Zitat von Kallias Grob gesagt, kann das städtische Bauwesen auf drei Arten geregelt werden:
1 durch den Markt ("individualistisch") 2 durch Bauvorschriften und Flächennutzungspläne ("rechtsstaatlich") 3 durch politische Einzelentscheidungen ("absolutistisch")
Gegenwärtig werden anscheinend, wie Sie und R.A. im einzelnen ausgeführt haben, alle drei Methoden verwendet. Meine Skepsis richtete sich gegen Nr. 3, nicht gegen 2. Und es geht nur um die Gewichtung; bestimmt wird man auch einmal im Ausnahmefall eine politische Entscheidung treffen, da es vermutlich unmöglich ist, jedes skurrile Bauvorhaben in Nutzungsplänen zu berücksichtigen. (Wo z.B. darf ein Riesenrad aufgestellt werden? Solche Fragen sind wohl am besten im Einzelfall zu entscheiden.) Im Regelfall sollte jedoch ein städtbauliches Nutzungskonzept den Rahmen vorgeben, in dem dann jeder seine Bauvorhaben ohne politische Schwierigkeiten marktwirtschaftlich umsetzen kann.
Die Alternative zu Nr. 3 ist also nicht (unbedingt) Nr. 1, sondern Nr. 2. (Das scheint auch Zettel in seiner Antwort auf Rayson zu verwechseln.)
Danke für die Klärung, lieber Kallias.
Mir schien allerdings, daß Rayson für Nr. 1 plädierte, und ich habe dagegen die Notwendigkeit von Nr. 2 geltend gemacht. Ihnen andererseits ging es um Nr. 2. vs. Nr. 3. Da liefen also, wenn ich es recht sehe, zwei Diskussionen parallel.
Ihnen gegenüber muß ich also jetzt Nr. 3 verteidigen. Ich würde das nicht absolutistisch nennen. Sondern Einzelfallentscheidung.
Es hängt vom jeweiligen Fall ab, ob Nr. 2 ausreicht oder Nr. 3 (ergänzend) erforderlich ist.
In der Nachkriegzeit wurden zum Beispiel überall diese "Siedlungen" gebaut mit genormten Häusern. Wenn da jemand einen Bauantrag stellte, dann war nur zu prüfen, ob das Haus dieser Norm entsprach.
Wenn ein Bebauungsplan für, sagen wir, eine historische Altstadt Häuer vorsieht, die im Stil dort hineinpassen (ich denke mir, daß es so etwas geben muß, weiß es aber nicht), dann wird es schon schwieriger. Dann muß im Einzelfall entschieden werden (paßt ein halbwegs historisch aussehendes Geschäft noch, auf dem groß "Tchibo" steht?)
Und wenn es sich um seltene Bauprojekte handelt, dann tritt die Einzelfallentscheidung in den Vordergrund. So scheint es mir im jetzigen Fall zu sein. Ich vermute, daß in wenigen Städten die Baupläne [recte: Bebauungspläne] ausweisen, wo eine Moschee gebaut werden darf oder, sagen wir, ein Wellness-Center. Da müssen die Stadtparlamente zusammen mit den Behörden entscheiden, ob das paßt, ob es im Interesse der Stadt ist usw.
So stelle ich mir das jedenfalls vor; vielleicht kann R.A. sagen, ob es der Praxis entspricht? Jedenfalls lese ich in der Lokalpresse immer wieder von solchen Fällen, wo jemand irgendwo ein Einkaufszentrum oder dergleichen errichten möchte, und dann wird politisch darüber gestritten, ob das im Interesse des Einzelhandels, der Kunden, der Verkehrsführung usw. wäre.
Sie haben ja solche Fälle am Riesenrad-Beispiel auch eingeräumt. Aber sie sind, wenn ich das sehe, deutlich häufiger als Riesenräder. Und der Moscheebau bei Ground Zero scheint mir eindeutig ein solcher Fall zu sein.
Herzlich, Zettel
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