Zitat Ich halte es für extrem unwahrscheinlich, dass hier jemals eine wirkliche Risikoanalyse gemacht worden ist. Weil sehr viel dagegen spricht, dass eine solche je gemacht worden ist und nahezu gar nichts dafür. Das hat was damit zu tun wie der gesetzliche Hintergrund ist (kein Zwang), es hat was damit zu tun wie Menschen Verhaltensweisen weitergeben ("haben wir immer so gemacht") und es hat nicht zuletzt damit zu tun mit welcher Haltung auf die Unfälle reagiert worden ist ("wie ein Autounfall"). Es spricht sehr, sehr vieles dafür, dass die Risikoanalyse hier in einem scharfen Hingucken bestanden hat, genauso wie man vor 100 Jahren Maschinen oder Werkzeuge gebaut hat.
Lieber Llarian,
ich wollte bewusst in diesem Forum keine Fachvorträge halten, und habe mich deshalb mit Hinweisen begnügt. Wenn Sie von 'wirklicher' Risikoanalyse schreiben, müssten wir uns einigen welche Situation wir diskutieren. Ich hatte die Frage der Abwägung Unfälle bei der Ausbildung gegen geringere Unfällen später im Sinn, und da wollten Sie mir partout nicht folgen, dass solche Abwägungen Teil einer Risikobewertung sind. Sie waren möglicherweise in Gedanken dabei, Rekruten beim Klettern anzuseilen. Das wäre sicher auch Teil von Risikoanalyse, aber vielleicht kann Ihnen ein erfahrener Segler von Rahschiffen erzählen, warum das nicht gemacht wird.
Sie haben versucht auf Basis einer Unfallstatistik der Gorch Fock zu argumentieren. Ich habe Sie darauf hingewiesen, dass die Zahlenbasis für signifikante Aussagen nicht ausreicht (vor allem, wenn es sich um unterschiedliche Mechanismen handelt, die zum Tod geführt haben), dagegen haben Sie Gorgosal kritisiert, der von Ihnen gewünschte Zahlen aus der amerikanischen Fischerei zitierte, weil andere Jahre etwas 'besser' aussahen. Diese Zahlen hatten aber zumindest eine solide Basis im Gegensatz zu der Gorch Fock. Aus der Sportsegelei weiß ich, dass ein groß Teil Leute dort schlicht beim Pinkeln über Bord verloren geht. Wer auf hoher See über Bord fällt ist zu einem hohen Prozentsatz nicht mehr aufzufinden. Für mich ist bei den Gorch Fock Unfällen keine statistisch signifikante Systematik erkennbar. Es könnte ja ein, dass die Offiziersanwärterin in der Höhe seekrank wurde und sich nicht mehr halten konnte. Selbst bei 'ruhiger' See schwankt ein Mast in 20 m Höhe gewaltig (vielleicht stelle ich mal ein von mir gedrehtes Video einer Salingreparatur irgendwo nördlich der Kapverden in Youtube, dann verweise ich darauf zur Anschauung). Die Klettervorrichtungen der Gorch Fock sind eigentlich recht griffig und engmaschig (erinnert an Klettereinrichtungen an Kinderspielplätzen), sodass ich es für unwahrscheinlich halte, dass jemand mit guter Konstitution (das muss jeder selbst einschätzen, wie bei der Geschwindigkeit beim Auto) einfach so herunterfällt. Wie gesagt, Seekrankheit ist ein Thema, da gehe ich aber davon aus, dass dies bei einem professionell geführten Schiff adressiert wird. Seekrankheit hat immerhin schon manche Leute dazu gebracht, einfach über Bord zu springen.
Zitat Sie setzen Argumente in die Welt von "professionellen Analysen" und möchten weder erklären, was das ist, noch möchten Sie angeben warum eine solche erfolgt sein sollte.
Ich habe Sie auf entsprechende Normen verwiesen, dabei ging es speziell im die Frage, ob Risiko/Nutzen Analysen Bestandteil davon sind. Wenn Sie Mitarbeiter einer größeren Firma sind können Sie in der Regel kostenlos auf diese Normen zugreifen. Militärische Schulschiffe fallen nicht unter deren Geltungsbereich, das habe ich auch nicht behauptet. Ich frage aber Sie mal im Gegenzug, ob Sie behaupten, dass die Unfälle der Gorch Fock nicht unter sicherheitstechnischen Aspekten untersucht worden sind (das wäre ja bereits Teil von Risikomanagement). Irgendwie behaupten Sie, dass die sicherheitstechnischen Untersuchungen nach Standards von vor hundert Jahren durchgeführt wurden. Vielleicht belegen Sie das.
Gruß, Martin
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