Zitat von Florian Alle Immobilien haben nun aber irgendwelche unvermeidbaren externen Effekte. Es ist daher für die Stadtentwicklung sehr sinnvoll, wenn die Nutzungen benachbarter Immobilien so aufeinander abgestimmt sind, dass die externen Effekte der einen Immobilie für die benachbarte Immobilie möglichst wenig negativ sondern im Optimalfall positiv wirken.
Nun könnte man natürlich liberal argumentieren, dass dies der Markt schon regeln würde und kein staatliches Eingreifen in die Nutzungen einzelner Immobilien notwendig sei. Leider regelt der Markt dies aber nicht hinreichend aus zwei Gründen: erstens werden Immobilien in zeitlicher Abfolge errichtet. und zweitens ist eine Immobilie ist eben genau dies: immobil.
Wenn jemand sagen wir mal ein Mädchenpensionat errichtet, dann kann er (wenn es keine staatliche Regulierung gäbe) eben nicht wissen, ob nicht ein paar Jahre später im Nachbargebäude ein Bordell errichtet wird.
Grob gesagt, kann das städtische Bauwesen auf drei Arten geregelt werden: 1 durch den Markt ("individualistisch") 2 durch Bauvorschriften und Flächennutzungspläne ("rechtsstaatlich") 3 durch politische Einzelentscheidungen ("absolutistisch")
Gegenwärtig werden anscheinend, wie Sie und R.A. im einzelnen ausgeführt haben, alle drei Methoden verwendet. Meine Skepsis richtete sich gegen Nr. 3, nicht gegen 2. Und es geht nur um die Gewichtung; bestimmt wird man auch einmal im Ausnahmefall eine politische Entscheidung treffen, da es vermutlich unmöglich ist, jedes skurrile Bauvorhaben in Nutzungsplänen zu berücksichtigen. (Wo z.B. darf ein Riesenrad aufgestellt werden? Solche Fragen sind wohl am besten im Einzelfall zu entscheiden.) Im Regelfall sollte jedoch ein städtbauliches Nutzungskonzept den Rahmen vorgeben, in dem dann jeder seine Bauvorhaben ohne politische Schwierigkeiten marktwirtschaftlich umsetzen kann.
Die Alternative zu Nr. 3 ist also nicht (unbedingt) Nr. 1, sondern Nr. 2. (Das scheint auch Zettel in seiner Antwort auf Rayson zu verwechseln.)
Was würde passieren, wenn man ganz auf Nr. 1, den Markt also, setzen würde? Sie haben einige plausible Einwände gebracht. Ich bin dennoch nicht ganz überzeugt davon, ob Sie recht haben, da ein solches System vermutlich zu tiefgreifenden Änderungen in der Bauwirtschaft führen würde, deren Folgen schwer voraussagbar sind.
Nehmen wir z.B. H.-H. Hoppe, der für dieses Modell Nr. 1 eintritt. Wenn ich mich richtig erinnere, sieht er voraus, daß dann ganze Stadtteile oder Städte allmählich von einem einzelnen Eigentümer aufgekauft werden, der Parzellen verpachtet. Als Eigentümer kann er den Pächtern beliebige Vorschriften machen, vorausgesetzt, er findet auf dem Markt welche, die sie akzeptieren. In Ihrem Beispiel mit dem Mädchenpensionat wäre es sicher im Interesse des Verpächters, kein Bordell in der Nähe zu genehmigen, weil dann das Pensionat wirtschaftlich geschädigt würde und dann weniger Pacht bezahlen kann. Auf dieses Interesse können sich umgekehrt auch die potentiellen Pächter verlassen. Je geschickter ein Stadteigentümer die Pachtverträge so gestaltet, daß die externen Beeinträchtigungen minimiert werden, desto höhere Pachteinnahmen kann er erzielen. Im Wettbewerb der Städte um die zahlungskräftigsten Pächter würde sich so das beste städtebauliche Konzept durchsetzen.
Sicher ist das Spekulation (Hoppe selber bezeichnet es als "a-priori-Theorie"). Macht nichts, ist ja interessant. Besonders interessant fand ich dabei, wie wenig sich die Hoppe-Stadt der puren Marktwirtschaft im Ergebnis von der Fürstenstadt der politischen Willkür unterscheiden würde. Auch dieses Resultat scheint mir zugunsten von Ansatz Nr. 2, des rechtsstaatlichen Planungsrahmens, zu sprechen. Dann hat man zwar eine Gemeinde, die Vorschriften macht, ist aber doch Eigentümer seines Grundstücks und als solcher freier als ein Pächter.
Herzliche Grüße, Kallias
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