Wenn sich Text und Bild widersprechen, dann nennt man das ja zuweilen »Text-Bild-Schere«. Manchmal wird eine Text-Bild-Schere absichtlich eingesetzt, um auf einen absurden Zustand hinzuweisen. Das können wir in diesem Fall wohl ausschließen.
Personalpolitik und Titelbild des SPIEGEL widersprechen sich deutlich. Zettel hat in einem kurzen Artikel den SPIEGEL mit einem einzigen Treffer versenkt. Er unterstellt nicht Böswilligkeit der Verantwortlichen, sondern schlicht rationales Handeln. Das ist zumindest ein Ansatz.
Zitat von Muyserin Irgendwas an Ihrer „Unterstellung“ (die wohl eher eine Schlussfolgerung ist) stößt mir auf. „Im Interesse des Unternehmens orientierte Personalpolitik“ … Ein Unternehmen, das sind die, die drin sind. Vielleicht gibt es auch ein paar, die gern drin wären, aber draußen bleiben mussten, weil es für sie keine Möglichkeiten gab, Mutterschaft mit Arbeitszeit zu vereinbaren. Die sich Teilzeit, Gleitzeit oder einen Betriebskindergarten wünschen würden. Der sich aber bei nur einer Ressortleiterin weniger lohnt als bei sieben oder zehn? (Ich rede jetzt nicht spezifisch vom SPIEGEL, keine Ahnung, wie der Verlag das tatsächlich regelt.)
In einer Großstadt wie Hamburg dürfte es wirklich genügend Kinderbetreuungsmöglichkeiten geben, zumindest wenn eines der Gehälter in der Partnerschaft das Gehalt einer Führungskraft beim SPIEGEL ist. Also daran scheitert es ganz gewiss nicht. Vielleicht wollen Frauen diese Positionen gar nicht haben? Vielleicht hat sich noch keine geeignete Führungskraft beworben? Vielleicht gehen die geeigneten Frauen lieber woanders hin?
Zitat von Muyserin Wenn Sie so sehr dafür plädieren, dass der Bessere von zwei Kandidaten eingestellt werden möge, sollten Sie auch dafür eintreten, dass zunächst einmal alle Kandidaten die Chance haben, überhaupt antreten zu können. Die Benachteiligung beginnt doch schon viel früher. (…) Ich kenne mich übrigens gar nciht sonderlich gut aus in frauenpolitischen Fragen. Es kommt mir jedoch merkwürdig vor, wenn ein Forum mit einem hohen Männeranteil eine Frauenquote kollektiv als unsinnig abtut, nur weil nicht falsch sein kann, was der SPIEGEL vorlebt.
C. (hier im Forum) ist eine Frau. Die jungen weiblichen CSU-Nachwuchsführungskräfte auf dem letzten Parteitag sind auch Frauen und waren trotzdem gegen eine Quote. Die Frontlinien verlaufen nach meiner Beobachtung nicht mehr zwischen Frauen und Männern. Wo sie wirklich verlaufen und ob es überhaupt noch klassische Fronten gibt — das wäre eine spannende Diskussion.
Ich bin z.B. durchaus für eine Quote im Öffentlichen Dienst (gleiche Ausbildung und Leistung vorausgesetzt), weil man unterstellen kann, dass Steuergelder von Männern und Frauen erwirtschaftet werden. Ich würde über eine »wünschenswerte Quote« in Parteien diskutieren, weil Parteien die politische Willensbildung prägen und weil Politik gleichermaßen für Frauen und Männer gemacht werden muss.
Ich bin aber gegen eine Quote in der Führungsetage und unter den Beschäftigten eines privaten Unternehmens, weil das meiner Meinung nach ein unzulässiger Eingriff ist. Unternehmen sollten hundert Prozent Frauen, fünfzig Prozent Frauen oder gar keine Frauen beschäftigen dürfen, wenn es für sie wirtschaftlich sinnvoll ist und sie sich ansonsten an das Arbeitsrecht halten. Wenn die Kunden oder Anteilseigner des Unternehmens der Meinung sind, dass Frauen eine wichtigere Rolle spielen sollen, werden sie mit Sicherheit reagieren.
Nachdem der SPIEGEL nun dieses Titelblatt gebracht hat und Zettel auf den Widerspruch zur Personalpolitik des Magazins hingewiesen hat, könnten sich moderne emanzipierte Frauen ja überlegen, ob sie 2011 wirklich jede Ausgabe des SPIEGEL kaufen müssen bzw ob sie ihr Abo verlängern … Entweder es ist ihnen bei der Entscheidung wichtig, wer das Magazin in Führungspositionen verantwortet — oder es ist ihnen wichtig, was in dem Magazin steht. Wirtschaft wird nicht in der Personalabteilung, sondern auf dem Markt gemacht.
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