Zitat Auch in Europa kann sich jeder Kriminelle, wenn er das will, auf dem Schwarzen Markt eine Feuerwaffe besorgen.
Das, lieber Zettel, halte ich nun für ein wenig verkürzend. Kriminell sind in Deutschland die meisten Steuerhinterzieher, Autoknacker, Hanfzüchter, Taschendieb, Schwarzarbeiter oder Raubkopierer. Aber jeder von ihnen soll sich so mir nichts dir nichts eine Feuerwaffe besorgen können, wenn er es nur wollte? Vielleicht lebe ich nur in einem friedlicheren Teil Deutschlands als Sie, aber wenn ich kriminelle Energien hätte (oder vorhandene endlich in die Tat umsetzen wollte ), ich wüßte nicht, wo ich problemlos an Feuerwaffen gelangen könnte. Bei Drogen würde ich wahrscheinlich versuchen, einen ausländisch aussehenden jungen Mann anzusprechen, der auffällig unbeschäftigt vor dem Bahnhof oder einem Nachtclub herumsteht (ich bekenne mich hier klar zu meinen Vorurteilen... ) - aber Waffen?
Die bisherigen Amokläufe (und Versuche) in D sprechen auch nicht gerade für ihre These: die Täter, die mit Feuerwaffen agierten, hatten im Allgemeinen legalen Kontakt zu Waffen gehabt (meist über den Schützensport). Der Erfurter Schütze hatte seine legal erworben, der Täter von Winnenden die seines Vaters "stibitzt", mit der er schon vorher geübt hatte. Die gescheiterte Amokläuferin von Bonn versuchte es mit Molotowcocktails und einem Schwert - eine etwas klägliche Ausrüstung für einen "großen Abgang", wenn wirksamere Waffen doch so einfach zu haben sein sollen, oder?
Außerdem vermisse ich in ihrem Beitrag eine Abwägung, was eine zulässige Waffe sein könnte und was nicht. Bei ihnen klingt es so, als hätten die Amerikaner ein generelles Recht auf Waffen (die Verfassung spricht da schlicht von "arms"), während sie Europäern in jeglicher Form vorenthalten würden. Dabei haben auch Europäer Zugrifff auf ein weitreichendes Arsenal von Dingen, mit denen man andere Menschen zu Schaden bringen kann und früher manche Schlacht gewonnen hätte (Schwerter, Bögen, Baseballschläger...) - nur halt nicht auf Feuerwaffen. Dagegen bin ich mir ziemlich sicher, dass auch die gesetzestreusten Amerikaner keine 2kT-Atombombe bei sich im Nachtschrank lagern dürfen - warum eigentlich nicht? Gibt es etwas, was potentielle Eroberer besser abschrecken könnte als eine Nuklearmiliz? Was ist denn nun laut US-Verfassung "legal"? -Eßbesteck -Spring-, Klapp- und Fallmesser -Reizgas -9mm-Pistole -Maschinengewehr -Leichter Granatwerfer -155mm-Haubitze -Schwerer Panzer -Jagdbomber -6000t-Zerstörer mit Boden-Luft- und Antischiffsraketen -Interkontinentalrakete mit Mehrfachsprengköpfen Irgendwo dazwischen wird eine Grenze "Verboten-Erlaubt" gezogen sein. Sie mag großzügiger sein als die europäische Auslegung, aber das macht sie nicht weniger willkürlich.
Die US-Praxis entstand zu einer Zeit, als ein guter Teil des Landes spärlich besiedelt war und damit rechnen konnte, in Konflikt zu Großwild (Bären, Pumas) oder Indianern zu geraten. Die Größe des Territoriums machte es weiterhin möglich, Jagdrechte an jedermann zu verleihen. Als die Europäer ihre modernen Waffenrechte erliessen, waren Bären und Wölfe bereits weitgehend ausgerottet und Indianer nur in Karl-May-Büchern existent. Und die paar Rehe wollte man sich nur ungern von jedem Hanswurst wegknallen lassen - zumal die nächste Ortschaft meist nicht alzu weit entfernt war und ein Rascheln im Walde häufiger ein Pilzsammler als ein Zwölfender war. Manche Länder mit viel Platz (Schweden, Finnland) haben (zum Teil "hatten") dagegen eher "liberalere" Waffenrechte. Liegt das wirklich nur an der freiheitlichen Tradition der Schweden, die nie auf die Idee kämen, ihre Bürger durch Regulierungen und wohlfahrtsstaatliche Bevormundung zu drangsalieren?
|