Zitat von Geozentriker Zum Beispiel hatte ich einen Physiklehrer, der seine Unterrichtsstunde immer mit einer Problemstellung begonnen hatte. Dann haben wir verschiedene Hypothesen entwickelt, durch weitere Diskussion und Experimente (wobei wir in die Experimente mit einbezogen wurden, wodurch uns bewusst wurde: wer misst misst - manchmal - mist) eine Theorie entwickelt, diese kritisch dikutiert und die Grenzen erkannt. Diese Vorgehensweise hatte den Vorteil, dass wir uns Formeln und Lehrsätze gut merken konnten (wir haben die uns ja erarbeitet). Außerdem wurde natürlich unsere Beobachtungsgabe und unser kritisches Denken geschult, was dann nicht nur auf die Physik beschränkt blieb.
Ausgezeichnet! So sollte guter naturwissenschaftlicher Unterricht sein.
Das war übrigens auch in meiner westdeutschen Schulzeit in den fünfziger Jahren eine Seltenheit. So gute Lehrer hatte ich kaum. Mit einer Ausnahme, einem erzkonservativen, autoritären Knochen, der einen so guten Geographieunterricht machte, daß ich mich heute noch an fast jede seiner Stunden erinnere. Seine Spezialitäten waren Meteorologie und Geologie; er war also einer von den naturwissenschaftlichen Geographen.
Aber ansonsten: Biologie zum Beispiel bestand oft nur im Auswendiglernen von Pflanzenarten, von "Bauplänen" und dergleichen; kein Versuch, funktionelles Verständnis zu wecken. Nun war die Biologie damals auch noch auf einem ganz anderen Stand als heute; kaum eine Naturwissenschaft hat in einem halben Jahrhundert solche Fortschritte gemacht. Die Genetik zum Beispiel beschränkte sich damals darauf, daß wir die Mendel'schen Gesetze lernen mußten. 
Zitat von Geozentriker Nun hatten es die Naturwissenschaftler da natürlich einfacher.
Und die Naturwissenschaften waren, lieber Geozentriker, wohl auch eine Nische für Leute, die sich der Indoktrination entziehen wollte - der passiven wie der aktiven (siehe Angela Merkel, deren Interesse eigentlich Sprachen gewesen waren). Ich habe das bei meinen naturwissenschaftlichen Kollegen aus der DDR gesehen, sofern sie als Reisekader in den Westen durften: Sie schrieben ins Vorwort ihrer Bücher ein paar Zitate der "Klassiker" und am besten noch den Hinweis auf den soundsovielten Parteitag; im übrigen konnten sie dann ein gutes Buch schreiben, in dem Marx nicht weiter vorkam.
Einige sind aber dennoch in den Westen geflüchtet (dh von einer genehmigten Reise nicht zurückgekehrt). Was ich aus Gesprächen mit solchen Republikflüchtlingen in Erinnerung habe, waren zwei Hauptgründe: Erstens machte man Karriere nicht nach Qualifikation, sondern überwiegend nach politischer Zuverlässigkeit. Die Unzuverlässigen durften zwar an der Uni arbeiten, aber Institutsdirektor wurden sie eben nicht. Zweitens die schlechten Arbeitsbedingungen; vor allem der fehlende Zugang zur internationalen Fachliteratur.
Wenn jemand in den Westen fuhr in der Absicht zurückzukehren, dann hamsterte er da Sonderdrucke und Kopien von Artikeln, die im in der DDR nicht zugänglich waren. Auch die Besten konnten in der DDR keine so gute Forschung machen wie jeder Miitelmäßige im Westen.
Zitat von Geozentriker Wenn Sie mich fragen, es kommt wesentlich auf die Person des Lehrers an, ob die Kinder was lernen oder nicht. Wie Karl-Eduard schon angedeutet hat, gibt es auch heute ideologische Beschränkungen für die Lehrer. Ein mir bekannter Lehrer hat z.B. mal den ganzen Klimaquatsch kritisch diskutieren wollen. Das hat er dann schnell wieder sein gelassen, wegen einiger grüner Eltern.
Ja, das ist leider nur allzu wahr.
Herzlich, Zettel
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