Guten Abend, Geissler,
nachdem ich auf alle Einlassungen außer Ihren eingegangen bin, möchte ich das zum Ende des Tages nachholen.
Zitat von Geissler Mit kommt merkwürdig vor, dass Sie darauf angewiesen sind, einen Pappkameraden aufzubauen, den umzunieten und dann laut „seht mal her ...“ zu rufen.
Vorneweg: Ich bin dieser Formulierung vom Pappkameraden bis heute noch nie begegnet; Ich nehme an, sie kommt aus dem Bereich Militär. Vielleicht ist die Tatsache, dass ich keinen Wehrdienst leisten musste, dafür verantwortlich, dass ich Diskussionen nicht halb so strategisch und mit deutlich weniger killer instinct angehe, als Sie mir zutrauen. 
Zitat von Geissler
Zitat von Muyserin Ein Unternehmen, das sind die, die drin sind.
Und bis es so weit kommt, ist ein Unternehmen das, was einer gegründet und groß gemacht hat. Eine Tatsache, die Sie (offenbar mit Erfahrung im Genderdiskurs) einfach mal unterschlagen. Ich sage hier bewusst nicht ´einer´, und nicht ´eine´ oder ´einerIn´. Denn das Gründen von Unternehmen ist nun mal eine „Männerbastion“, die zu erobern die Superalphapowergirlies logischweise sich noch nicht auf die Fahnen geschrieben haben. Und die verehrte Genossin Ministerin verzichtet generös auf eine Unternehmensgründerinnenquote.
Das ist Nonsens, Verzeihung. Bleiben wir zunächst beim SPIEGEL, jenem Magazin, das untrennbar mit dem Namen seines Gründers verbunden ist, und sich zu über 50 Prozent in den Händen einer Kommanditgesellschaft befindet. Da ich nicht referieren möchte, wovon ich nur ungefähre Kenntnis besitze, verweise ich an dieser Stelle auf http://de.wikipedia.org/wiki/Spiegel-Mitarbeiter_KG .
(Sprach ich heute an irgendeiner Stelle von Superalphapowermachos? Nein? Warum denn diese aufgeladenen Begrifflichkeiten? Die bringen die Diskussion nicht weiter.)
Dass das Gründen von Unternehmen im übrigen eine Männerbastion darstellen soll, halte ich für einen Mythos. Frauen gründen Unternehmen, die vielleicht Ihrem Radar entgehen, weil diese Unternehmen andere Produkte herstellen, anders produzieren und sich anders vermarkten, als es in Ihrer Branche der Fall sein mag. In meinem Bekanntenkreis gibt es viel mehr selbständige Frauen als Männer. Sogenannte Ich-AGs, für die Sie wahrscheinlich nur ein müdes Lächeln übrig haben, und die auch keine Quote brauchen, weil sie gar nicht so viele Angestellte haben. Aber ich wollte damit ja auch nur Ihrer Behauptung entgegentreten, die so klingt, als brächten Frauen eine Unternehmensgründung nicht auf die Beine gestellt.
Zitat von Geissler Da fällt mir aber ein Stein vom Herzen. Man hätte unter Entzugserscheinungen gelitten, wenn ausgerechnet in diesem Strang nicht das Nichtvereinbarkeitsmärchen aufgetischt worden wäre.
Ich habe in der Sache keine versteckte Agenda, also habe ich es auch nicht nötig, irgendwelche „Märchen aufzutischen“. Ich habe nur den ersten Gedanken notiert, der mir einfiel, als ich nach Erklärungen für die Verhältnisse beim SPIEGEL suchte. Das war ein Schuss in den Ofen, wie mir nachfolgende Kommentare aufgezeigt haben. Ich denke, in einem Forum sollte jedem die Möglichkeit gegeben werden, dazuzulernen. Und das habe ich getan. Dennoch: auch wenn meine erste Vermutung naiv gewesen sein mag, so bin ich mir sicher, dass ich nicht die Einzige bin, die diese Vermutung hatte. Dazu ist sie als Erklärung viel zu weit verbreitet.
Für die Diskrepanz zwischen der hohen Krippenplatzdichte in Ostdeutschland und der nur wenig höheren Frauenerwerbsquote vermute ich den Grund, dass es in Ostdeutschland a) weniger Kapital als im Westen gibt, das man zur Unternehmensgründung ja leider Gottes oft genug braucht; und dass es b) weniger Arbeitsplätze als im Westen gibt. Ich weiß nicht, ob das Humbug ist.
Zitat von Geissler Jetzt wird´s esoterisch. Sie wollen also spezielle Ressortleiterinnenkindergärten?
Nein, ich wünsche mir Resoortleiterinnenkinderinnengärtnerinnen. Erst wenn das erreicht ist, ist das Patriarchat überwunden. 
Zitat von Geissler Der wichtigste Grund ist der, dass der größte Teil der bestausgebildeten Frauengeneration aller Zeiten weder bereit noch fähig ist, einen Beruf zu lernen (es sei denn, sie bewerten das rumsitzen im geisteswissenschaftlichen Kuschelseminar als Beruflernen).
Das mag ein Grund von vielen sein. Aber haben Sie mal darüber nachgedacht, warum die Geisteswissenschaften für die Frauen immer noch attraktiver sind als die Naturwissenschaften?
Ich habe ein persönliches Interesse an dieser Frage. Ich bin wahrscheinlich in vielerlei Ihr fleischgewordenes Feindbild. In der Schule war ich von Anfang an sehr gut in Sprachen, Kunst und Religion und mäßig bis katastrophal in den Naturwissenschaften. Die Reaktion eines meiner Lehrer? „Mädle, wenn de im Läba was erreicha willsch, kommsch Du nie an dr Mathematik vorbei.“ Er hat also an meine Ambitionen, meinen Machtinstinkt appelliert. Und mich damit nicht dort abgeholt, wo ich als verträumter Teenager mich befand. Stattdessen weckte er meinen fast fanatischen Fluchtinstinkt, jene Nische zu finden, in der ich nie rechnen müssen würde. – Zehn Jahre später, und das Mädle hatte einen Magister in einer der von Ihnen geschmähten Disziplinen in der Tasche.
Rückblickend bin ich überzeugt, dass ich in der Schule nicht deswegen so schlecht in den NW abschnitt, weil mir der nötige Grips gefehlt hätte, sondern weil mir von Anfang an nicht vermittelt wurde, welchen praktischen Nutzen, welche Relevanz diese haben sollten. Französisch und Englisch zu lernen, erwies sich schon auf den ersten Klassenfahrten als cool. Dass es im Reagenzglas nach einer Versuchsanordnung „Puff“ machte, war dagegen einfach nicht besonders spannend. Wozu sollte das gut sein?
Meine persönlichen Schlussfolgerungen muten mir selbst utopisch an: wenn man Frauen Männerdomänen eröffnen möchte, darf die Förderung nicht erst mit einer Quote beginnen. Lasst die Mädchen selber für ihr Ding kämpfen, aber ermöglicht ihnen, innerhalb ihrer Gedanken- und Gefühlswelt an die Dinge heranzugehen. Genauso wenig, wie ich Jungs zu sensiblen Männern mache, indem ich ihnen eine Puppe statt eines Baggers in die Hand drücke, werden aus Mädchen Naturwissenschaftlerinnen, nur weil man ihnen die Barbie wegnimmt. Das war ein in meinen unglaublich naiver Ansatz der 70er, zu sagen, es gibt keine Unterschiede mehr, und jetzt spielt mal schön. Die gesellschaftlichen Kräfte, die jungs- und mädchentypische Verhalten generieren, sind viel komplexer und viel subtiler. Jedenfalls bedarf es anderer Methoden, wenn man die Verhältnisse dauerhaft und en masse ändern möchte.
Zitat von Geissler Wir können das gern vertiefen. Bei der Herstellung der SPIEGEL spielt ja nicht nur die Redaktion eine Rolle. Die Zeitschrift muss auch gedruckt werden. Der Anteil der FrauInnen bei den DruckerInnen ist übrigens genauso hoch wie in der Chefetage: 0. In Worten: NULL. Liebe Muyserin, was glauben Sie ist die Ursache? Ich gebe mal zwei Varianten zur Diskussion: a) Weil das das böse Patriarchat die Frauen am Drucken hindert b) Weil Frauen mehrheitlich bildungsunfähig und arbeitsunwillig sind.
Tut mir nicht leid, dass ich mich hier bewusst nicht zurückhaltend ausdrücke. Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil.
Ja, ja. Schon gut, Sie bringen mich ja eher zum Lachen. Für mich klingen beide Antwortmöglichkeiten gleich bescheuert. – Aber dass ich nachts um drei noch Kommentare in Threads beantworte, heißt wahrscheinlich nur, dass ich zum Montag arbeitsunwillig bin.  
PS Frage an den Hausherrn: ab welcher Kommentarlänge wird einem eigentlich nahegelegt, aufs eigene Blog auszuweichen? 
Gute Nacht allerseits.
-- Journal ohne Ismus … lauter gute Nachrichten
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