Zitat daß die britischen Klassen sich nicht nur durch sozioökonomische Merkmale unterscheiden (wie zB. die sozialen Schichten in Deutschland), sondern daß es weitgehend geschlossene Teil-Gesellschaften sind
Ja und Nein. Sie sind heute deutlich abgeschlossener als in Deutschland. Früher war das umgekehrt - da waren formalen Standesgrenzen auf dem Kontinent viel strenger als die informalen in England.
Zitat ... auf der Basis einer getrennten Entwicklung, die auf den Norman Conquest zurückgeht.
Es dürfte nur wenige Familien geben, die seit 1066 in einer Gesellschaftsgruppe verblieben sind. Die soziale Mobilität war mindestens seit dem Spätmittelalter eher höher als auf dem Kontinent, über die vielen Generationen ist der Gegensatz zwischen Normannen und Angelsachsen m. E. völlig verschwunden und für die heutige Gesellschaftsgliederung ganz unbedeutend.
Zitat Nach der Schlacht von Hastings wurde der angelsächsische Adel in der Tat offenbar weitgehend ausgerottet.
Nicht physisch. In erster Linie wurde er enteignet und fiel auf das Niveau von Großbauern zurück.
Zitat Zumindest für einige Jahrhunderte war die Oberschicht die normannische Oberschicht.
Im ersten Jahrhundert nach Hastings: Ja. Aber dann begann schon die Auszehrung durch Kriege und Bürgerkriege - der normannische Bevölkerungsteil (ohnehin zahlenmäßig extrem klein) wurde stark dezimiert und die Oberschicht beständig durch den Aufstieg angelsächsischer Adliger ergänzt. Wobei dieser Aufstieg ja oft durch Einheirat in alte Oberschicht-Familien erfolgte, dadurch verwischen die Grenzen zwischen den Volksgruppen.
Um auf die Genetik zurückzukommen: Was heute noch an "Normannen" in England zu finden ist, dürften im wesentlichen die Nachkommen der Bastarde sein, die die Oberschicht reichlich in Bordellen oder mit Dienstboten zeugte und diese Leute gehörten natürlich erst einmal zur Unterschicht. In der Oberschicht dürfte es heute kaum noch eine Handvoll Familien geben, die ihren Stammbaum halbwegs solide auf die Normannen zurückführen können.
Zitat Und da ist die britische upper class eben noch immer eine so geschlossene Klasse, wie man das nur noch in wenigen westlichen Ländern findet.
Richtig. Und das hat m. E. eher mit angelsächsischen Gewohnheiten zu tun! Typisch für England ist ja, daß jüngere Söhne eines Adligen keinen Titel erben. Sondern als Teil der "Gentry" sich nur durch Manieren und Standesbewußtsein abgrenzen können. Obwohl diese Grenze vergleichsweise durchlässig ist - braucht halt ein/zwei Generationen, bis eine neue Familie dort akzeptiert wird.
Die Normannen folgten dagegen den kontinentalen Feudalismus-Vorstellungen. Wenn sich das gehalten hätte, hätte sich England m. E. auch sozial so entwickelt, daß es uns ähnlicher wäre.
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