|
Zettel
Beiträge: 20.200
|
23.08.2010 17:39 |
|
|
Zitat von hubersn wann haben Sie denn das letzte (oder erste?) Mal einen Simultandolmetscher gehört, der in der Lage war, in schwierigen Passagen Nuancen korrekt zu übersetzen?
So gut wie nie, lieber Hubersn. Das Simultandolmetschen ist ohnehin eine Leistung an der Grenze dessen, was das menschliche Hirn an Informationsverarbeitung leisten kann.
Aus den von Ihnen genannten Gründen kann das immer nur ein Behelf sein. Nicht nur gibt es das Problem des fehlenden Kontexts. Im Deutschen gibt es diese von allen Simultandolmetschern gehaßte Stellung des Verbs am Ende einer Phrase; man erfährt erst am Schluß, worum es überhaupt geht. Bei Schachtelsätzen eine nahezu unlösbares Problem. Hinzu kommt, daß man ja keine Zeit hat, sich die beste Übersetzung zu überlegen, sondern ständig in Echtzeit dem Sprecher auf den Fersen bleiben muß. Und dann spricht dieser auch oft genug nicht grammatisch korrekt, äußert sich vage und doppeldeutig. Und so weiter und so fort. Ich hab's gelegentlich ausprobiert.
Ich habe allerdings einmal vor Jahren eine bewundernswerte Simultandolmetscherin erlebt, die in Alexander Kluges Sendungen eingesetzt wurde. Sie dolmetsche sogar aus sowohl dem Französischen als auch dem Englischen. Soweit ich das, was sie sagte, mit dem Originalton im Hintergrund vergleichen konnte, war sie vorzüglich. Und das auch noch bei schwierigen Themen. Da es um Interviews ging, kann allerdings sein, das man vorbesprochen hatte, wer was sagen würde, so daß sie nicht ganz unvorbereitet war.
Wie auch immer - dieses Problem mit dem Simultandolmetschen ist eben einer der Gründe dafür, warum die Wissenschaft eine Verkehrssprache braucht; und dafür kommt nach Lage der Dinge nun einmal nur das Englische in Frage. Im 19. Jahrhundert hatte in der Diplomatie das Französische eine ähnliche Funktion.
Herzlich, Zettel
|