Zitat von vielleichteinlinker Sein Dreisatz sieht aber anders aus. Er sagt: (Ich nehme zur Verwirrung jetzt mal mein Beispiel...) Ich weiß, dass alle Xylakanten kein Gehirn haben. Ich weiß, dass Alfred ein Xylakant ist. Also weiss ich, dass Alfred kein Gehirn hat. Ich halte es für einigermaßen blind zu glauben, er nehme ein Beispiel aus seinem Buch um einen Gemeinplatz zur Logik loszuwerden. Schon gar nicht wird er einen seiner eigenen Schlüsse, die er wohl breit debattiert in seinem Buch, als unhinterfragt richtig präsentieren. Nein! Er hinterfragt sie nicht weil er ihre Richtigkeit bewiesen hat (Der alte Postpostpostpostpostpostpositivist).
Seien Sie mir nicht böse, lieber Vielleichteinlinker, wenn das jetzt a bisserl belehrend klingt, es ist nicht so gemeint:
Sie hatten sich - so habe ich Sie jedenfalls verstanden - daran gestoßen, daß Sarrazin von "nicht hinterfragt" sprach:
Zitat von vielleichteinlinker "Sarrazin: Unter Dreisatz versteht man, dass man aus zwei Tatsachen, die man nicht hinterfragt, eine logische Schlussfolgerung zieht: Die Intelligenz ist zu 50 bis 80 Prozent erblich. Die weniger Intelligenten vermehren sich schneller als der Durchschnitt. Das bedeutet in der Konsequenz, dass die Intelligenz der Grundgesamtheit sinkt." Hier erkennt man - nicht einmal zwischen den Zeilen - keine Trennung von "Ursache" und "Voraussetzung". Es sind schlicht zwei Tatsachen die er nicht hinterfragt.
Um dieses "nicht hinterfragt" ging es mir. Sarrazin sagt nicht, daß er diese Tatsachen überhaupt nicht hinterfragt, sondern daß ein Hinterfragen nicht nötig ist, damit die logische Folgerung stimmt. Sie stimmt auch, wenn die Tatsachen nicht zutreffen.
Sarrazin sagt also nicht: "Meine Behauptungen sind unhinterfragt richtig", sondern er sagt: "Für die Richtigkeit des logischen Schlusses ist es unerheblich, ob diese Behauptungen richtig sind".
Wenn man nicht in Logik geübt ist, dann ist das vielleicht schwer zu verstehen. Wir sind es gewohnt, nicht die Unterscheidung zu treffen, die Leibniz mit dem Gegensatzpaar vérité de fait und vérité de raison bezeichnet hat - Tatsachenwahrheiten und Vernunftwahrheiten.
Die Aussage:
(1) Die Intelligenz ist zu 50 bis 80 Prozent erblich
ist, wenn sie stimmt, eine Tatsachenwahrheit. Es könnte auch anders sein. Es handelt sich um, wie die moderne Philosophie das nennt, einen kontingenten Sachverhalt. (Vorausgesetzt, um das zu betonen, daß es überhaupt so ist).
Die Aussage (was ich jetzt in natürlicher Sprache sage, würde die Aussagenlogik als eine Implikation mit IF- und THEN- Operatoren formalisieren):
(2)Wenn die Intelligenz zu 50 bis 80 Prozent angeboren ist und wenn die weniger Intelligenten sich schneller vermehren als der Durchschnitt, dann sinkt die Intelligenz der Grundgesamtheit
ist hingegen eine vérité de raison. Falls (Falls!) die Voraussetzunge erfüllt sind, dann gilt die Schlußfolgerung mit logischer, hier auch mit mathematischer Sicherheit.
Ob sie erfüllt sind, das ist eine ganz andere Frage, die den Logiker in der Regel nicht interessiert.
Natürlich ist Sarrazin der Meinung, daß sie erfüllt sind. Aber sein "nicht hinterfragt" bezieht sich eben - ich habe jetzt den Kontext in dem Interview noch einmal nachgesehen, er beginnt mit Sarrazins Frage "Beherrschen Sie den Dreisatz?" - nur auf das, was eine Schlußfolgerung dieser Art ist, die er etwas unglücklich "Dreisatz" nennt (es ist, siehe oben, eine Implikation).
Die Tatsachen selbst betrachtet er nicht als "nicht hinterfragt" zutreffend, sondern er macht sich in dem Buch ja offenbar große Mühe, sie mit Daten zu belegen.
Noch etwas zu Ihrem Beispiel: Das ist ein kleiner logischer Leckerbissen. Sie schreiben (ich füge Nummern hinzu):
(1) Ich weiß, dass alle Xylakanten kein Gehirn haben. (2) Ich weiß, dass Alfred ein Xylakant ist. (2) Also weiss ich, dass Alfred kein Gehirn hat.
Das sieht aus wie ein Syllogismus, und zwar der Modus Barbara. Es ist aber kein gültiger Syllogismus. Daraus, daß Sie (1) und (2) wissen, kann keineswegs abgeleitet werden, daß Sie (3) wissen.
Das liegt daran, daß in Ihrer Formulierung die beiden Prämissen (1) und (2) ja gar keine Aussagen über Xylakanten sind, sondern über Sie selbst. (1) Ist deshalb keine Allaussage, sondern eine Existenzaussage, (2) ebenfalls. Aus diesen beiden Existenzaussagen folgt keineswegs die Existenzaussage (3)
Herzlich, Zettel
PS: Ich erinnere mich dunkel an eine Diskussion vor einiger Zeit, in der mich jemand darüber aufgeklärt hat, daß die Terminologie - Allaussage, Existenzaussage usw.- , die ich auch jetzt wieder verwende, veraltet ist. Das kann gut sein. Ich habe mich vor Jahrzehnten mal a bisserl mit Logik befaßt und seither nicht mehr. Ich bitte also in diesem Punkt im Voraus um Nachsicht.
Falls der Betreffende - ich erinnere mich nicht mehr, wer es war - das liest, wäre ich aber dennoch für eine Korrektur bzw. ein Upgrade dankbar. 
PPS: Man kann das alles auf die Formel dieses Fritzchen-Witzes bringen:
Lehrer: "Fritzchen, wenn ich hier fünf Äpfel hinlege und nehme drei weg - wieviele bleiben dann übrig?
Fritzchen: "Wo wollen Sie denn jetzt im Winter Äpfel herkriegen?"
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