Zitat Wenn es gelingt, diese Art von Religiosität von Moslems so zum Normalfall in Deutschland zu machen, wie die Christen in der Regel keine Evangelikalen sind und die Juden nicht orthodox, dann wird sich auch der Islam ändern.
Es bleibt ihm ja nichts anderes übrig. Das Sein bestimmt das Bewußtsein.
Wenn ich mir Meldungen wie diese hier: http://www.faz.net/s/Rub9B4326FE2669456B...n~Scontent.html ansehe, dann beschleichen mich aber zarte Zweifel, ob die von Ihnen so anziehend geschilderte moslemische Famlilie Ihres Bekanntenkreises in absehbarer Zeit zum »Normalfall in Deutschland« werden wird. Daß dies jedenfalls nicht der »Normalfall« in Österreich ist und wird, davon kann man schon mit fast 100% Sicherheit ausgehen ...
Die Familie, die Sie beschreiben, ist quasi das Analogon zum »Taufscheinchristen« im minimalen Rückbezug auf äußerliche Glaubensvollzüge (kein Schweinsbraten und Alkohol, dafür Ramadan-Fasten light), aber de facto hieße das: Moslems sind nur integrationsfähig, wenn sie ihren Glauben zur unverbindlich-unproblematischen Freizeitgestaltung verdünnen. Und hier ist eben ein großer Unterschied zum Christentum, das durchaus bewußt — wenn auch nicht in fundamentalistischer Überspitzung — gelebt*) mit unserer bisherigen Gesellschaftsordnung recht unproblematisch verträglich ist. Oder glauben Sie, daß ein Adenauer oder Blüm (um zwei doch recht »katholische« Politiker unterschiedlicher Prägung) auch nur annähernd so imkompatibel mit dem Grundgesetz waren, wie es z.B. ein Erdogan (den man ja auch nicht als Fundamentalisten bezeichnen kann) wäre?
Das Problem ist eben (wie Kollege Llarian zutreffend ausführte), daß der Islam sich quasi »von Grund auf« neu erfinden müßte, um in eine tolerant-bekenntnisneutrale, rechtstaatliche Gesellschaft zu passen. Viel mehr von Grund auf neu erfinden, als es das Christentum oder Judentum mußten — denn natürlich hatten und haben die auch ihre fundamentalistisch-intoleranten Zeiten und Seiten, aber eben »auch«, und nicht »fast nur«!
Wenn — wie im Fall des nachexilischen Judentums — die prinzipielle Intoleranz sich auf ein striktes Abgrezungsgebot gegenüber den »Heiden« beschränkt, dann läßt mich das relativ kalt: sicher ist das Bewußtsein nicht angenehm, von einer Bevölkerungsgruppe als »Heide« angesehen zu werden, und daß näherer Umgang sich durch Speiseverbote und sonstige Tabusitten kompliziert gestaltet. Nur: die Juden sind nicht auf offensive Missionierung aus — und das ist ein überaus entscheidender Unterschied zum Islam! Das Christentum hinwieder ist zwar durchaus missionierend, kennt aber dafür schon seit der Aufklärung (also doch schon seit ca. einem Vierteljahrtuasend!) nur geringe Abgrenzungsmechanismen gegenüber Nicht-Christen.
Und was den Islam eben zu einem fast »hoffnungslosen Fall« werden läßt, ist eben die Kombination von rigider Außenabgrenzung mit starkem Missionierungswillen, denn das führt zwangsläufig entweder zu Gewalt — oder zu bewußter Vernachlässigung der religiösen Kerninhalte, was wieder starke Frustrationsgefühle zur Folge hat.
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*) Nur um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen: ich scheine hier vermutlich »christlicher« als ich es bin. Meine persönlichen Glaubensansichten sind weitaus näher einer deistisch-aufklärerischen Vernunftreligion (also in etwa ein »Christentum« à la Thomas Jefferson) als dem, was ein braver Katholik oder treuer Protestant unter »Christentum« verstehen würde!
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