Zitat von Erling PlaetheDas was sie hier über die Berufsausbildung mit Abitur (BAmA) zitieren, entspricht eindeutig nicht meiner Erfahrung. In meiner Klasse lief die Vergabe der Plätze über die Schule unter Beteiligung des auszubildenden Betriebes. Also genau so, wie von stefanolix beschrieben. Da wird bei Wikipedia aus einer Beteiligung, eine eigenständige Verfügung der Betriebe über Kontingente des DDR-Bildungsministeriums zur Erlangung der Hochschulreife. Man konnte auch nicht einfach die Ausbildung zu irgendeinen Wunschberuf mit einem Abitur koppeln. Es gab Ausbildungen mit Abitur die wurden mit festgelegten Ausbildungsberufen im Paket an den Schulen vergeben und für eine normale Ausbildung hat man die Betriebe abgeklappert und genommen was angeboten wurde. So war das 1980 in einem südlichen Bezirk von Ostberlin nach meiner Erinnerung. Der Wikipedia-Eintrag ist überarbeitungswürdig; liest sich wie DDR-Propaganda vom lila Drachen. Allein schon der Begriff "ideologische Verzerrung". Da stellt sich mir die Frage: Verzerrung wovon? Dieser Bildungsweg war begehrt und trotzdem war der lenkende Einfluss des Staates geringer?
Man konnte nicht erwarten, dass jeder beliebige Beruf mit dem Abitur verbunden werden kann. Das laste ich der DDR aber auch nicht an, das geht wahrscheinlich wirklich nicht.
An unserer Berufsschule für Bauberufe gab es den Baufacharbeiter mit Abitur, weil der Baufacharbeiter eine relativ breite Ausbildung im Beruf hatte. Es gab aber nicht den Zimmermann oder einen anderen spezialisierten Beruf in Kombination mit dem Abitur. In Berlin gab es m.W. auch Klassen für Bauzeichner. Beides ist eine sinnvolle Vorbereitung auf Berufe wie Bauingenieur, Statiker oder Architekt.
Der Wikipedia-Eintrag ist meiner Meinung nach eine Vermischung von Fakten und Meinung, die in dieser Form in einer Enzyklopädie nichts zu suchen hat. Wenn es mein Eintrag wäre, würde ich die Ideologie ganz herauslassen und nur die Ausbildung beschreiben.
Generell merkt man hier immer wieder, dass es die einheitliche DDR trotz Zentralismus und SED-Führungsanspruch im Grunde nicht gab. Man muss bei solchen DDR-Themen immer in mehreren Dimensionen differenzieren:
Wann ist es geschehen? — Die DDR hat sich nach dem Mauerbau entwickelt: allmählich wurde etwas Markt zugelassen, in manchen Betrieben wurde nach Leistung bezahlt, die Versorgung hat sich (vor allem durch private Initiative) verbessert und irgendwann kam auch ein gewisser Einfluss der Perestroika ins Land.
Wo ist es geschehen? — Es gab in der DDR je nach SED-Bezirksleitung und lokalen Bedingungen sehr unterschiedliche Gegenden. Manche waren in ideologischer Hinsicht schlimmer, andere weniger schlimm.
Wem ist es geschehen? — Welche soziale Herkunft, welche Altersgruppe, welche Weltanschauung, welche Position zum MfS, welche »Beziehungen« und Kontakte innerhalb der DDR, welche Westkontakte?
Soweit (relativ ungeordnet) einige Anmerkungen. Es ist eben nicht so einfach mit der DDR ;-)
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