Ich finde, Sarrazzin vermischt da zwei verschiedene Konzepte. (a) wer zu uns kommt, soll sich anpassen (b) wer zu uns kommt, soll uns nicht auf der Tasche liegen.
in Zettels Sarrazzin-Zitat entsprechend gekennzeichnet:
Zitat Wer da ist und einen legalen Aufenthaltsstatus hat, ist willkommen. Aber wir erwarten von euch, dass ihr die Sprache lernt, dass ihr euren Lebensunterhalt mit Arbeit verdient, dass ihr Bildungsehrgeiz für eure Kinder habt, dass ihr euch an die Sitten und Gebräuche Deutschlands anpasst und dass ihr mit der Zeit Deutsche werdet - wenn nicht ihr, dann spätestens eure Kinder.(...) Wer Türke oder Araber bleiben will und dies auch für seine Kinder möchte, der ist in seinem Herkunftsland besser aufgehoben. Und wer vor allem an den Segnungen des Sozialstaats interessiert ist, der ist bei uns schon gar nicht willkommen.
Der Forderung (b) stimme ich 100% zu. Mit dieser Forderung sollte er eigentlich auch parteiübergreifend auf Gegenliebe stoßen. Ob klassischer SPD-Arbeiter, Linke-Gewerkschafter, FDP-Arzt oder CSU-Landwirt (um mal alle Stereotypen durchzugehen): von Leuten die nur zu uns kommen um unser Sozialsystem auszunutzen hält keiner von denen etwas. (einzige Ausnahme sind vielleicht ein paar realitätsentrückte Grüne).
Was Forderung (a) betrifft, bin ich mir nicht sicher, in wie weit ich zustimmen kann. Einerseits hat er natürlich recht, dass die Tendenz zur kulturellen Abschottung speziell türkischer und arabischer Zuwanderer problematisch ist.
Andererseits: Zum einen scheint mir dies im Bereich der "High Potentials" kontraproduktiv zu sein. Warum können wir einen amerikanischen Uni-Professor oder einen indischen McKinsey-Berater nur bei uns akzeptieren, wenn er Deutsch spricht und sich an unsere Sitten und Gebräuche anpasst? Die werden sich auf ein solches Spiel wohl eher nicht einlassen. Und umgekehrt wären doch auch wir befremdet, wenn China den Siemens-Ingenieur erst dann ins Land lassen würde, wenn er Mandarin spricht und bereit ist, seine Grippe mit Schlangen-Suppe auszukurieren.
Zum anderen scheint mir die kulturelle Assimilation auch in klassischen Einwanderländer keine von Staatsseite vorgegebene Forderung zu sein. Gerade die USA sind ja sehr gut damit gefahren, den Zuwanderern hier große Freiheit zu lassen: manche siedeln sich dann eben im Chinatown oder in Little Italy an und sondern sich ab. Manche Latinos sprechen vielleicht gar kein Englisch. So what? (so lange sie uns nicht auf der Tasche liegen und solange sie sich an die Gesetze halten).
Ich würde mal vermuten, dass eine konsequente Verfolgung von Forderung (b) ausreichen würde, um faktisch auch (a) zu erreichen. Wenn ein Einwanderer gezwungen ist, sich seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen, dann muss er sich auf seine neue Heimat ganz anders einlassen. Er muss dann aus eigenem Interesse heraus zu verstehen lernen, wie die Mehrheitsgesellschaft so tickt. Er muss die Dinge lernen, die ein potenzieller Arbeitgeber von ihm erwartet bzw. er muss die Wünsche von potenziellen Kunden verstehen lernen. Dadurch wird er ganz von alleine ein integrierter Teil der Gesellschaft. (Und wenn er dann zuhause weiterhin seine türkische Wurzeln pflegt, dann ist das wirklich seine Privatsache.)
Ein solcher Ansatz, den Zuwanderern einen ökonomischen Anreiz zu geben, sich auf die deutsche Gesellschaft einzulassen wäre m.E. viel sinnvoller als irgendwelche Zwangs-Deutschkurse mit anschließender lebenslanger Sozialhilfe-Garantie.
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