen Aktivitäten mögen ja aus dem juristischem Blickwinkel durchaus in Ordnung sein. Für die Eltern des Ermordeten, aber auf für die breite Öffentlichkeit ist das aber sehr schwer auzuhalten. Der ermordete Bub bekommt es ja vermutlich (und in dem Fall glücklicherweise) nicht mit, aber ist es nicht unsere Pflicht, seine Interessen ebenfalls zu vertreten? Wie kann man überhaupt diese Randereignisse, wennn die Tat eineutig nachgewiesen wurde, so isoliert von dem begangenem Verbrechen betrachten? Dazu muß man vermutlich wirklich Jurist sein.
Ich würde auch annehmen, daß ein Mensch, der eine solche Tat verübt hat, sich in die hinterste Ecke verkriecht und möglichst nicht auf sich aufmerksam macht. Dann könnte man der Meinung sein, daß er seine Tat bereut und möglicherweise doch irgendwann als ein anderer Mensch wieder harauskommt. Und es würde es den Eltern und den Freunden des Buben erleichtern, damit fertig zu werden. Das genaue Gegenteil ist aber der Fall!
Ich muß zugeben, daß auch in mir, als ich die Sache (eher oberflächlich) über die Medien verfolgte, Haßgefühle gegenüber dieser Person hochgestiegen sind. Eigentlich sollte er, menschlich betrachtet, ja diesem Kommissar, der ihm gedroht hatte, nachträglich dankbar sein. Er hat ja versucht hatte das Leben des Kindes zu retten, und somit auch seine Schuld zu verkleinern.
Solche Fälle hatte ich im Blick, als ich schrieb, daß es psychologische Rückwirkungen auf die ganze Gesellschaft gibt. Der "normal empfindende und juristisch nicht gebildete Mensch" muß bei solchen Meldungen das Gefühl haben, daß sich die Gesellschaft von solchen Verbrechern vorführen läßt. Er zweifelt daran, ob die Gesellschaft überhaupt willens und in der Lage ist, so etwas wie Gerechtigkeit herzustellen. Und befindet sich damit, wie ex-blond schon schön beschrieben hat, psychologisch schnell außerhalb dieser. Es ist nicht sein Rechtssystem, und damit ist es auch nicht sein Land. Der Täter kann sich aber einbilden, in einem von der Gesellschaft vorgegebenem, ja akzeptierten Rahmen zu bewegen. Das ist mehr als fatal, finde ich. Und ganau darin liegt auch die Grausamkeit, von der ex-blond meinem Eindruck nach sprach.
Die neuesten Erkenntnisse der Epigenetik lassen übrigens, wenn ich es denn richtig verstehe, auch den Schluß zu, daß sich über die Angehörigen der Opfer solche Erlebnisse "in der Hardware kodiert" bis in die kommenden Generationen übertragen können. Über die psychischen Folgen, wohlgemerkt, die der Staat sichtlich ignoriert, während er sich ausführlich um den Täter kümmert.
Es geht nicht um Rache, es geht darum, daß die Opfer in die Lage versetzt werden, mit ihrem Unglück fertig zu werden und den Schaden zu minimieren.
Herzlich, Ungelt, der Rächer 
Nachtrag für die Juristen / 21.6. 08:05 : Ich bitte es nicht so zu verstehen, daß mir nicht klar ist, warum auf der Grundlage der aktuellen Gesetzgebung so gehandelt wird, wie gehandelt wird. Ich kritisiere die Gesetzeslage und die sonstigen Randbedingungen, die diese Auswirkungen haben.
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