Zitat von stefanolix
Was Du beschreibst, ist für uns im aufgeklärten Rechtsstaat der Stand Mittelalter 2.0; es mag im gewissen Sinne für Saudi-Arabien und Iran zutreffen. Aber es gibt auch islamisch geprägte Staaten ohne öffentliche Exekutionen und barbarische Körperstrafen.
Das ist für mich auch Mittelalter. Zusätzlich sag ich mal Afghanistan, Brunei, Malaysia, Nigeria, Singapur, Sudan und VAE. In einem ägyptischen, jordanischen, türkischen oder syrischen Knast möchte ich aber auch nicht unbedingt landen wollen. Also mir ist kein muslimisches Land bekannt, das das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit kennt. Ob nun Exekution oder Misshandlung, ob öffentlich oder im Verborgenen ... alles mittelalterlich. Saddam Hussein, der ja mal als Baathist gestart war, hat sich in seinen letzten Herrschaftsjahren auch zunehmend als Rechtgläubiger geriert, was die These stützt, dass auf Dauer kein islamischer Despot gegen den Klerus regieren kann. (Ich habe Videos aus seinen Knästen gesehen, die ich abbrechen musste, weil sich mir sprichwörtlich das Innere nach Außen gekrempelt hat.)
Zitat von stefanolix Ich bin ein Gegner der Todesstrafe. Aber Tatsache ist: auch der demokratische Rechtsstaat USA wendet sie an. Wenn Iran und Saudi-Arabien die Todesstrafe nur nach den selben Maßstäben anwenden würden wie die USA, wäre schon viel gewonnen.
Oder wie in China? Ganz "human" per Genickschuss? Auch bei "unzüchtigem Verhalten" und Ehebruch? Ich bin auch ein entschiedener Gegner der Todesstrafe und die Praxis in einigen US-Staaten ist mir auch ein Dorn im Auge, aber mit den Verhältnissen in islamischen Ländern kann man das, glaube ich, nicht vergleichen.
Zitat von stefanolix
Das stimmt, aber es ist in den Fällen Stalinismus, Maoismus, Steinzeitkommunismus und Sozialismus keine Religion die Grundlage der mörderischen Herrschaft gewesen.
Ohne Soziologe oder Theologe zu sein, würde ich die genannten mörderischen -ismen dann doch als weltliche Religionen ansehen wollen. Sie haben ihre Schriften, Religionsstifter, Rituale, hohe Feiertage, Gläubige, Priester und Machttheokraten usw.
Zitat von stefanolix
Das stimmt so holzschnittartig nicht. Im Islam ist vieles Auslegungsfrage. Eine rechtsstaatlich orientierte islamische Autorität könnte durch eine entsprechende Auslegung des Korans z.B. dafür sorgen, dass Steinigungen verboten werden. Denn die Steinigung steht (wie man in dem einen F.A.Z.-Artikel lesen kann) buchstäblich gar nicht im Koran. Und: Es gibt auch Strömungen des Islam mit einer völlig anderen Religionsauslegung als im Iran. Es gibt den bekannten Spruch »Der Islam hat seine Aufklärung noch vor sich.« Ich werde immer davon überzeugt bleiben, dass Aufklärung sich ihren Weg bahnen wird.
Auch wenn ich nicht davon überzeugt bin, dass der Islam reformierbar ist (ich schrieb ja schon, dass der Koran die einzige tragende Säule für ihn darstellt), und auch wenn ich nicht glaube, dass die verschiedenen Strömungen so unterschiedlich sind, oder dass Rechtsgutachten hoher Kleriker Allgemeingültigkeit erlangen könnten, sag ich mal: Dein Wort in Gottes Ohr, lieber stefanolix. 
Beste Grüße, Calimero
---------------------------------------------------- Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire
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