Zitat von FlorianEs ist zwar richtig, dass Modernisierung tendenziell einen Rückgang des Religiösen bewirkt. Aber das muss nicht so sein. Die USA sind z.B. immer noch wesentlich religiöser als Europa - und doch sind die USA mindestens so "modern" wie Europa.
Es sind aber nicht die USA als Gesellschaft. Es gibt eine starke religiöse Bewegung, das ist zweifellos richtig. Aber es gibt in den USA auch viele Bürger, die überhaupt nicht religiös sind.
Wie der Islamismus ist außerdem ja der evangelikale Fundamentalismus ein relativ junges Phänomen. Der Islamismus war die Reaktion auf das Scheitern des arabischen Sozialismus. Der religiöse Fundamentalismus in den USA ist wesentlich aus dem (weitgehenden) Scheitern der Bemühungen von den späten sechziger bis zu den frühen achtziger Jahren hervorgegangen, eine Great Society zu schaffen, die USA also zu sozialdemokratisieren. Das Pendel schwingt auch hier wieder einmal in eine Gegenrichtung.
Zitat von FlorianDas seltsame Phänomen ist ja gerade, dass der Islamismus sich parallel mit der Modernisierung der arabischen Länder vollzieht.
Bin Laden ist ja gerade kein traditioneller Ziegenhirte. Sondern er stammt aus einer wohlhabenden arabischen Familie - die ihren Wohlstand gerade den Errungenschaften der Moderne verdankt.
Auch in Deutschland sind hiesige Moslems ja nicht gerade vom Verhungern bedroht. Jedem Moslem in Deutschland geht es materiell besser als seinen Vorfahren vor Hundert Jahren. Und dies ist eine Errungenschaft der Moderne. Aber das hindert (einige) Moslems nicht daran, sich gegen diese Moderne aufzulehnen.
So ist es. Oft sind die Extremsten als Ingenieure o.ä. ausgebildet. Oft radikalisieren sie sich erst, nachdem sie die westliche Welt kennengelernt haben. Wenn ich es richtig weiß, war für Osama Bin Laden das Schlüsselerlebnis, daß in Saudi-Arabien weibliche US-Soldaten auftauchten.
Das ist halt, ich habe es vorhin in einem anderen Beitrag geschrieben, fast immer die Reaktion auf Modernisierung. Ich habe die Romantik usw. in Deutschland erwähnt. In Rußland gab es im 19. Jahrhundert eine heftige Bewegung gegen die "Verwestlichung", zu der ja auch Tolstoi gehörte. Daß der zottelbärtige Rasputin einen bestimmenden Einfluß am Zarenhof gewinnen konnte, zeigt, wie weit diese Bewegung Einfluß hatte.
Zitat Das gleiche Phänomen kann man ja auch bei weiten Teilen der europäischen Linken beobachten: nüchtern betrachtet geht es selbst einem Hartz4-Empfänger materiell besser als einem mittelalterlichen Adligen (das ganze Jahr über hochwertige Lebensmittel und eine kuschelig warme Wohnung, eine gute ärztliche Versorgung, Kommunikation mit der ganzen Welt: all das wäre in frühreren Jahrunderten selbst für reiche Menschen kaum vorstellbar gewesen). Aber auch wenn man diese Annehmlichkeiten gerne annimmt, bekämpfen dennoch viele das System, das dies möglich gemacht hat.
Exakt. Die Linke ist eine Gegenbewegung gegen die Aufklärung, so wie Rousseau der Antipode von Hume gewesen ist, und Marx der Antipode der Wissenschaflichkeit.
Das ist nur für viele nicht offensichtlich, weil sie sich tarnen. Weil Marx seine religiöse Heilslehre als Wissenschaft verkauft hat; weil viele Linke behaupten, es sei Aufklärung, wenn sie die Mühsal der empirischen Forschung durch "Gesellschaftsanalyse" ersetzen.
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